Rezension zu Peter Heusser: Rudolf Steiner

Zuletzt aktualisiert am 4. Dezember 2019.

Quelle: www.schule.at | 29. September 2013 | Autor: MagDDr. Franz Sedlak | rudolf_steiner

Rudolf Steiner (1861-1925) polarisiert. Der Gründer der Anthroposophie, Künder und Lehrer der spirituellen Entwicklung hat begeisterte Anhänger und leidenschaftliche Gegner, für die er ein Eklektiker – und Phantast ist. Sein Einfluss ist und war jedenfalls sehr vielseitig und wies einerseits direkt praktisch umsetzbare Ideen auf wie z.B. die Waldorfschulen, die biodynamische Landwirtschaft, die Impulse für die Architektur, die Dreigliederung der Gesellschaft in Analogie zur Dreigliederung (Kopf, Rumpf, Gliedmaßen oder auch Nerven, Stoffwechselsystem, Herz-und Kreislaufsystem) beim menschlichen Organismus. Nach wie vor anregend ist der Brückenschlag zwischen Naturwissenschaft und Geisteswissenschaft und das Bestreben Steiners, nur jenes Wissen anzuerkennen, das über die Erfahrung der Sinne oder über das Denken zustande kommt.  Steiner bezog sich aber auch auf mystische Erkenntnisquellen (Gegner meinten, er immunisiere unüberprüfbare Inhalte gegen Kritik) und kam zu komplexen, nicht immer leicht nachvollziehbaren Deutungen z.B . von Gebeten, Märchen, religiösen Inhalten. Und es gibt eine interessante Lebenswende: Vom engagierten Verfechter des freien, eigenverantwortlichen Menschen, wie ihn die Philosophen Stirner und Nietzsche verkündet haben, wandelt sich Steiner in einen das mystische Christentum verteidigenden Leiter einer theosophischen Gemeinschaft. Selg, einer der Autoren im vorliegenden Buch hat bezüglich der Annäherung Steiners an die theosophische Gemeinschaft (Seite 18) die Kontinuität betont: Steiner habe die theosophische Gesellschaft nicht als Fluchtpunkt seiner gescheiterten beruflichen Biographie angesehen, sondern »als temporäres Organ seiner Wirksamkeit«. Ravagli, ebenfalls Autor im besprochenen Buch, meint dazu, Steiners grundlegenden Intentionen seien dabei gleich geblieben, er habe nur die Diskursgemeinschaft und Diskurssprache geändert, man müsse zwischen Diskursform und Inhalt unterscheiden (Seite 337, 341). Sophisticated!

Vollständige Rezension: Heusser – Rudolf Steiner, Schule.at

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