Auch die Schrift »Die Schwelle der geistigen Welt« (1913) zeugt von Steiners unablässigen Versuchen, angemessene Ausdrucksformen für seine geistigen Erfahrungen zu finden. Sie beschreibt die Meditation, schildert den Ätherleib des Menschen, geht auf die Reinkarnation und die ahrimanischen Wesen ein, beschreibt den Astralleib und die luziferischen Wesen, den Hüter der Schwelle, das Ich und die Liebefähigkeit und eine Reihe weiterer Gegenstände der geisteswissenschaftlichen Forschung. Steiner versucht durch die Art der Beschreibung einen gedanklich-meditativen Weg zur Erkenntnis der betreffenden Gegenstände zu bahnen. Eine Eigentümlichkeit des Werkes sind die eingestreuten verdichteten Zusammenfassungen vorangehender Ausführungen und ein Kapitel, das die verwendete Sprache in jene der »Theosophie« (1904) und der »Geheimwissenschaft« (1910) »übersetzt«.
Inhalt
- Von dem Vertrauen, das man zum Denken haben kann und von dem Wesen der denkenden Seele. Vom Meditieren
- Von dem Erkennen der geistigen Welt
- Von dem ätherischen Leibe des Menschen und der ätherischen Welt
- Zusammenfassung des Vorangehenden
- Von den wiederholten Erdenleben und vom Karma. Von dem astralischen Leib des Menschen und von der geistigen Welt. Von ahrimanischen Wesenheiten
- Von dem astralischen Leibe und von den luziferischen Wesen und vom Wesen des ätherischen Leibes
- Zusammenfassung des Vorangehenden
- Von dem Hüter der Schwelle und von einigen Eigenheiten des übersinnlichen Erlebens
- Von dem Ich-Gefühl und der Liebefähigkeit der menschlichen Seele und deren Verhältnissen zur elementarischen Welt
- Von der Grenze zwischen der Sinneswelt und den übersinnlichen Welten
- Von Wesen der Geistwelten
- Von geistigen Weltwesenheiten
- Von der ersten Anlage des physischen Menschenleibes
- Von dem »wahren Ich« des Menschen
- Zusammenfassung des Vorangehenden
»Das menschliche Denken ist für das wache Tagesbewußtsein wie eine Insel inmitten der Fluten des in Eindrücken, Empfindungen, Gefühlen usw. verlaufenden Seelenlebens. Man ist bis zu einem gewissen Grade mit einem Eindruck, mit einer Empfindung fertig geworden, wenn man sie begriffen, das heißt, wenn man einen Gedanken gefaßt hat, der den Eindruck, die Empfindung beleuchtet. Selbst im Sturme der Leidenschaften und Affekte kann eine gewisse Ruhe eintreten, wenn sich das Seelenschiff bis zu der Insel des Denkens hingearbeitet hat.
Die Seele hat ein natürliches Vertrauen zu dem Denken. Sie fühlt, daß sie alle Sicherheit im Leben verlieren müsste, wenn sie dieses Vertrauen nicht haben könnte. Das gesunde Seelenleben hört auf, wenn der Zweifel an dem Denken beginnt. Kann man über irgend etwas im Denken nicht ins klare kommen, so muß man den Trost haben können, daß die Klarheit sich ergeben würde, wenn man sich nur zur genügenden Kraft und Schärfe des Denkens aufraffen könnte. Über das eigene Unvermögen, etwas durch Denken zur Klarheit zu bringen, kann man sich beruhigen; nicht aber kann man den Gedanken ertragen, daß das Denken selbst nicht Befriedigung bringen könnte, wenn man in sein Gebiet so eindringen würde, wie es für eine bestimmte Lebenslage zur Erlangung des vollen Lichtes notwendig ist.
Diese Stimmung der Seele gegenüber dem Denken liegt allem Erkenntnisstreben der Menschheit zugrunde. Sie kann durch bestimmte Seelenverfassungen abgedämpft sein; im dunklen Fühlen der Seelen wird sie stets nachweisbar sein. Diejenigen Denker, welche an der Gültigkeit und Kraft des Denkens selbst zweifeln, täuschen sich über die Grundstimmung ihrer Seele. Denn es ist doch eigentlich ihre Denkschärfe oft, welche durch eine gewisse Überspannung ihnen die Zweifel und Rätsel bildet. Vertrauten sie dem Denken wirklich nicht, so zerquälten sie sich nicht mit diesen Zweifeln und Rätseln, welche doch nur die Ergebnisse des Denkens sind.
Wer das hier angedeutete Gefühl in bezug auf das Denken in sich entwickelt, der empfindet in diesem nicht allein etwas, das er in sich als Kraft der menschlichen Seele ausbildet, sondern auch etwas, das ganz unabhängig von ihm und seiner Seele eine Welt-Wesenheit in sich trägt. Eine Welt-Wesenheit, zu welcher er sich hindurcharbeiten muß, wenn er in etwas leben will, das zugleich ihm und der von ihm unabhängigen Welt angehört.
Dem Gedanken-Leben sich hingeben zu können, hat etwas tief Beruhigendes.«
Rudolf Steiner, Die Schwelle der geistigen Welt
Einleitende Bemerkungen
In dieser Schrift werden in aphoristischer Form einige Schilderungen gegeben derjenigen Teile der Welt und der menschlichen Wesenheit, die geschaut werden, wenn die geistige Erkenntnis die Grenze überschreitet, welche Sinneswelt von Geisteswelt trennt. Es ist weder eine systematische Darstellung noch in irgendeiner Beziehung Vollständigkeit angestrebt, sondern es sind in freier Art einige Beschreibungen versucht von geistigen Erlebnissen. In dieser Beziehung soll auch diese Schrift, wie die im vorigen Jahre veröffentlichte «Ein Weg zur Selbsterkenntnis des Menschen» meine anderen Schriften ergänzen und erweitern. Doch ist auch hier versucht, die Darstellung so zu geben, dass die Schrift für sich selbst, ohne die Kenntnis der andern, gelesen werden kann.
Derjenige, welcher in die Erkenntnisse der Geisteswissenschaft wahrhaft eindringen will, wird die Notwendigkeit empfinden, das geistige Gebiet des Lebens von immer neuen Seiten betrachten zu können.
Es ist ja nur naturgemäß, dass jeder solchen Darstellung eine Einseitigkeit anhaftet. Es muss bei Schilderungen des geistigen Gebietes dies viel mehr eintreten als bei solchen der Sinneswelt. Daher kann es dem nicht wahrhaft ernst zu tun sein um geistige Erkenntnis, der sich mit einer einmal hingenommenen Darstellung zufrieden gibt. Ich möchte mit solchen Schriften, wie diese eine ist, demjenigen dienen, welcher es in der angedeuteten Art ernst meint mit seinem Suchen nach Erkenntnis der geistigen Welt. Deshalb versuche ich, geistige Tatsachen, welche ich in meinen Schriften von gewissen Gesichtspunkten aus geschildert habe, von anderen Gesichtspunkten aus immer wieder darzustellen.
Solche Darstellungen ergänzen sich gegenseitig wie Bildaufnahmen von einer Person oder einem Vorgange, die von verschiedenen Punkten aus gemacht werden.
Man hat bei jeder solchen Schilderung, die von einem gewissen Gesichtspunkte aus gemacht wird, Gelegenheit, Erkenntnisse auszusprechen, welche von einem anderen Gesichtspunkte aus sich nicht ergeben. Für denjenigen, welcher selbst die Geistesschau sucht, bieten sich auch in dieser Schrift wieder Anhaltspunkte für Meditationsstoffe. Man wird das bemerken, wenn man diese Anhaltspunkte sucht, um sie in entsprechender Art im seelischen Leben anzuwenden.
München, im August 1913
Rudolf Steiner
Von dem Vertrauen, das man zu dem Denken haben kann und vom Wesen der denkenden Seele. Vom Meditieren
Das menschliche Denken ist für das wache Tagesbewusstsein wie eine Insel inmitten der Fluten des in Eindrücken, Empfindungen, Gefühlen usw. verlaufenden Seelenlebens. Man ist bis zu einem gewissen Grade mit einem Eindruck, mit einer Empfindung fertig geworden, wenn man sie begriffen, das heißt, wenn man einen Gedanken gefasst hat, der den Eindruck, die Empfindung beleuchtet. Selbst im Sturme der Leidenschaften und Affekte kann eine gewisse Ruhe eintreten, wenn sich das Seelenschiff bis zu der Insel des Denkens hingearbeitet hat.
Die Seele hat ein natürliches Vertrauen zu dem Denken. Sie fühlt, dass sie alle Sicherheit im Leben verlieren müsste, wenn sie dieses Vertrauen nicht haben könnte. Das gesunde Seelenleben hört auf, wenn der Zweifel an dem Denken beginnt. Kann man über irgend etwas im Denken nicht ins klare kommen, so muss man den Trost haben können, dass die Klarheit sich ergeben würde, wenn man sich nur zur genügenden Kraft und Schärfe des Denkens aufraffen könnte. Über das eigene Unvermögen, etwas durch Denken zur Klarheit zu bringen, kann man sich beruhigen; nicht aber kann man den Gedanken ertragen, dass das Denken selbst nicht Befriedigung bringen könnte, wenn man in sein Gebiet so eindringen würde, wie es für eine bestimmte Lebenslage zur Erlangung des vollen Lichtes notwendig ist.
Diese Stimmung der Seele gegenüber dem Denken liegt allem Erkenntnisstreben der Menschheit zugrunde. Sie kann durch bestimmte Seelenverfassungen abgedämpft sein; im dunklen Fühlen der Seelen wird sie stets nachweisbar sein. Diejenigen Denker, welche an der Gültigkeit und Kraft des Denkens selbst zweifeln, täuschen sich über die Grundstimmung ihrer Seele. Denn es ist doch eigentlich ihre Denkschärfe oft, welche durch eine gewisse Überspannung ihnen die Zweifel und Rätsel bildet.
Vertrauten sie dem Denken wirklich nicht, so zerquälten sie sich nicht mit diesen Zweifeln und Rätseln, welche doch nur die Ergebnisse des Denkens sind.
Wer das hier angedeutete Gefühl in bezug auf das Denken in sich entwickelt, der empfindet in diesem nicht allein etwas, das er in sich als Kraft der menschlichen Seele ausbildet, sondern auch etwas, das ganz unabhängig von ihm und seiner Seele eine Welt-Wesenheit in sich trägt. Eine Welt-Wesenheit, zu welcher er sich hindurcharbeiten muss, wenn er in etwas leben will, das zugleich ihm und der von ihm unabhängigen Welt angehört.
Dem Gedanken-Leben sich hingeben zu können, hat etwas tief Beruhigendes. Die Seele fühlt, dass sie in diesem Leben von sich selbst loskommen kann. Dieses Gefühl aber braucht die Seele ebenso wie das entgegengesetzte, dasjenige des völlig In-sich-selbst-sein-Könnens. In beiden Gefühlen liegt der ihr notwendige Pendelschlag ihres gesunden Lebens. Im Grunde sind Wachen und Schlafen nur die extremsten Ausdrücke dieses Pendelschlages. Im Wachen ist die Seele in sich, lebt ihr Eigenleben; im Schlafe verliert sie sich an das allgemeine Welt-Erleben, ist also gewissermaßen von sich selbst losgelöst. –
Beide Ausschläge des Seelenpendels zeigen sich durch verschiedene andere Zustände des inneren Erlebens. Und das Leben in Gedanken ist ein Loskommen der Seele von sich selbst, wie das Fühlen, Empfinden, Affektleben usw. ein In-sich-selbst-Sein sind.
So angesehen, bietet das Denken der Seele den Trost, den sie braucht gegenüber dem Gefühl des Verlassenseins von der Welt. Man kann in berechtigter Art zu der Empfindung kommen: Was bin ich in dem Strome des allgemeinen Weltgeschehens, der von Unendlichkeit zu Unendlichkeit läuft, mit meinem Fühlen, mit meinem Wünschen und Wollen, die doch nur für mich Bedeutung haben? Sobald man das Leben in Gedanken recht erfühlt hat, stellt man dieser Empfindung die andere entgegen: Das Denken, das mit diesem Weltgeschehen zu tun hat, nimmt dich mit deiner Seele auf; du lebst in diesem Geschehen, wenn du sein Wesen denkend in dich fließen lässt. Man kann sich dann von der Welt aufgenommen, in ihr gerechtfertigt fühlen. Aus dieser Stimmung der Seele folgt dann für diese eine Stärkung, die sie so empfindet, als ob sie ihr von den Weltmächten selbst nach weisen Gesetzen zugekommen wäre.
Von dieser Empfindung ist es dann nicht mehr weit zu dem Schritte, nach welchem die Seele sagt: Nicht ich denke bloß, sondern es denkt in mir; es spricht das Weltenwerden in mir sich aus; meine Seele bietet bloß den Schauplatz, auf dem sich die Welt als Gedanke auslebt.
Diese Empfindung kann von dieser oder jener Philosophie zurückgewiesen werden. Es kann mit den mannigfaltigsten Gründen scheinbar ganz einleuchtend gemacht werden, dass der eben ausgesprochene Gedanke von dem «Sich-Denken der Welt in der menschlichen Seele» völlig irrtümlich sei.
Demgegenüber muss erkannt werden, dass dieser Gedanke ein solcher ist, der durch inneres Erleben erarbeitet wird. Erst wer ihn so erarbeitet hat, versteht seine Gültigkeit völlig und weiß, dass alle «Widerlegungen» an seiner Gültigkeit nicht rütteln können. Wer ihn sich erarbeitet hat, der sieht gerade an ihm ganz klar, was viele «Widerlegungen» und «Beweise» in Wahrheit wert sind. Sie scheinen oft recht untrüglich, solange man von der Beweiskraft ihres Inhaltes noch eine irrtümliche Vorstellung haben kann.
Es ist dann schwer, sich mit Menschen zu verständigen, welche solche «Beweise» für sich maßgeblich finden. Diese müssen den anderen im Irrtum glauben, weil sie die innere Arbeit in sich noch nicht geleistet haben, welche ihn zur Anerkennung dessen gebracht hat, was ihnen irrtümlich, vielleicht sogar töricht vorkommt.
Für denjenigen, welcher sich in die Geisteswissenschaft finden will, sind Meditationen von Nutzen wie die eben über das Denken vorgebrachte. Für einen solchen handelt es sich doch darum, dass er seine Seele in eine Verfassung bringe, die ihr den Zugang in die geistige Welt öffnet. Dieser Zugang kann dem scharfsinnigsten Denken, kann der vollendetsten Wissenschaftlichkeit verschlossen bleiben, wenn die Seele nichts den geistigen Tatsachen oder ihrer Mitteilung entgegenbringt, die auf sie eindringen wollen. –
Es kann eine gute Vorbereitung für das Erfassen der geistigen Erkenntnis sein, wenn man öfters gefühlt hat, welche Stärkung in der Seelenstimmung liegt: «Ich empfinde mich denkend eins mit dem Strom des Weltgeschehens.» – Es kommt dabei viel weniger auf den abstrakten Erkenntniswert dieses Gedankens an, als vielmehr darauf, in der Seele oft die stärkende Wirkung empfunden zu haben, die man erlebt, wenn ein solcher Gedanke kraftvoll durch das Innenleben strömt, wenn er sich wie geistige Lebensluft im Seelenleben ausbreitet. Es handelt sich nicht allein um das Erkennen dessen, was in einem solchen Gedanken liegt, sondern um das Erleben. Erkannt ist er, wenn er einmal mit genügender Überzeugungskraft in der Seele gegenwärtig war; soll er Früchte zeitigen für das Verständnis der geistigen Welt, ihrer Wesenheiten und Tatsachen, so muss er, nachdem er verstanden ist, in der Seele immer wieder belebt werden. Die Seele muss sich immer wieder ganz von ihm erfüllen, nur ihn in ihr anwesend sein lassen, mit Ausschluss aller anderen Gedanken, Empfindungen, Erinnerungen usw. – Ein solches wiederholtes Sich-Konzentrieren auf einen volldurchdrungenen Gedanken zieht Kräfte in der Seele zusammen, die im gewöhnlichen Leben gewissermaßen zerstreut sind; sie verstärkt sie in sich selbst.
Diese zusammengezogenen Kräfte werden zu den Wahrnehmungsorganen für die geistige Welt und ihre Wahrheiten.
Man kann an dem Angedeuteten den rechten Vorgang des Meditierens erkennen. Erst arbeitet man sich zu einem Gedanken durch, den man einsehen kann mit den Mitteln, welche das gewöhnliche Leben und Erkennen an die Hand geben. Dann versenkt man sich wiederholt in diesen Gedanken, macht sich ganz eins mit ihm. Die Stärkung der Seele kommt durch das Leben mit einem solchen erkannten Gedanken. – Hier wurde als Beispiel ein Gedanke gewählt, der aus der Natur des Denkens selbst genommen ist. Er wurde als Beispiel gewählt, weil er für das Meditieren ganz besonders fruchtbar ist.
Doch gilt in bezug auf die Meditation das hier Gesagte von jedem Gedanken, der auf die beschriebene Art gewonnen ist. – Für den Meditierenden ist es nur ganz besonders fruchtbar, wenn er die Seelenstimmung kennt, die aus dem oben angedeuteten Pendelschlag des Seelenlebens sich ergibt. Er kommt dadurch am sichersten zu dem Gefühle, in seiner Meditation von der geistigen Welt unmittelbar berührt worden zu sein.
Und dies Gefühl ist ein gesundes Ergebnis der Meditation. – Es sollte dies Gefühl seine Kraft ausstrahlen auf den Inhalt des ganzen übrigen wachen Tageslebens. Und zwar nicht so, dass stets etwas da ist, wie ein gegenwärtiger Eindruck der Meditationsstimmung, sondern in der Art, dass man sich stets sagen kann, es fließe in das ganze Leben eine Stärkung durch das Meditationserlebnis. Wenn die Meditationsstimmung wie ein immer gegenwärtiger Eindruck durch das Tagesleben zieht, so gießt sie nämlich über dasselbe etwas aus, was die Unbefangenheit dieses Lebens stört. Sie wird dann in den Zeiten der Meditation selbst nicht genug stark und nicht genug rein sein können. Die rechten Früchte zeitigt die Meditation eben dadurch, dass sie sich mit ihrer Stimmung heraushebt aus dem übrigen Leben.
Auf dieses wirkt sie auch dann am besten, wenn sie als etwas Besonderes, Herausgehobenes empfunden wird.
Von dem Erkennen der geistigen Welt
Die Einsicht in die Ergebnisse der Geisteswissenschaft wird erleichtert, wenn man im gewöhnlichen Seelenleben dasjenige ins Auge fasst, was Begriffe gibt, die sich so erweitern und umbilden lassen, dass sie allmählich an die Vorgänge und Wesenheiten der geistigen Welt heranreichen. Wählt man nicht mit Geduld diesen Weg, so wird man leicht versucht sein, die geistige Welt viel zu ähnlich der physischen oder sinnlichen vorzustellen. Ja man wird ohne diesen Weg nicht einmal dies zustande bringen, eine zutreffende Vorstellung von dem Geistigen selbst und seinem Verhältnisse zum Menschen sich zu bilden.
Die geistigen Ereignisse und Wesenheiten dringen an den Menschen heran, wenn er seine Seele dazu bereitet hat, sie wahrzunehmen. Die Art, wie sie herandringen, ist durchaus verschieden von dem Auftreten physischer Tatsachen und Wesenheiten. Man kann aber eine Vorstellung von diesem ganz andersartigen Auftreten gewinnen, wenn man den Vorgang der Erinnerung sich vor die Seele stellt.
Man hat vor mehr oder weniger langer Zeit etwas erlebt. Es taucht in einem bestimmten Augenblicke – durch diesen oder jenen Anlass – aus dem Untergrunde des Seelen-Erlebens herauf. Man weiß, dass das so Aufgetauchte einem Erlebnis entspricht; und man bezieht es auf dieses Erlebnis. In dem Augenblick der Erinnerung hat man aber gegenwärtig von dem Erlebnis nichts anderes als das Erinnerungsbild. – Man denke sich nun in der Seele auftauchend ein Bild in solcher Art, wie ein Erinnerungsbild ist, doch so, dass dies Bild nicht etwas vorher Erlebtes, sondern etwas der Seele Fremdes ausdrückt. Man hat sich damit eine Vorstellung davon gebildet, wie in der Seele die geistige Welt zunächst auftritt, wenn diese Seele genügend dazu vorbereitet ist.
Weil dies so ist, wird derjenige, welcher mit den Verhältnissen der geistigen Welt nicht genügend vertraut ist, stets mit dem Einwand herantreten, dass alle «vermeintlichen» geistigen Erlebnisse nichts weiter seien als mehr oder weniger undeutliche Erinnerungsbilder, welche die Seele nur nicht als solche erkennt und sie daher für Offenbarungen einer geistigen Welt halten kann. Nun soll durchaus nicht geleugnet werden, dass die Unterscheidung von Illusionen und Wirklichkeiten auf diesem Gebiete eine schwierige ist. Viele Menschen, welche glauben, Wahrnehmungen aus einer übersinnlichen Welt zu haben, sind ja gewiss nur mit ihren Erinnerungsbildern beschäftigt, die sie nur nicht als solche erkennen. Um hier ganz klar zu sehen, muss man von vielem unterrichtet sein, was Quell von Illusionen werden kann. Man braucht zum Beispiel etwas nur einmal flüchtig gesehen zu haben, so flüchtig, dass der Eindruck gar nicht in das Bewusstsein voll eingedrungen ist; und es kann später – vielleicht sogar ganz verändert – als lebhaftes Bild auftreten. Man wird versichern, dass man mit der Sache niemals etwas zu tun gehabt habe, dass man eine wirkliche Eingebung habe.
Dies und vieles andere lässt durchaus begreiflich erscheinen, dass die Angaben des übersinnlichen Schauens denjenigen höchst fragwürdig erscheinen, welche mit der Eigenart der Geisteswissenschaft nicht vertraut sind. – Wer sorgfältig alles beachtet, was in meiner Schrift «Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?» über die Heranbildung des geistigen Schauens gesagt ist, der wird wohl in die Möglichkeit versetzt, auf diesem Gebiete Illusion und Wahrheit zu unterscheiden.
Es darf aber in bezug darauf auch noch das folgende gesagt werden. Die geistigen Erlebnisse treten zunächst allerdings als Bilder auf. Sie steigen aus den Untergründen der dazu vorbereiteten Seele als solche Bilder herauf. Es kommt nun darauf an, zu diesen Bildern das richtige Verhältnis zu gewinnen.
Sie haben Wert für die übersinnliche Wahrnehmung erst dann, wenn sie durch die ganze Art, wie sie sich geben, gar nicht an und für sich selbst genommen sein wollen. Sobald sie so genommen werden, sind sie kaum mehr wert als gewöhnliche Träume. Sie müssen sich so ankündigen wie Buchstaben, die man vor sich hat. Man fasst nicht die Form dieser Buchstaben ins Auge, sondern man liest in den Buchstaben dasjenige, was durch sie ausgedrückt wird. Wie etwas Geschriebenes nicht dazu auffordert, die Buchstabenformen zu beschreiben, so fordern die Bilder, die den Inhalt des übersinnlichen Schauens bilden, nicht dazu auf, sie als solche aufzufassen; sondern sie führen durch sich selbst die Notwendigkeit herbei, von ihrer Bildwesenheit ganz abzusehen und die Seele auf dasjenige hinzulenken, was durch sie als übersinnlicher Vorgang oder Wesenheit zum Ausdruck gelangt.
So wenig jemand den Einwand machen kann, dass ein Brief, durch den man etwas vorher völlig Unbekanntes erfährt, sich doch nur aus den längst bekannten Buchstaben zusammensetzt, so wenig kann den Bildern des übersinnlichen Bewusstseins gegenüber gesagt werden, dass sie doch nur dasjenige enthalten, was dem gewöhnlichen Leben entlehnt ist. – Dies ist gewiss bis zu einem gewissen Grade richtig. Doch kommt es dem wirklichen übersinnlichen Bewusstsein nicht auf das an, was so dem gewöhnlichen Leben entlehnt ist, sondern darauf, was in den Bildern sich ausdrückt.
Zunächst muss sich die Seele allerdings bereit machen, solche Bilder im geistigen Blickekreis auftreten zu sehen; dazu aber muss sie auch sorgfältig das Gefühl ausbilden, bei diesen Bildern nicht stehen zu bleiben, sondern sie in der rechten Art auf die übersinnliche Welt zu beziehen. Man kann durchaus sagen, zur wahren übersinnlichen Anschauung gehört nicht nur die Fähigkeit, in sich eine Bilderwelt zu erschauen, sondern noch eine andere, welche sich mit dem Lesen in der sinnlichen Welt vergleichen lässt.
Die übersinnliche Welt ist zunächst als etwas ganz außer dem gewöhnlichen Bewusstsein Liegendes vorzustellen. Dieses Bewusstsein hat gar nichts, wodurch es an diese Welt herandringen kann.
Durch die in der Meditation verstärkten Kräfte des Seelenlebens wird zuerst eine Berührung der Seele mit der übersinnlichen Welt geschaffen. Dadurch tauchen aus den Fluten des Seelenlebens die gekennzeichneten Bilder herauf. Diese sind als solche ein Tableau, das eigentlich ganz von der Seele selbst gewoben wird. Und zwar wird es gewoben aus den Kräften, welche sich die Seele in der sinnlichen Welt erworben hat. Es enthält als Bildgewebe wirklich nichts anderes, als was sich mit Erinnerung vergleichen lässt. – Je mehr man sich für das Verständnis des hellsichtigen Bewusstseins dieses klar macht, desto besser ist es. Man wird sich dann über die Bildnatur keiner Illusion hingeben. Und man wird dadurch auch ein rechtes Gefühl dafür ausbilden, in welcher Art man die Bilder auf die übersinnliche Welt zu beziehen hat. Man wird durch die Bilder in der übersinnlichen Welt lesen lernen. – Durch die Eindrücke der sinnlichen Welt steht man den Wesen und Vorgängen dieser Welt naturgemäß weit näher als durch die übersinnlich geschauten Bilder der übersinnlichen Welt. Man könnte sogar sagen, diese Bilder seien zunächst wie ein Vorhang, welchen sich die Seele vor die übersinnliche Welt hinstellt, wenn sie sich von derselben berührt fühlt.
Es kommt darauf an, dass man sich in die Art des Erlebens übersinnlicher Dinge allmählich hineinfindet. Im Erleben ergibt sich nach und nach die sachgemäße Deutung, das richtige Lesen. Für bedeutsamere übersinnliche Erlebnisse wird sich durch das Geschaute von selbst ergeben, dass man es mit keinen Erinnerungsbildern aus dem gewöhnlichen Erleben zu tun haben kann. Es wird ja allerdings von solchen, welche sich eine Überzeugung von gewissen übersinnlichen Erkenntnissen angeeignet haben, oder wenigstens angeeignet zu haben glauben, viel Ungereimtes auf diesem Felde behauptet. Wie viele Menschen beziehen doch gewisse Bilder, welche in ihrer Seele auftreten, auf Erlebnisse früheren Erdenseins, wenn sie von den wiederholten Erdenleben überzeugt sind. Man sollte stets misstrauisch sein, wenn diese Bildet auf solche vorhergehende Erdenleben hinzuweisen scheinen, welche dem gegenwärtigen in dieser oder jener Beziehung ähnlich sind, oder welche sich so zeigen, dass das gegenwärtige sich verstandesgemäß aus den vermeintlichen früheren leicht begreifen lässt. Wenn im wirklichen übersinnlichen Erleben der wahre Eindruck des oder der vorigen Erdenleben auftritt, so zeigt sich wohl zumeist, dass dieses oder diese früheren Leben so waren, wie man sie durch alles Ausdenken des gegenwärtigen, durch alles Wünschen und Streben für dieses, hätte niemals gestalten können, oder gedanklich gestalten wollen. Man wird zum Beispiel in einem Augenblicke des gegenwärtigen Lebens den Eindruck von seinem vorigen Erdensein empfangen, in welchem es ganz unmöglich ist, Fähigkeiten oder dergleichen sich anzueignen, die man in jenem Leben besessen hat. Weit entfernt, dass für solche bedeutsamere Geisteserlebnisse sich Bilder einstellten, die Erinnerungen aus dem gewöhnlichen Leben sein könnten, sind diese Bilder meist solche, dass man im gewöhnlichen Erleben hätte gar nicht auf sie verfallen können. – Für die wirklichen Eindrücke aus den ganz übersinnlichen Welten ist dies in noch höherem Grade der Fall. So gibt es zum Beispiel oft keine Möglichkeit, Bildet aus dem gewöhnlichen Leben heraus zu gestalten, die sich auf das Dasein zwischen den Erdenleben, also das Leben zwischen dem letzten Tode des Menschen im vorhergehenden Erdenleben und der Geburt in das gegenwärtige, beziehen.
Man kann da erfahren, dass man in dem geistigen Leben zu Menschen und Dingen Neigungen entwickelt hat, die in vollem Widerspruch zu dem stehen, was man an entsprechenden Neigungen im Erdenleben entwickelt. Man erkennt, dass man oft im Erdenleben dazu getrieben wurde, sich liebevoll mit etwas zu befassen, das man im vorangegangenen geistigen Leben (zwischen Tod und Geburt) von sich gewiesen, gemieden hat. Alles, was als Erinnerung an diese Sache aus dem gewöhnlichen Erleben auftauchen könnte, müsste anders sein, als der Eindruck ist, den man durch die wirkliche Wahrnehmung aus der geistigen Welt erhält.
Der mit der Geisteswissenschaft nicht Vertraute wird zwar auch selbst dann noch Einwände haben, wenn die Dinge so stehen, wie sie eben geschildert worden sind. Er wird sagen können: nun wohl, du hast eine Sache lieb. Die Menschennatur ist kompliziert. Jeder Neigung ist eine geheime Abneigung beigemischt. Die taucht dir in bezug auf das betreffende Ding in einem besonderen Augenblicke auf. Du hältst sie für ein vorgeburtliches Erlebnis, während sie sich ganz naturgemäß vielleicht aus unterbewussten seelischen Tatbeständen erklärt. – Gegen einen solchen Einwand ist im allgemeinen gar nichts anderes zu sagen, als dass er für viele Fälle – ganz gewiss richtig sein kann. Die Erkenntnisse des übersinnlichen Bewusstseins sind eben einwandfrei nicht auf leichte Art zu gewinnen. So wahr aber es ist, dass sich ein «vermeintlicher» Geistesforscher irren und einen unterbewussten Tatbestand auf ein Erlebnis des vorgeburtlichen Geisteslebens beziehen kann, so wahr ist es auch, dass die geisteswissenschaftliche Schulung zu einer solchen Selbsterkenntnis führt, die auch die unterbewusste Seelenverfassung umfasst und auch in dieser Beziehung sich von Illusionen befreien kann. Nichts anderes aber soll hier behauptet werden, als dass wahr nur solche übersinnliche Erkenntnisse sind, die in der Tätigkeit des Erkennens das, was aus den übersinnlichen Welten stammt, von dem unterscheiden können, was die eigene Vorstellung nur gebildet hat. Dieses Unterscheidungsvermögen wird aber im Einleben in die übersinnlichen Welten so angeeignet, dass man auf diesem Felde Wahrnehmung von Einbildung so sicher unterscheidet, wie man in der Sinnenwelt heißes Eisen, das man mit dem Finger anfasst, unterscheidet von einem bloß eingebildeten heißen Eisen.
Von dem ätherischen Leib des Menschen und von der elementarischen Welt
Die Anerkennung einer übersinnlichen Geisteswelt und deren Erkenntnis erwirbt sich der Mensch durch die Überwindung gewisser Hindernisse, welche in der Seele zunächst gegenüber dieser Anerkennung vorhanden sind. Die Schwierigkeit, die hier vorliegt, beruht darauf, dass diese Hindernisse zwar im Bestande des seelischen Erlebens wirksam sind, dass sie aber im gewöhnlichen Leben als solche nicht zum Bewusstsein kommen. Es ist eben in der Seele des Menschen vieles lebendig vorhanden, von dem diese Seele selbst zunächst nichts weiß, von dem sie sich erst allmählich ein Wissen erwerben muss, ganz wie von Wesen und Vorgängen der äußeren Welt.
Die geistige Welt ist für die Seele, bevor sie von dieser erkannt wird, etwas ganz Fremdes, etwas, das in seinen Eigenschaften nichts von dem hat, was die Seele durch ihre Erlebnisse in der sinnlichen Welt erfahren kann. So kommt es, dass die Seele vor diese geistige Welt gestellt sein könnte und in ihr ein vollkommenes «Nichts» sähe. Die Seele könnte sich fühlen wie in einen unendlichen, leeren, öden Abgrund hineinblickend. – Ein solches Gefühl ist nun in den zunächst unbewussten Seelentiefen tatsächlich vorhanden. Die Seele hat dieses Gefühl, das der Scheu, der Furcht verwandt ist; sie lebt in demselben, ohne dass sie davon weiß. Für das Leben der Seele ist aber nicht allein maßgebend dasjenige, wovon sie weiß, sondern auch dasjenige, was in ihr, ohne ihr Wissen, tatsächlich vorhanden ist. – Wenn nun die Seele aus dem Bereiche ihres Denkens nach «Gründen der Widerlegung», nach «Beweisen» gegen die geistige Welt sucht, dann geschieht dies nicht, weil diese «Gründe» durch ihren eigenen Wert zwingend sind, sondern deshalb, weil die Seele eine Art Betäubung gegen das geschilderte Gefühl sucht. Man wird nicht ein Leugner der geistigen Welt, oder der Möglichkeit ihrer Erkenntnisse, weil man deren «Nichtdasein» «beweisen» kann, sondern weil man die Seele erfüllen will mit Gedanken, die hinwegtäuschen über die «Scheu vor der Geisteswelt». Eine Befreiung von dieser Sehnsucht nach einem materialistischen Betäubungsmittel gegen die «Scheu vor der Geisteswelt» kann erst eintreten, wenn man den ganzen hier geschilderten Tatbestand des Seelenlebens überschaut. Der «Materialismus als seelisches Furchtphänomen» ist ein wichtiges Kapitel der Seelenwissenschaft.
Begreiflich wird diese «Scheu vor dem Geistigen», wenn man zur Anerkennung der Wahrheit sich hindurchgerungen hat, dass die Vorgänge und Wesenheiten der Sinnenwelt der äußere Ausdruck übersinnlicher, geistiger Vorgänge und Wesenheiten sind. Dies Begreifen tritt schon dann ein, wenn man durchschaut, dass der Leib, der am Menschen sinnlich wahrnehmbar ist, und mit dem es die äußere Wissenschaft allein zu tun hat, der Ausdruck ist für einen feinen, übersinnlichen (ätherischen) Leib, in dem der sinnliche (oder physische) wie in einer Wolke als dichterer Kern enthalten ist. – Dieser ätherische Leib ist ein zweites Glied der menschlichen Wesenheit. In ihm liegt der Grund des Lebens des physischen Leibes. Nun ist in bezug auf diesen ätherischen Leib der Mensch von der Außenwelt nicht in demselben Grade abgesondert, wie er in seinem physischen Leib abgesondert von der physischen Außenwelt ist.
Wenn in bezug auf den ätherischen Leib von einer Außenwelt gesprochen wird, so ist damit nicht die physische Außenwelt gemeint, welche durch die Sinne wahrgenommen wird, sondern eine geistige Umwelt, welche gegenüber der physischen Welt so übersinnlich ist wie der ätherische Leib des Menschen gegenüber seinem physischen Leib. Der Mensch steht als ätherisches Wesen in einer ätherischen (elementarischen) Welt.
Wenn nun dasjenige, was der Mensch wohl stets erlebt, wovon er aber im gewöhnlichen Erleben nichts weiß, dass er nämlich als ätherisches Wesen in einer elementarischen Welt sich befindet – wenn dieser Tatbestand bewusst wird, so ist dieses Bewusstsein ein ganz anderes als das des gewöhnlichen Erlebens. Für die übersinnliche Erkenntnis tritt dieses Bewusstsein ein. Diese weiß dann von dem, was im Leben stets da ist, was sich aber vor dem gewöhnlichen Bewusstsein verbirgt.
Nun sagt der Mensch im gewöhnlichen Bewusstsein zu sich «Ich», indem er auf das Wesen deutet, welches in seinem physischen Leibe sich darbietet. In der Sinneswelt beruht sein gesundes Seelenleben darauf, dass er sich so als ein von der übrigen Welt abgesondertes Wesen erkennt. Dieses gesunde Seelenleben wäre durchbrochen, wenn der Mensch irgendwelche Vorgänge oder Wesenheiten der Außenwelt als zu seinem «Ich» gehörig bezeichnete. – Insofern der Mensch sich als ätherisches Wesen in der elementarischen Welt erlebt, ist dies anders. Da verschwimmt das eigene (Ich-) Wesen mit gewissen Vorgängen und Wesenheiten der Umgebung. Die ätherische Menschenwesenheit muss sich auch in dem finden, was nicht in der Art ihr Inneres ist, wie sie sich gewöhnt hat, dieses «Innere» in der Sinnenwelt anzusehen. Es gibt in der elementarischen Welt Kräfte, Vorgänge und Wesenheiten, welche man, trotzdem sie in gewisser Beziehung «Außenwelt» sind, doch so ansprechen muss, als ob sie zu dem eigenen «Ich» gehörten. Man ist als ätherisches Menschenwesen in die elementarische Weltwesenheit eingesponnen. In der physisch-sinnlichen Welt hat man seine Gedanken; man ist mit ihnen so zusammen, dass man sie als zum Bestande des «Ich» gehörig ansehen kann. In das ätherische Menschenwesen wirken so intim in das «Innere» herein wie die Gedanken in der Sinnenwelt Kräfte, Vorgänge usw., die sich nicht so verhalten wie die Gedanken, sondern die wie Wesen sind, die mit und in der Seele leben. Die übersinnliche Erkenntnis bedarf daher einer stärkeren inneren Kraft, als diejenige ist, welche die Seele hat, um sich gegenüber ihren Gedanken als selbständig behaupten zu können. Und die Vorbereitung zur wahren Geist-Anschauung besteht im wesentlichen auch darin, die Seele so innerlich zu verstärken, zu erkraften, dass sie sich als Eigenwesen nicht nur erfühlen kann, wenn Gedanken in ihr sind, sondern auch, wenn die Kräfte und Wesenheiten der elementarischen Welt in ihrem Bewusstseinsfelde wie ein Teil ihres eigenen Wesens auftreten.
Die Kraft der Seele, durch welche sie sich als Wesen der elementarischen Welt behauptet, ist in dem gewöhnlichen Leben des Menschen vorhanden. Die Seele weiß zunächst nichts von dieser Kraft, aber sie hat sie. Dass sie sie auch wissend haben kann, dazu muss sie sich erst rüsten. Sie muss sich dazu aneignen jene innere Seelenstärke, welche in der Vorbereitung zum Geist-Anschauen erworben wird.
Solange sich der Mensch nicht entschließen kann, diese innere Seelenstärke sich anzueignen, hat er eine begreifliche Scheu vor der Anerkennung seiner geistigen Umwelt, und er greift – unbewusst – zu der Illusion, diese geistige Welt sei nicht vorhanden, oder nicht erkennbar. Diese Illusion hilft ihm hinweg über die instinktive Scheu vor dem Verwachsen oder Verschwimmen seines Eigenwesens (Ich) mit einer wesenhaften äußeren geistigen Welt.
Wer den geschilderten Tatbestand durchschaut, der kommt zur Anerkennung eines ätherischen Menschenwesens «hinter» dem physisch-sinnlichen Menschen, und einer übersinnlichen ätherischen (elementarischen) Welt hinter der physisch-wahrnehmbaren.
In der elementarischen Welt findet das hellsichtige Bewusstsein Wesenhaftes, das bis zu einem gewissen Grade Selbständigkeit hat, wie das physische Bewusstsein in der Sinnenwelt Gedanken findet, welche unselbständig und unwesenhaft sind. – Das Einleben in diese elementarische Welt führt dann dazu, die teilweise selbständigen Wesenheiten in einem größeren Zusammenhange zu sehen. Wie wenn man erst die Glieder eines physischen Menschenleibes in ihrer teilweisen Selbständigkeit betrachtete und dann erkannte, dass sie innerhalb des Gesamtleibes als Teile vorhanden sind, so fassen sich für das übersinnliche Bewusstsein die Einzelwesen der elementarischen Welt als Lebensglieder eines großen Geistleibes zusammen, welcher dann im weiteten Verlaufe des übersinnlichen Erlebens als der elementarische (übersinnliche) Lebensleib der Erde erkannt wird. Innerhalb dieses Lebensleibes der Erde erfühlt sich das ätherische Menschenwesen selbst als ein Glied.
Es ist dieses Fortschreiten in der Geist-Anschauung ein Einleben in das Wesen einer elementarischen Welt. Diese Welt ist belebt von Wesenheiten der mannigfaltigsten Art. Will man das Treiben dieser wesenhaften Kräfte zum Ausdruck bringen, so kann man das nur, indem man ihre mannigfaltigen Eigenarten in Bildern zeichnet. Es gibt da Wesenheiten, die man verwandt findet mit allem, was nach Dauer, nach Festigkeit, nach Schwere drängt. Man kann sie als Erdenseelen bezeichnen. (Und wenn man nicht überklug sich dünkt und sich nicht fürchtet vor dem Bilde, das doch auch nur auf die Wirklichkeit deuten, sie nicht selber sein soll, so kann man von «Gnomen» sprechen.) Man findet Wesen, die man wegen ihrer Beschaffenheiten als Luft-, Wasser-, Feuerseelen bezeichnen kann.
Dann aber zeigen sich auch andere Wesenheiten. Diese treten zwar so auf, dass sie als elementarische (ätherische) Wesen erscheinen, doch man erkennt an ihnen, dass in ihrer ätherischen Wesenheit etwas steckt, was höherer Art ist als die Wesenhaftigkeit der elementarischen Welt. Man lernt verstehen, dass man dem wahren Sein dieser Wesen mit dem Grade von übersinnlicher Erkenntnis, der nur für die elementarische Welt ausreicht, ebensowenig beikommen kann, wie man der wahren Wesenheit des Menschen mit dem bloßen physischen Bewusstsein beikommen kann.
Die vorher genannten Wesen, die im Bilde Erd-, Wasser-, Luft-, Feuerseelen genannt werden können, stehen mit ihrer Tätigkeit in gewisser Beziehung innerhalb des elementarischen Lebensleibes der Erde. Sie haben in demselben ihre Aufgaben. Die charakterisierten Wesenheiten höherer Art haben eine Tätigkeit, welche über das Erdgebiet hinausreicht. Lernt man sie im übersinnlichen Erleben weiter kennen, so wird man selbst mit seinem Bewusstsein über das Erdgebiet geistig hinausgeführt. Man schaut, wie sich dieses Erdgebiet aus einem anderen herausgebildet hat, und wie es die geistigen Keime in sich entwickelt, dass aus ihm in der Zukunft ein weiteres Gebiet, gewissermaßen eine «neue Erde», entstehen kann. In meiner «Geheimwissenschaft» ist gesagt, warum man dasjenige, woraus sich die Erde gebildet hat, als einen alten «Mondplaneten» bezeichnen kann, und warum man die Welt, nach welcher die Erde in Zukunft hinstreben wird, als «Jupiter» bezeichnen kann. Das Wesentliche ist, dass man im «alten Monde» eine langvergangene Welt sieht, aus welcher die Erdenwelt durch Umwandlung sich gebildet hat, und dass man im geistigen Sinne als «Jupiter» eine zukünftige Welt versteht, nach welcher die Erdenwelt hinstrebt.
Zusammenfassung des Vorangehenden
Es liegt dem physischen Menschen eine feine ätherische Menschenwesenheit zugrunde.
Diese lebt in einer elementarischen Umwelt, wie der physische Mensch in einer physischen Umwelt lebt.
Die elementarische Außenwelt gliedert sich zum übersinnlichen Lebensleib der Erde zusammen. Dieser ergibt sich als das Umwandelungswesen einer alten Welt (Mondenwelt) und als der Vorbereitungszustand für eine künftige Welt (Jupiterwelt). Schematisch kann man nach dem Vorhergehenden den Menschen so betrachten:
- I. Den physischen Leib in der physisch-sinnlichen Umwelt. Durch ihn erkennt sich der Mensch als selbständiges Eigenwesen (Ich).
- II. Den feinen (ätherischen) Leib in der elementarischen Umwelt. Durch ihn erkennt sich der Mensch als Glied des Erdenlebensleibes und dadurch mittelbar als Glied dreier aufeinanderfolgender planetarischer Zustände.
Von den wiederholten Erdenleben und vom Karma. Von dem astralischen Leib des Menschen und von der geistigen Welt. Von ahrimanischen Wesenheiten
Die Anerkennung, dass im Seelenleben etwas waltet, was dem Bewusstsein der Seele so Außenwelt ist wie die im gewöhnlichen Sinne so genannte Außenwelt, wird der Seele besonders schwer.
Sie sträubt sich – unbewusst – dagegen, weil sie ihr Eigensein durch diesen Tatbestand gefährdet glaubt.
Sie wendet instinktiv den geistigen Blick von diesem Tatbestand ab. Dass die neuere Wissenschaft theoretisch die Sache als solche zugesteht, ist noch nicht ein Voll-Erleben dieser Tatsache mit allen Konsequenzen des inneren Erfassens derselben und des Sich-Durchdringens mit ihr. Kann das Bewusstsein dazu gelangen, diese Tatsache lebensvoll zu erfühlen, dann lernt es im Seelenwesen einen inneren Kern erkennen, welcher selbständig wesenhaft gegenüber allem ist, was im Bereich des bewussten Seelenlebens zwischen Geburt und Tod sich entwickeln kann. Es lernt das Bewusstsein in seinem Untergrunde ein Wesen kennen, als dessen Geschöpf es sich selber fühlen muss. Und als dessen Geschöpf es auch den Leib mit allen seinen Kräften und Eigenschaften fühlen muss, der der Träger dieses Bewusstseins ist. Die Seele lernt im Verfolg eines solchen Erlebens das Heranreifen einer in ihr befindlichen geistigen Wesenheit empfinden, welche sich den Einflüssen des bewussten Lebens entzieht.
Sie kommt dazu, zu fühlen, wie diese innere Wesenheit im Verlaufe des Lebens zwischen Geburt und Tod immer kraftvoller, aber auch selbständiger wird. Sie lernt erkennen, dass diese Wesenheit innerhalb dieses Lebens zwischen Geburt und Tod zu dem übrigen Erleben sich so stellt, wie der im Pflanzenwesen sich entwickelnde Keim zu der Gesamtheit der Pflanze, in welcher er sich entwickelt. Nur ist der Pflanzenkeim ein physisches Wesen, der Seelenkeim ein geistiges.
Der Verfolg eines solchen Erlebens führt dann zur Anerkennung des Gedankens von den wiederholten Erdenleben des Menschen. Die Seele kann in ihrem von ihr bis zu einem gewissen Grade unabhängigen Wesenskern den Keim zu einem neuen Menschenleben erfühlen, in das dieser Keim die Früchte des gegenwärtigen hinübertragen wird, wenn er in einer geistigen Welt nach dem Tode jene Lebensbedingungen in einer rein geistigen Weise erfahren haben wird, die ihm dann nicht zuteil werden können, wenn er von einem physischen Erdenleib zwischen Geburt und Tod umhüllt ist. Aus diesem Gedanken ergibt sich dann mit Notwendigkeit der andere, dass das gegenwärtige Sinnesleben zwischen Geburt und Tod das Ergebnis ist anderer langvergangner Erdenleben, in denen die Seele einen Keim entwickelt hat, der nach dem Tode in einer rein geistigen Welt weiter gelebt hat, bis er gereift war, ein neues Erdenleben durch eine neue Geburt anzutreten, wie der Pflanzenkeim zur neuen Pflanze wird, nachdem er, losgelöst von der alten Pflanze, in der er sich gebildet hat, eine Zeitlang unter anderen Lebensbedingungen gewesen ist.
Das übersinnliche Bewusstsein lernt durch die entsprechenden Seelenvorbereitungen in den Vorgang untertauchen, der darin besteht, dass sich in einem Menschenleben ein in gewisser Weise selbständiger Kern ausbildet, welcher die Früchte dieses Lebens in folgende Erdenleben hinüberführt.
Bilderhaft, wesenhaft, wie wenn es sich als Eigenwesen offenbaren wollte, taucht aus den Seelenfluten ein zweites Selbst auf, das dem Wesen, das man vorher als sein Selbst angesprochen hat, wie selbständig, übergeordnet erscheint. Es nimmt sich wie ein Inspirator dieses Selbstes aus. Der Mensch fließt als dieses letztere Selbst zusammen mit dem inspirierenden, übergeordneten.
Was das übersinnliche Bewusstsein so als Tatbestand durchschaut, in dem lebt das gewöhnliche Bewusstsein, ohne dass es davon weiß. Wieder bedarf es der Seelenstärkung, um sich aufrechtzuerhalten jetzt nicht nur gegenüber einer geistigen Außenwelt, mit der man verschmilzt, sondern sogar mit einer geistigen Wesenheit, die man in einem höheren Sinne selber ist, und die doch außerhalb dessen steht, was man in der Sinnenwelt notwendig als sein Selbst erfühlen muss. (Die Art, wie dieses zweite Selbst sich aus den Seelenfluten bilderhaft, wesenhaft erhebt, ist für die verschiedenen Menschenindividualitäten ganz verschieden. In meinen szenischen Seelengemälden «Die Pforte der Einweihung», «Die Prüfung der Seele», «Der Hüter der Schwelle» und «Der Seelen Erwachen» versuchte ich darzustellen, wie verschiedene Menschenindividualitäten sich zu dem Erleben dieses «anderen Selbstes» hindurcharbeiten.)
Wenn nun auch die Seele im gewöhnlichen Bewusstsein nichts weiß von der Inspiration durch ihr «anderes Selbst», so ist diese Inspiration aber doch in den Seelentiefen vorhanden. Nur ist diese Inspiration keine solche in Gedanken oder inneren Worten; sie wirkt durch Taten, durch Vorgänge, durch ein Geschehen. Dieses «andere Selbst» ist es, welches die Seele hinführt zu den Einzelheiten ihres Lebensschicksals, und welches in ihr die Fähigkeiten, Neigungen, Anlagen usw. hervorruft.
Dieses «andere Selbst» lebt in der Gesamtheit des Schicksals eines Menschenlebens. Es geht neben dem Selbst, das zwischen Geburt und Tod seine Bedingungen hat, einher und gestaltet das menschliche Leben mit allem, was Erfreuliches, Erhebendes, Schmerzvolles in dasselbe einschlägt. Das übersinnliche Bewusstsein lernt, indem es mit diesem «anderen Selbst» sich zusammenfindet, zu der Gesamtheit des Lebensschicksals so «Ich» zu sagen, wie der physische Mensch zu seinem Eigenwesen «Ich» sagt. Was man mit einem morgenländischen Worte «Karma» nennt: es wächst in der angedeuteten Art mit dem «anderen Selbst», mit dem «geistigen Ich-Wesen» zusammen. Der Lebenslauf eines Menschen erscheint inspiriert von seiner eigenen Dauerwesenheit, die von Leben zu Leben sich weiterführt; und die Inspiration erfolgt so, dass die Lebensschicksale eines folgenden Erdenseins als die Folge sich ergeben der vorangehenden Erdenleben So lernt der Mensch sich selbst erkennen als eine «andere Wesenheit», eine solche, welche er nicht im Sinnensein ist, und die sich in diesem Sinnensein nur durch ihre Wirkungen zum Ausdruck bringt. Wenn das Bewusstsein in diese Welt eintritt, so ist es in einem Gebiete, das dem elementarischen gegenüber als das Geistgebiet bezeichnet werden kann.
Solange man sich in diesem Gebiete erfühlt, findet man sich vollkommen außer dem Kreise stehend, in dem alle Erlebnisse und Erfahrungen der Sinneswelt sich abspielen. Man sieht aus einer anderen Welt auf diejenige zurück, welche man gewissermaßen verlassen hat. Man gelangt aber zu der Erkenntnis, dass man als Mensch den beiden Welten angehört. Man empfindet die Sinnenwelt wie eine Art Spiegelbild der Geisteswelt. Doch als ein Spiegelbild, in welchem die Vorgänge und Wesenheiten der Geisteswelt nicht bloß gespiegelt werden, sondern das, obgleich es Spiegelbild ist, ein selbständiges Leben in sich führt. Wie wenn ein Mensch sich in einem Spiegel sähe und, indem er sich sieht, das Spiegelbild selbständiges Leben gewänne.
Und man lernt geistige Wesenheiten kennen, welche dieses selbständige Leben des Spiegelbildes der Geisteswelt bewirken. Diese geistigen Wesenheiten empfindet man als solche, welche ihrem Ursprunge nach der Geisterwelt angehören, die aber den Schauplatz dieser Welt verlassen haben und in der Sinneswelt ihr Wirkensfeld entwickeln. So sieht man sich zweien Welten gegenüber, welche aufeinander wirken. Es soll die geistige Welt hier als die obere, die Sinneswelt als die untere Welt bezeichnet werden.
Man lernt in der unteren Welt die gekennzeichneten geistigen Wesenheiten dadurch kennen, dass man gewissermaßen seinen Gesichtspunkt selbst in die obere Welt verlegt hat. Eine Art dieser geistigen Wesenheiten stellt sich so dar, dass man in ihr den Grund findet, warum der Mensch die Sinneswelt als eine stoffliche, materielle erlebt. Man erkennt, dass alles Stoffliche in Wahrheit geistig ist, und dass die geistige Wirksamkeit jener Wesen das Geistige der Sinneswelt zum Stofflichen verfestigt, verhärtet. So unbeliebt gewisse Namen in der Gegenwart auch sind, man braucht sie für dasjenige, was man in der Geisteswelt als wirklich erschaut. Deshalb seien hier die Wesen, welche dieses Verstofflichen der Sinneswelt bewirken, die ahrimanischen Wesenheiten genannt. Nun zeigt sich in bezug auf diese ahrimanischen Wesenheiten auch, dass sie ihr ureigenes Gebiet im Reiche des Mineralischen haben. Im Mineralreiche herrschen diese Wesenheiten so, dass sie in diesem Reiche voll zur Offenbarung bringen, was sie ihrer Natur nach sind.
Im Pflanzenreiche und in den höheren Naturreichen vollbringen sie etwas anderes. Verständlich wird dieses andere erst, wenn man das Gebiet der elementarischen Welt in Betracht zieht. Auch diese elementarische Welt erscheint, von dem Geistgebiete aus gesehen, wie eine Spiegelung dieses Geistgebietes. Doch ist die Selbständigkeit des Spiegelbildes in der elementarischen Welt keine so große wie diejenige der physischen Sinneswelt. In der ersteren herrschen die geistigen Wesenheiten von der Art der ahrimanischen weniger als in der Sinneswelt. Doch entwickeln diese ahrimanischen Wesenheiten von der elementarischen Welt aus unter anderem diejenige Wirksamkeit, welche in Vernichtung und Tod des Daseins ihren Ausdruck findet. Man kann geradezu sagen, dass für die höheren Naturreiche die ahrimanischen Wesenheiten die Aufgabe haben, den Tod herbeizuführen. Insoferne der Tod zur notwendigen Ordnung des Daseins gehört, ist die Aufgabe der ahrimanischen Wesenheiten in dieser Ordnung begründet.
Man erfährt aber, wenn man die Wirksamkeit der ahrimanischen Wesenheiten vom Geistgebiet aus beobachtet, dass mit ihrem Wirken in der unteren Welt noch etwas anderes zusammenhängt. Indem sie in dieser Welt ihren Schauplatz haben, fühlen sie sich nicht an die Ordnung gebunden, die ihren Kräften zukäme, wenn sie in der oberen Welt wirkten, in welcher sie ihren Ursprung haben. Sie streben in der unteren Welt nach einer Selbständigkeit, weiche sie in der oberen niemals haben könnten. Dies äußert sich insbesondere in der Wirksamkeit der ahrimanischen Wesenheiten auf den Menschen, insoferne der Mensch das höchste Naturreich der Sinneswelt bildet. Sie streben das menschliche Seelenleben, soweit dieses an das Sinnessein des Menschen gebunden ist, zu verselbständigen, es loszureißen von der oberen Welt und es ganz ihrer eigenen Welt einzuverleiben. Der Mensch als denkende Seele hat seinen Ursprung in der oberen Welt. Die geistig schauend gewordene, denkende Seele tritt auch in diese obere Welt ein. Das in der Sinneswelt zur Entfaltung kommende und an diese gebundene Denken hat in sich dasjenige, was als Einfluss der ahrimanischen Wesenheiten zu bezeichnen ist. Diese Wesenheiten wollen gewissermaßen dem Sinnesdenken innerhalb der Sinneswelt eine Art dauernden Daseins geben. Indem ihre Kräfte den Tod bringen, wollen sie die denkende Seele dem Tode entreißen und nur das andere Wesenhafte am Menschen in die Vernichtung einströmen lassen. Die Menschendenkkraft aber soll, nach ihren Intentionen, im Sinnesbereich zurückbleiben und ein Sein annehmen, das der Natur des Ahrimanischen immer ähnlicher werden soll.
In der unteren Welt drückt sich das eben Geschilderte nur durch seine Wirkung aus. Der Mensch kann darnach streben, in seiner denkenden Seele sich mit den Kräften durchdringen zu lassen, welche die geistige Welt anerkennen, welche in derselben sich lebend und wesend wissen. Er kann aber auch sich mit seiner denkenden Seele von solchen Kräften abwenden, kann sein Denken nur dazu benützen, die Sinneswelt zu ergreifen. Die Verlockungen zu dem letzteren kommen von den ahrimanischen Kräften.
Von dem astralischen Leibe und von luziferischen Wesenheiten – Von dem Wesen des ätherischen Leibes
Eine andere Art von geistigen Wesenheiten, welche, von dem Geistgebiet aus, in der Sinneswelt (und auch in der elementarischen Welt) als auf ihrem angenommenen Schauplatze wirksam beobachtet werden, sind diejenigen, welche die fühlende Seele ganz von der Sinneswelt befreien wollen; sie also gewissermaßen vergeistigen wollen. Das Leben in der Sinneswelt gehört der Weltenordnung an.
Indem die menschliche Seele in der Sinneswelt lebt, macht sie in derselben eine Entwicklung durch, welche zu dem Bereiche ihrer Daseinsbedingungen gehört. Dass sie einverwoben ist in dieses Sinnesgebiet, ist ein Ergebnis der Wirksamkeit von Wesenheiten, welche man in der oberen Welt kennen lernt. Dieser Wirksamkeit entgegen arbeiten die Wesenheiten, welche die fühlende Seele von den Bedingungen der Sinneswirksamkeit losreißen wollen. Diese Wesenheiten seien hier die luziferischen Wesenheiten genannt.
So stehen die luziferischen Wesenheiten in der Sinneswelt, gewissermaßen alles erspähend, was in dieser seelisch (fühlend) ist, um dies aus dieser Sinneswelt herauszuziehen und einem eigenen Weltgebiet einzuverleiben, das ihrer Natur ähnlich ist. Von der oberen Welt aus gesehen, ist die Wirksamkeit dieser luziferischen Wesenheiten auch in der elementarischen Welt bemerkbar. Sie streben innerhalb derselben ein Kräftegebiet an, das von der Schwere der Sinneswelt, nach ihren Intentionen, nicht berührt werden soll, trotzdem es von den Wesen der oberen Welt dazu vorbestimmt ist, in diese Sinneswelt einverwoben zu werden. Wie die ahrimanischen Wesenheiten innerhalb ihres Kreises blieben, wenn sie nur die in der Weltenordnung begründete zeitweilige Vernichtung des Daseins herbeiführten, so überschritten die luziferischen Wesenheiten das Gebiet ihres eigenen Reiches nicht, wenn sie die fühlende Seele mit Kräften durchsetzten, in welchen diese immer wieder den Antrieb empfindet, sich über die Nötigungen in der Sinneswelt zu erheben und sich gegenüber diesen Nötigungen als selbständiges, freies Wesen zu erfühlen. Doch überschreiten die luziferischen Wesen ihr Gebiet, indem sie gegenüber der allgemeinen Ordnung der oberen Welt ein besonderes Reich des Geistes schaffen wollen, zu dem sie die seelischen Wesenheiten in der Sinneswelt umgestalten wollen.
Man kann sehen, wie die Wirkung der luziferischen Wesenheiten in der Sinneswelt nach zwei Seiten hindrängt. Auf der einen Seite ist es diesen Wesen zu verdanken, dass der Mensch sich über das bloße Erleben des sinnlich Wirklichen zu erheben vermag. Er zieht seine Freude, seine Erhebung nicht nur aus der Sinneswelt. Er kann sich erfreuen, erheben an dem, was bloß im Scheine lebt, was als schöner Schein über das Sinnliche hinausgeht. Von dieser Seite her hat die luziferische Wirksamkeit die bedeutsamsten Kulturblüten, vor allem die künstlerischen, mitbewirkt. Der Mensch kann auch im freien Denken leben, er braucht nicht bloß die Sinnesdinge zu beschreiben und in Gedanken porträtartig nachzubilden; er kann über die Sinneswelt hinaus schöpferisches Denken entfalten; er kann über die Dinge philosophieren.
Auf der anderen Seite wird die Überspannung der luziferischen Kräfte in den Seelen zum Quell vieler Schwärmereien und Verworrenheiten, welche in seelischen Tätigkeiten sich entfalten wollen, ohne sich an die Bedingungen der höheren Weltenordnung zu halten. Das Philosophieren ohne die Grundlagen gediegenen Einlebens in die Weltordnung, das eigensinnige Sich-Einspinnen in willkürliche Vorstellungen, das übertriebene Pochen auf die angenommene, liebgewordene persönliche Meinung: alles dieses sind die Schattenseiten der luziferischen Wirksamkeit.
Die Menschenseele gehört mit ihrem «anderen Selbst» der oberen Welt an. Sie ist aber auch zugehörig zu dem Sein in der unteren Welt. Das übersinnliche Bewusstsein erfühlt sich wissend, wenn es die entsprechende Vorbereitung durchgemacht hat, in der oberen Welt. Doch ändert sich für das übersinnliche Bewusstsein kein Tatbestand, sondern es wird zu dem, was für jede Menschenseele ein Tatbestand ist, eben nur das Wissen über diesen Tatbestand hinzugefügt.
Jede Menschenseele gehört der oberen Welt an und ist, wenn der Mensch in der Sinneswelt lebt, einem Sinnesleib zugeordnet, welcher den Vorgängen dieser Sinneswelt unterliegt; sie ist ferner einem feinen, ätherischen Leib zugeordnet, welcher innerhalb der Vorgänge der elementarischen Welt lebt. In dem Sinnesleib und in dem ätherischen Leib wirken die Kräfte der ahrimanischen und luziferischen Wesenheiten. Diese Kräfte sind geistiger, übersinnlicher Natur.
Insoferne die Menschenseele in der oberen (Geistes-) Welt lebt, ist sie eine – um diesen Ausdruck zu gebrauchen – astralische Wesenheit. Zu den mancherlei Gründen, welche diesen Ausdruck rechtfertigen, gehört auch der, dass die astralische Wesenheit des Menschen als solche nicht unterliegt den Bedingungen, welche innerhalb der Erde wirksam sind. Die Geisteswissenschaft erkennt, dass innerhalb der Astralwesenheit des Menschen nicht die Naturgesetze der Erde, sondern diejenigen Gesetze wirksam sind, welche für die Vorgänge der Sternenwelt in Betracht kommen. Deshalb kann die Namengebung gerechtfertigt erscheinen. Zu der Anerkennung des physisch-sinnlichen Leibes des Menschen und des ätherischen, feinen Leibes kommt so diejenige des dritten, des astralischen Leibes hinzu. Es muss aber durchaus das folgende berücksichtigt werden: In bezug auf seine ureigene Wesenheit wurzelt der astralische Menschenleib in der oberen Welt, in dem eigentlichen Geistgebiet. Innerhalb dieses Gebietes ist er eine Wesenheit, welche von der gleichen Art mit anderen Wesenheiten ist, welche den Schauplatz ihrer Wirksamkeit in dieser Geisteswelt haben. Insofern die elementarische und die Sinnes-Welt Spiegelungen der Geisteswelt sind, müssen auch der ätherische und der physisch-sinnliche Menschenleib als Spiegelungen der astralischen Wesenheit des Menschen angesehen werden. Es walten aber in diesem ätherischen und in dem physisch-sinnlichen Leibe Kräfte, die von den luziferischen und ahrimanischen Wesenheiten herrühren. Da diese Wesenheiten geistigen Ursprungs sind, so ist es naturgemäß, dass man im Gebiete des sinnlich-physischen und des ätherischen Leibes selbst eine Art astralischer Wesenheit des Menschen findet. Einer Geistesanschauung, welche nur die Bilder des übersinnlichen Bewusstseins hinnimmt und ihre Bedeutung nicht richtig zu verstehen vermag, kann es leicht geschehen, dass der astralische Einschlag des physischen und des ätherischen Leibes als der eigentliche astralische Leib genommen wird. Doch ist dieser «astralische Leib» gerade das Glied in der menschlichen Wesenheit, welches in seiner Wirksamkeit sich gegen die Gesetzmäßigkeit richtet, die dem Menschen in der Weltordnung wahrhaft zukommt.
Verwechslungen und Verworrenheiten auf diesem Gebiete sind um so leichter möglich, als für das gewöhnliche menschliche Bewusstsein zunächst ein Wissen von der astralischen Wesenheit der Seele ganz unmöglich ist. Aber auch für die ersten Stufen des übersinnlichen Bewusstseins ist dieses Wissen noch nicht erreichbar. Dieses Bewusstsein wird erreicht, wenn sich der Mensch in seinem ätherischen Leibe erlebt. In demselben erschaut er aber die Spiegelbilder seines «anderen Selbstes» und der oberen Welt, der er angehört. Er erschaut so das ätherische Spiegelbild seines astralischen Leibes und erschaut es mit den in ihm enthaltenen luziferischen und ahrimanischen Wesenheiten.
Es wird sich in den späteren Aphorismen dieser Schrift zeigen, dass auch das «Ich», welches der Mensch in seinem gewöhnlichen Leben als seine Wesenheit anspricht, nicht das «wahre Ich» ist, sondern die Spiegelung des «wahren Ich» in der physisch-sinnlichen Welt. Für die ätherische Anschauung kann so die ätherische Spiegelung des astralischen Leibes zu der Illusion des «wahren astralischen Leibes» werden.
Im weiteren Verfolg des Sich-Einlebens in die obere Welt kommt das übersinnliche Bewusstsein auch dazu, eine wahre Ansicht über die Natur der Spiegelung der oberen Welt in der unteren in bezug auf das Menschenwesen zu gewinnen. Da zeigt sich vor allem, dass der ätherische, feine Leib, wie ihn der Mensch in seinem gegenwärtigen Erdendasein an sich trägt, nicht in Wahrheit ein Spiegelbild ist von dem, was ihm in der oberen Welt entspricht. Er ist ein Spiegelbild, verändert durch die Wirksamkeit der luziferischen und ahrimanischen Wesenheiten. Das geistige Urbild des ätherischen Leibes kann durch die Natur der Erdenwesenheit, in welcher die genannten Wesenheiten wirksam sind, sich gar nicht im irdischen Menschen vollkommen spiegeln. Verfolgt das übersinnliche Bewusstsein seinen Weg über die Erde hinaus zu einem Gebiete, auf dem eine vollkommene Spiegelung des Urbildes des ätherischen Leibes möglich ist, so sieht es sich über den gegenwärtigen Erdenzustand, ja auch noch über den diesem vorangegangenen Mondenzustand in eine ferne Vergangenheit zurückversetzt. Es kommt dazu, Einsicht zu gewinnen, wie die gegenwärtige Erde sich aus einem Mondenzustande, dieser aber aus einem Sonnenzustande heraus entwickelt hat. Warum der Name Sonnenzustand gerechtfertigt ist, darüber findet man in meiner «Geheimwissenschaft» das Nähere. Die Erde war also einmal in einem Sonnenzustand; sie hat sich aus diesem zu einem Mondenzustande hin entwickelt, und ist dann «Erde» geworden. Während des Sonnenzustandes war der ätherische Leib des Menschen eine reine Spiegelung der geistigen Vorgänge und Wesenheiten der Welt, in welchen er seinen Ursprung hat. Es ergibt sich für das übersinnliche Bewusstsein, dass diese Wesenheiten ganz aus lauterer Weisheit bestehen. So kann man sagen, dass während der Sonnenzeit der Erde in urferner Vergangenheit der Mensch in sich aufgenommen hat seinen ätherischen Leib als reine Spiegelung der kosmischen Weisheitswesen. Während der folgenden Monden- und Erdenzeit hat sich dann dieser ätherische Leib verändert und ist zu demjenigen geworden, was ergegenwärtig in der menschlichen Wesenheit ist.
Zusammenfassung des Vorangehenden
Der Mensch trägt in sich einen seelischen Wesenskern, welcher einer geistigen Welt angehört. Dieser seelische Wesenskern ist das menschliche Dauerwesen, welches in wiederholten Erdenleben sich so auslebt, dass es sich in einem Erdenleben innerhalb des gewöhnlichen Bewusstseins als eine diesem Bewusstsein gegenüber selbständige Wesenheit heranbildet, nach dem physischen Tode des Menschen in einer rein geistigen Welt erlebt, und nach entsprechender Zeit die Ergebnisse des vorangehenden Erdenlebens in einem neuen darlebt. Es wirkt dieses Dauerwesen so, dass es zum Inspirator des Schicksals des Menschen wird. Es inspiriert dieses Schicksal so, dass sich ein Erdenleben als die durch die Weltordnung begründete Folge der vorangehenden ergibt.
Der Mensch ist dieses Dauerwesen selbst; er lebt in ihm als in seinem «anderen Selbst». Insoferne er als Wesen dieses «andere Selbst» ist, lebt er in einem astralischen Leibe, wie er in einem physischen und ätherischen Leibe lebt Wie die Umgebung des physischen Leibes die physische, diejenige des ätherischen Leibes die elementarische Welt ist, so ist die Umgebung des astralischen Leibes das Geistgebiet.
Wesen, welche derselben Art und desselben Ursprungs sind wie das «andere Selbst» des Menschen, wirken in der physischen und elementarischen Welt als ahrimanische und luziferische Kräfte.
Durch die Art, wie diese wirken, wird das Verhältnis des astralischen Menschenleibes zu dem ätherischen und dem physischen verständlich.
Der Urquell des ätherischen Leibes ist in einem langvergangenen Zustand der Erde, ihrer sogenannten Sonnenzeit, zu suchen.
Schematisch kann man nach dem Vorangehenden den Menschen so betrachten:
- I. Den physischen Leib in der physisch-sinnlichen Umwelt. Durch ihn erkennt sich der Mensch als selbständiges Eigenwesen (Ich).
- II. Den feinen (ätherischen) Leib in der elementarischen Umwelt. Durch ihn erkennt sich der Mensch als Glied des Erdenlebensleibes und dadurch mittelbar als Glied dreier aufeinanderfolgender planetarischer Zustände.
- III. Den astralischen Leib in einer rein geistigen Umwelt. Durch ihn ist der Mensch ein Glied einer geistigen Welt, von welcher die elementarische und die physische Welt Spiegelungen sind. In ihm liegt das «andere Selbst» des Menschen, welches sich in wiederholten Erdenleben zum Ausdrucke bringt.
Von dem «Hüter der Schwelle» und einigen Eigenheiten des übersinnlichen Bewusstseins
Mit seinem Erleben in der Sinneswelt steht der Mensch außerhalb der geistigen Welt, in welcher im Sinne der vorangehenden Betrachtungen seine Wesenheit wurzelt. Welchen Anteil dieses Erleben an der menschlichen Wesenheit hat, ersieht man, wenn man bedenkt, dass das übersinnliche Bewusstsein, welches die übersinnlichen Welten betritt, einer Verstärkung eben der Seelenkräfte bedarf, die in der Sinneswelt erworben werden. Ist diese Verstärkung nicht vorhanden, so fühlt die Seele eine gewisse Scheu, in die übersinnliche Welt einzutreten. Sie will sich sogar vor diesem Eintritte dadurch retten, dass sie sich «Beweise» sucht für die Unmöglichkeit eines solchen Eintrittes.
Findet sich aber die Seele stark genug zum Eintritte, erkennt sie in sich die Kräfte, welche ihr gestatten, nach dem Eintritte ihre Wesenheit als selbständige zu behaupten und in dem Felde ihres Bewusstseins nicht nur Gedanken, sondern auch Wesenheiten zu erleben, wie sie es muss in der elementarischen und in der geistigen Welt: so erfühlt sie auch, dass sie diese Kräfte nur innerhalb des Lebens in der Sinneswelt hat sammeln können. Sie sieht die Notwendigkeit ein, in ihrem Weltenlaufe durch die Sinneswelt geführt zu werden.
Insbesondere ergibt sich diese Einsicht durch die Erlebnisse, welche das übersinnliche Bewusstsein mit dem Denken hat. Beim Eintritte in die elementarische Welt erfüllt sich das Bewusstsein mit Wesenheiten, die in Bildform wahrgenommen werden. Es kommt gar nicht in die Lage, innerhalb dieser Welt gegenüber deren Wesenheiten eine ähnliche innere Seelentätigkeit zu entwickeln, wie sie im Gedankenleben innerhalb der Sinneswelt entwickelt wird.
Dennoch wäre es unmöglich, sich innerhalb dieser elementarischen Welt als menschliches Wesen zurechtzufinden, wenn man sie nicht denkend beträte. Man würde ohne denkende Betrachtung wohl die Wesenheiten der elementarischen Welt schauen; man würde aber von keiner in Wahrheit wissen können, was sie ist. Man gliche einem Menschen, der eine Schrift vor sich hat, die er nicht lesen kann; ein solcher sieht mit seinen Augen genau dasselbe, was auch derjenige sieht, der die Schrift lesen kann; Bedeutung und Wesenheit hat sie aber doch nur für diesen.
Dennoch übt das übersinnliche Bewusstsein während seines Verweilens in der elementarischen Welt keineswegs eine solche denkerische Tätigkeit aus, wie sie in der Sinneswelt sich vollzieht. Es ist vielmehr so, dass ein denkendes Wesen – wie der Mensch – im richtigen Schauen der elementarischen Welt die Bedeutung ihrer Wesen und Kräfte mit-wahrnimmt, und dass ein nicht-denkendes Wesen die Bilder ohne deren Bedeutung und Wesenheit wahrnehmen würde.
Wird die geistige Welt betreten, so würden zum Beispiel die ahrimanischen Wesenheiten für etwas ganz anderes gehalten werden, als was sie sind, wenn sie nicht von der Seele als einer denkenden Wesenheit geschaut würden. Ebenso ist es mit den luziferischen und anderen Wesenheiten der geistigen Welt. Die ahrimanischen und luziferischen Wesenheiten werden von dem Menschen als das geschaut, was sie sind, wenn er sie von der geistigen Welt aus mit dem hellsichtigen Blicke betrachtet, der durch das Denken erkraftet ist.
Bewaffnete sich die Seele nicht mit der genügenden denkerischen Kraft, so würden die luziferischen Wesenheiten, wenn sie von der geistigen Welt aus geschaut würden, der hellsichtigen Bilderwelt sich bemächtigen und in der betrachtenden Seele die Illusion hervorrufen, dass sie tiefer und immer tiefer in die eigentlich gesuchte geistige Welt hineindringe, während sie in Wahrheit in die Welt immer tiefer versinkt, welche die luziferischen Kräfte als eine ihrer Wesenheit gleiche zubereiten wollen.
Die Seele würde sieh zwar immer selbständiger fühlen; aber sie würde sieh in eine Geisteswelt einleben, die nicht ihrer Wesenheit und ihrem Urquell entspricht. Sie liefe in eine ihr fremde geistige Umgebung ein.
– Die Sinneswelt verbirgt solche Wesenheiten, wie die luziferischen sind. Daher können diese innerhalb der Sinneswelt das Bewusstsein nicht beirren. Sie sind für dasselbe einfach nicht vorhanden. Und das Bewusstsein hat die Möglichkeit, sich unbeirrt von ihnen, genügend – denkerisch – zu erkraften. Es gehört zu den instinktiven Eigenheiten des gesunden Bewusstseins, dass es die geistige Welt nur in dem Maße betreten will, als es sich für das Durchschauen derselben in der Sinneswelt genügend erkraftet hat. Das Bewusstsein hängt an der Art, wie es sich in der Sinneswelt erleben kann. Es fühlt sich in seinem Elemente, wenn es mit den Gedanken, Gefühlen, Affekten usw. sich in sich erleben kann, die es der Sinneswelt verdankt. Wie stark das Bewusstsein an diesem Erleben hängt, das zeigt sich ganz besonders in dem Augenblicke, in welchem der Eintritt in die übersinnlichen Welten wirklich erfolgt. Wie man an lieben Erinnerungen in besonderen Augenblicken seines Lebens sich festklammert, so kommen beim Eintritt in die übersinnlichen Welten alle die Neigungen mit Notwendigkeit wie aus den Seelentiefen herauf, deren man nur überhaupt fähig ist. Man wird da gewahr, wie man im Grunde an dem Leben hängt, das den Menschen mit der Sinneswelt verbindet. Dieses Hängen zeigt sich da in seiner vollen Wahrheit, ohne alle Illusionen, die man sich sonst im Leben über diese Tatsache macht. Es kommt beim Eintritte in die übersinnliche Welt – gewissermaßen als eine erste übersinnliche Errungenschaft – ein Stück Selbsterkenntnis zustande, von der man vorher kaum eine Ahnung haben konnte. Und es zeigt sich, was man alles hinter sich lassen muss, wenn man wirklich wissend in die Welt eintreten will, in welcher man doch tatsächlich fortwährend darinnen ist. Was man als Mensch bewusst und unbewusst in der Sinneswelt aus sich gemacht hat, das tritt mit höchster Deutlichkeit vor den Seelenblick. – Es kann dieses Erleben oftmals die Folge haben, dass man alle weiteren Versuche des Eindringens in die übersinnlichen Welten fallen lässt. Denn es kommt hinzu, dass man Klarheit darüber gewinnt, wie man anders fühlen, empfinden lernen muss, wenn der Aufenthalt in der geistigen Welt erfolgreich sein soll. Man muss zu dem Entschluss kommen, eine ganze andere innere Seelenverfassung auszubilden, als man vorher gehabt hat, oder – anders gesagt: – man muss zu der vorher errungenen eine andere hinzugewinnen.
Und doch – was geschieht denn in einem solchen Augenblicke des Eintrittes in die übersinnliche Welt eigentlich? Man schaut das Wesen, das man immer gewesen ist; aber man schaut es jetzt nicht von der Sinneswelt aus, von der aus man es vorher stets angeschaut hat; man schaut es, ohne Illusion, in seiner Wahrheit von der geistigen Welt aus. Man schaut es so, dass man sich voll durchdrungen fühlt von den Erkenntniskräften, die es in seinem geistigen Wert zu bemessen imstande sind. Wenn man sich so betrachtet, so zeigt sich auch, warum man in die übersinnliche Welt nicht ohne Scheu bewusst eintreten will; es zeigt sich der Grad der Stärke, den man zu diesem Eintritte hat. Man sieht, wie man sich selbst als wissendes Wesen von ihr ferne hält. Und je genauer man sich so durchschaut, desto stärker treten auch die Neigungen auf, durch welche man in der Sinneswelt mit seinem Bewusstsein verbleiben will. Wie aus den Schlupfwinkeln der Seelentiefen lockt das erhöhte Wissen diese Neigungen herauf. Man muss sie erkennen; denn nur dadurch werden sie überwunden. Aber im Erkennen bezeugen sie noch ganz besonders ihre Kraft. Sie wollen die Seele überwältigen; diese fühlt sich von ihnen wie in unbestimmte Tiefen hinuntergezogen. Der Augenblick der Selbsterkenntnis ist ein ernster. Es wird in der Welt viel zuviel von der Selbsterkenntnis philosophiert und theoretisiert. Dadurch wird der Seelenblick eher von dem Ernste abgelenkt, der mit ihr verbunden ist, als zu ihm hingetrieben. Und trotz all dieses Ernstes: welche Befriedigung gewährt es, wenn man bedenkt, wie die Menschennatur so eingerichtet ist, dass sie von ihren Instinkten veranlasst wird, in die geistige Welt nicht einzutreten, bevor sie ihren Reifegrad als Selbsterlebnis in sich entwickeln kann. Welche Befriedigung, dass die zunächst bedeutsamste Begegnung mit einem Wesen der übersinnlichen Welt die ist mit der eigenen Wesenheit in ihrer Wahrheit, die man in der Menschheitsentwicklung weiterführen soll! Man kann sagen, in dem Menschen stecke ein Wesen, das sorgsame Wache hält an der Grenzscheide, die beim Eintritte in die übersinnliche Welt überschritten werden muss. Diese im Menschen steckende geistige Wesenheit, die man selbst ist, die man aber so wenig durch das gewöhnliche Bewusstsein erkennen kann, wie das Auge sieh selbst sehen kann, ist der «Hüter an der Schwelle» in die geistige Welt. Man lernt ihn erkennen in dem Augenblicke, in welchem man er selber nicht nur tatsächlich ist, sondern sich ihm, wie außer ihm stehend, wie ein anderer gegenüber stellt.
Wie andere Erlebnisse der übersinnlichen Welten machen auch den «Hüter der Schwelle» die verstärkten, in sich erkrafteten Seelenfähigkeiten schaubar. Denn abgesehen davon, dass die Begegnung mit dem «Hüter» für den hellsichtigen Geistesblick zum Wissen erhoben wird, ist diese Begegnung durchaus nicht ein Ereignis, das etwa nur für den geistschauend gewordenen Menschen einträte. Genau derselbe Tatbestand, in dem diese Begegnung besteht, tritt für jeden Menschen jedesmal beim Einschlafen ein, und es dauert das Sich-selbst-Gegenüberstehen, das ganz gleich dem Stehen vor dem «Hüter der Schwelle» ist, so lange als der Schlaf dauert. Im Schlafe erhebt sich die Seele zu ihrer übersinnlichen Wesenheit. Ihre Innenkräfte sind dann aber nicht stark genug, um ein Bewusstsein ihrer selbst hervorzurufen.
Für das Verständnis des übersinnlichen Erlebens, besonders in seinen zarten Anfängen, ist auch von besonderer Wichtigkeit, das seelische Augenmerk darauf zu lenken, dass die Seele bereits begonnen haben kann, Übersinnliches zu erleben, ohne dass sie ein nennenswertes Wissen davon sich zu bilden vermag. Es tritt die Hellsichtigkeit zuerst in sehr zarter Art auf. So, dass man oft in der Erwartung, fast Greifbares zu schauen, der hinhuschenden heilseherischen Eindrücke nicht achtet. Sie durchaus nicht als solche anerkennen will. Sie treten dann so auf, dass sie ihr Vergessen-Werden schon vorbereiten, indem sie auftreten; sie kommen dann so schwach in das Bewusstseinsfeld herein, dass sie wie leichte Seelenwölkchen ganz unbeachtet bleiben. Weil dieses so ist, und weil man zumeist von der Geistes-Anschauung ganz anderes erwartet, als was sie zunächst ist, deshalb wird sie von vielen ernsten Suchern nach der geistigen Welt nicht gefunden. – Auch in dieser Beziehung ist die Begegnung mit dem «Hüter der Schwelle» wichtig. Wenn man die Seele gerade nach der Richtung der Selbsterkenntnis hin erkraftet hat, dann mag diese Begegnung selbst nur wie ein erstes zartes Vorüberhuschen einer geistigen Schau sein; man wird sie doch nicht so leicht dem Vergessen überliefern wie andere übersinnliche Eindrücke, weil man an der eigenen Wesenheit stärker als an anderem interessiert ist. – Es besteht aber durchaus keine Notwendigkeit, dass die Begegnung mit dem «Hüter» zu den ersten übersinnlichen Erlebnissen gehört. Die Erkraftung der Seele kann nach verschiedenen Richtungen hin erfolgen. Die ersten Richtungen, welche die Seele nimmt, können ihr auch vor dieser Begegnung andere Wesenheiten oder Vorgänge in den geistigen Blickekreis führen. Doch aber wird verhältnismäßig bald nach dem Eintritt in die übersinnliche Welt diese Begegnung stattfinden.
Von dem Ich-Gefühl und von der Liebefähigkeit der menschlichen Seele und deren Verhältnissen zur elementarischen Welt
Wenn die Menschenseele bewusst in die elementarische Welt eintritt, so sieht sie sich genötigt, manche Vorstellungen, welche sie innerhalb der Sinneswelt gewonnen hat, zu verändern.
Verstärkt die Seele ihre Kräfte entsprechend, so wird sie zu dieser Veränderung auch fähig. Nur wenn sie zurückscheut, diese Verstärkung sich zu erwerben, so kann sie von dem Gefühle befallen werden, beim Eintritte in die elementarische Welt den festen Boden zu verlieren, auf welchem sie ihr inneres Leben aufbauen muss. Die Vorstellungen, welche in der physisch-sinnlichen Welt gewonnen werden, bieten nur so lange ein Hindernis für den Eintritt in die elementarische Welt, als man sie genau so festhalten will, wie man sie in der Sinneswelt gewonnen hat. Es gibt aber keinen anderen Grund für ein solches Festhalten als die Gewöhnung der Seele. Es ist auch ganz naturgemäß, dass sich das Bewusstsein, das zunächst nur mit der Sinneswelt zusammenlebt, gewöhnt die Gestalt seiner Vorstellungen für die einzig mögliche zu halten, welche sich an dieser Sinneswelt herausbildet. Und es ist sogar noch mehr als naturgemäß; es ist notwendig. Das Seelenleben würde niemals zu seiner inneren Geschlossenheit, zu seiner notwendigen Festigkeit kommen, wenn es nicht in der Sinneswelt ein Bewusstsein entwickelte, das in einer gewissen Beziehung in starren, ihm strenge aufgenötigten Vorstellungen lebte. Durch alles, was das Zusammenleben mit der Sinneswelt der Seele geben kann, ist diese dann in der Lage, in die elementarische Welt so einzutreten, dass sie in dieser ihre Selbständigkeit, ihre in sich geschlossene Wesenheit nicht verliert. Die Verstärkung, die Erkraftung des Seelenlebens muss erworben werden, damit diese Selbständigkeit beim Eintritte in die elementarische Welt nicht nur als unbewusste Seeleneigenschaft vorhanden ist, sondern auch im Bewusstsein klar festgehalten werden kann. Ist die Seele zu schwach für das bewusste Erleben der elementarischen Welt, so entschwindet ihr beim Eintritte die Selbständigkeit, wie ein Gedanke entschwindet, der zu schwach der Seele eingeprägt ist, um in deutlicher Erinnerung fortzuleben. In Wahrheit kann dann die Seele überhaupt nicht in die übersinnliche Welt mit ihrem Bewusstsein eintreten. Sie wird von jener Wesenheit, die in ihr lebt, und welche als der «Hüter der Schwelle» bezeichnet werden kann, immer wieder in die Sinneswelt zurückgeworfen, wenn sie den Versuch macht, in die übersinnliche Welt zu kommen. Und hat sie dabei doch an dieser Welt gleichsam genascht, so dass sie nach dem Zurücksinken in die Sinneswelt etwas von der übersinnlichen Welt im Bewusstsein zurückbehält, so wird durch eine solche Beute aus einem anderen Bereich oftmals Verworrenheit des Vorstellungslebens bewirkt.
Es ist ganz unmöglich, in eine solche Verworrenheit zu verfallen, wenn ganz besonders die gesunde Urteilskraft, wie sie in der Sinneswelt erworben werden kann, in entsprechender Art gepflegt wird.
Durch solches Erkraften der Urteilsfähigkeit wird das richtige Verhältnis der Seele zu den Vorgängen und Wesenheiten der übersinnlichen Welten entwickelt. Um in diesen Welten bewusst zu leben, ist nämlich ein Trieb der Seele notwendig, welcher in der Sinneswelt nicht in der Stärke zur Entfaltung kommen kann, in welcher er in den übersinnlichen Welten auftritt. Es ist der Trieb der Hingabe an dasjenige, was man erlebt. Man muss in dem Erlebnis untertauchen, man muss eins mit ihm werden können; man muss dies bis zu einem solchen Grade können, dass man sich außerhalb seiner eigenen Wesenheit erschaut und in der anderen Wesenheit drinnen fühlt. Es findet eine Verwandlung der eigenen Wesenheit in die andere statt, mit welcher man das Erlebnis hat. Wenn man diese Verwandlungsfähigkeit nicht hat, so kann man in den übersinnlichen Welten nichts Wahrhaftiges erleben. Denn alles Erleben beruht darauf, dass man sich zum Bewusstsein bringt: jetzt bist du in «dieser bestimmten Art» verwandelt, also bist du lebensvoll mit einem Wesen zusammen, das durch seine Natur die deinige in «dieser» Weise umwandelt. Dieses Sich-Umwandeln, dieses Einfühlen in andere Wesenheiten ist das Leben in den übersinnlichen Welten. Durch dieses Einleben lernt man die Wesenheiten und Vorgänge dieser Welten kennen. Man bemerkt auf diese Art, wie man mit der einen Wesenheit in dieser oder jener Art verwandt ist, wie man einer anderen durch seine eigene Natur ferner steht. Abstufungen von Seelenerlebnissen treten auf, die man – besonders für die elementarische Welt – als Sympathien und Antipathien bezeichnen muss. Man erfühlt sich zum Beispiel durch das Zusammentreffen mit einer Wesenheit oder einem Vorgange der elementarischen Welt so, dass in der Seele ein Erlebnis auftaucht, das man als Sympathie bezeichnen kann. In diesem Sympathie-Erlebnis erkennt man die Natur des elementarischen Wesens oder Vorgangs. Nur soll man sich nicht vorstellen, dass die Erlebnisse der Sympathie und Antipathie bloß in bezug auf ihre Stärke, ihren Grad in Betracht kommen. Bei den Sympathie- und Antipathie-Erlebnissen in der physisch-sinnlichen Welt ist es ja in einem gewissen Sinne so, dass man nur von einer stärkeren oder schwächeren Sympathie beziehungsweise Antipathie spricht.. In der elementarischen Welt sind die Sympathien und Antipathien nicht nur durch ihre Stärke zu unterscheiden, sondern so, wie zum Beispiel in der sinnlichen Welt die Farben voneinander zu unterscheiden sind. Wie man eine vielfarbige Sinneswelt hat, so kann man eine vielartig-sympathische oder -antipathische elementarische Welt erleben. Auch dies kommt dabei noch in Betracht, dass «antipathisch» für das Reich des Elementarischen nicht den Beigeschmack hat, dass man sich von ihm innerlich abwendet; man muss da mit antipathisch einfach eine Eigenschaft des elementarischen Wesens oder Vorgangs bezeichnen, die zu einer sympathischen Eigenschaft eines anderen Vorganges oder Wesens sich ähnlich verhält, wie etwa in der Sinneswelt die blaue zu der roten Farbe.
Man könnte von einem «Sinne» sprechen, den der Mensch für die elementarische Welt in seinem ätherischen Leibe zu erwecken vermag. Dieser Sinn ist fähig, Sympathien und Antipathien in der elementarischen Welt wahrzunehmen, wie in der Sinneswelt das Auge Farben, das Ohr Töne wahrnimmt.
Und wie in der Sinneswelt der eine Gegenstand rot, der andere blau ist, so sind die Wesenheiten der elementarischen Welt so, dass die eine diese Art von Sympathie, die andere jene Art von Antipathie in die Geistesschau hereinstrahlt.
Dieses Erleben der elementarischen Welt durch Sympathien und Antipathien ist wieder nicht etwas, was nur für die übersinnlich erwachte Seele entsteht; es ist für jede Menschenseele immer vorhanden; es gehört zum Wesen der Menschenseele. Für das gewöhnliche Seelenleben ist nur das Wissen von dieser Wesenheit des Menschen nicht ausgebildet. Der Mensch trägt in sich seinen ätherischen Leib; und durch diesen hängt er hundertfaltig mit Wesenheiten und Vorgängen der elementarischen Welt zusammen. In dem einen Augenblick seines Lebens ist er in einer gewissen Art mit Sympathien und Antipathien in die elementarische Welt hineinverwoben; in einem anderen Augenblicke in einer anderen Art.
Nun kann aber die Seele nicht fortwährend als ätherische Wesenheit so leben, dass in ihr die Sympathien und Antipathien in deutlich ausgesprochener Art wirksam sind. Wie im Sinnessein der Wachzustand mit dem Schlafzustand abwechseln muss, so muss in der elementarischen Welt dem Erleben der Sympathien und Antipathien ein anderer Zustand entgegenstehen. Die Seele kann sich allen Sympathien und Antipathien entziehen und in sich selbst nur sich erleben, nur ihr eigenes Sein beachten, erfühlen. Ja, dieses Erfühlen kann eine solche Stärke erreichen, dass man von einem «Wollen» der eigenen Wesenheit sprechen kann. Es handelt sich da um einen Zustand des Seelenlebens, den man deshalb nicht leicht schildern kann, weil er in seiner reinen, ureigenen Natur von solcher Art ist, dass ihm in der Sinneswelt nichts anderes ähnlich ist als das starke, reine Ich- oder Selbstgefühl der Seele. Für die elementarische Welt kann man den Zustand so schildern, dass man sagt, die Seele fühle gegenüber der notwendigen Hingabe an die Sympathie- und Antipathie-Erlebnisse den Trieb, sich zu sagen: ich will auch ganz nur für mich; nur in mir sein. Und durch eine Art Willensentfaltung entreißt sich die Seele dem Zustande der Hingabe an die elementarischen Sympathie- und Antipathie-Erlebnisse. Für die elementarische Welt ist dieses In-sich-Leben gewissermaßen der Schlafzustand; während die Hingabe an die Vorgänge und Wesenheiten der Wachzustand ist.
Wenn die Menschenseele in der elementarischen Welt wach ist und den Willen zu dem Sich-Erleben entwickelt, also das Bedürfnis nach dem «elementarischen Schlaf» empfindet, so kann ihr dieser werden, indem sie in den Wachzustand des Sinnenerlebens mit vollentwickeltem Selbstgefühl zurücktritt. Denn dieses vom Selbstgefühl durchtränkte Erleben in der Sinneswelt ist eben der elementarische Schlaf. Er besteht in dem Losreißen der Seele von den elementarischen Erlebnissen. Es ist wörtlich richtig, dass für das übersinnliche Bewusstsein das Leben der Seele in der Sinneswelt ein geistiges Schlafen ist.
Wenn in der richtig entwickelten menschlichen Geistes-Schau das Erwachen in der übersinnlichen Welt eintritt, so bleibt die Erinnerung an die Erlebnisse der Seele in der Sinneswelt vorhanden. Diese Erinnerung muss vorhanden bleiben, sonst wären in dem hellsichtigen Bewusstsein wohl die anderen Wesenheiten und Vorgänge vorhanden, nicht aber die eigene Wesenheit. Man hätte dann kein Wissen von sich; man lebte nicht selbst geistig; es lebten in der Seele die anderen Wesenheiten und Vorgänge. Man wird, dies bedenkend, begreiflich finden, dass die richtig entwickelte Hellsichtigkeit einen großen Wert legen muss auf die Ausbildung des starken «Ich-Gefühls». Man entwickelt in diesem Ich-Gefühl mit der Hellsichtigkeit durchaus nicht etwas, was erst durch die Hellsichtigkeit in die Seele kommt; man lernt eben nur dasjenige erkennen, was in den Seelentiefen immer vorhanden ist, aber für das gewöhnliche, in der Sinneswelt verlaufende Seelenleben unbewusst bleibt.
Das starke «Ich-Gefühl» ist nicht durch den ätherischen Leib als solchen vorhanden, sondern durch die Seele, welche sich in dem physisch-sinnlichen Leib erlebt. Bringt es die Seele nicht von ihrem Erleben in der Sinneswelt in den hellsichtigen Zustand hinein mit, so wird sich ihr zeigen, dass sie für das Erleben in der elementarischen Welt nicht zureichend gerüstet ist.
Es ist dem menschlichen Bewusstsein innerhalb der Sinneswelt wesentlich, dass das Selbstgefühl der Seele (ihr Ich-Erleben), trotzdem es vorhanden sein muss, abgedämpft ist. Dadurch hat die Seele die Möglichkeit, innerhalb der Sinneswelt die Schulung für die edelste sittliche Kraft, für das Mitgefühl zu erleben. Ragte das starke Ich-Gefühl in die bewussten Erlebnisse der Seele innerhalb der Sinneswelt hinein, so könnten sich die sittlichen Triebe und Vorstellungen nicht in der richtigen Weise entwickeln. Sie könnten nicht die Frucht der Liebe hervorbringen. Die Hingabe, dieser naturgemäße Trieb der elementarischen Welt, ist nicht dem gleich zu achten, was man im menschlichen Erleben als Liebe bezeichnet. Die elementarische Hingabe beruht auf einem Sich-Erleben in dem anderen Wesen oder Vorgang; die Liebe ist ein Erleben des andern in der eigenen Seele. Um dies Erleben zur Entfaltung zu bringen, muss in der Seele über das in ihren Tiefen vorhandene Selbstgefühl (Ich-Erlebnis) gewissermaßen ein Schleier gezogen sein; und in der Seele, welche in bezug auf ihre eigenen Kräfte abgedämpft ist, ersteht dadurch das In-sich-Fühlen der Leiden und Freuden des anderen Wesens; es erkeimt die Liebe, aus der echte Sittlichkeit im Menschenleben erwächst. Die Liebe ist für den Menschen die bedeutsamste Frucht des Erlebens in der Sinneswelt. Durchdringt man das Wesen der Liebe, des Mitgefühls, so findet man in diesen die Art, wie das Geistige in der Sinneswelt sich in seiner Wahrheit auslebt. Es ist hier gesagt worden, dass es zum Wesen des Übersinnlichen gehört, sich in ein anderes zu verwandeln. Wenn das Geistige im sinnlich-physisch lebenden Menschen sich so verwandelt, dass es das Ich-Gefühl abdämpft und als Liebe auflebt, so bleibt dieses Geistige seinen eigenen elementarischen Gesetzen treu. Man kann sagen, dass mit dem übersinnlichen Bewusstsein die Menschenseele in der geistigen Welt aufwacht; man muss aber ebenso sagen, dass in der Liebe das Geistige innerhalb der Sinneswelt aufwacht. Wo Liebe, wo Mitgefühl sich regen im Leben, vernimmt man den Zauberhauch des die Sinneswelt durchdringenden Geistes. – Deshalb kann niemals die richtig entwickelte Hellsichtigkeit das Mitgefühl, die Liebe abstumpfen. Je richtiger die Seele sich in die geistigen Welten einlebt, desto mehr empfindet sie die Lieblosigkeit, den Mangel an Mitgefühl als eine Verleugnung des Geistes selbst.
Die Erfahrungen des schauend werdenden Bewusstseins zeigen in bezug auf das Vorgesagte ganz besondere Eigentümlichkeiten. Während das Ich-Gefühl – das aber für das Erleben in den übersinnlichen Welten notwendig ist – leicht sich abdämpft, oft sich wie ein schwacher, verlöschender Erinnerungsgedanke verhält, werden Gefühle des Hasses, der Lieblosigkeit, werden unsittliche Triebe zu starken Seelenerlebnissen gerade nach dem Eintritte in die übersinnliche Welt; sie stellen sich vor die Seele wie lebendig gewordene Vorwürfe hin, werden grässlich wirkende Bilder. Um dann von diesen Bildern nicht gequält zu sein, greift das übersinnliche Bewusstsein oft zu dem Auskunftsmittel, sich nach geistigen Kräften umzusehen, welche die Eindrücke dieser Bilder abschwächen. Damit aber durchdringt sich die Seele mit diesen Kräften, welche verderblich wirken auf die erworbene Hellsichtigkeit. Sie treiben diese von den guten Gebieten der geistigen Welt ab und lenken sie zu den schlechten hin.
Auf der anderen Seite sind die wahrhaftige Liebe, das rechte Wohlwollen der Seele auch solche Seelen-Erlebnisse, welche die Kräfte des Bewusstseins in dem Sinne verstärken, wie es für den Eintritt in die Hellsichtigkeit notwendig ist. Wenn davon gesprochen wird, dass die Seele eine Vorbereitung braucht, bevor sie in der übersinnlichen Welt Erfahrungen machen kann, so darf hinzugefügt werden, dass zu den mannigfaltigen Vorbereitungsmitteln auch die wahre Liebefähigkeit, die Neigung für echtes menschliches Wohlwollen und Mitgefühl gehören.
Ein übermäßig entwickeltes Ich-Gefühl in der Sinneswelt wirkt der Sittlichkeit entgegen. Ein Ich-Gefühl, welches zu schwach entwickelt ist, bewirkt, dass die Seele, die tatsächlich von den Stürmen der elementarischen Sympathien und Antipathien umkraftet ist, der inneren Sicherheit und Geschlossenheit entbehrt. Diese können nur vorhanden sein, wenn in den ätherischen Leib, der dem gewöhnlichen Leben unbewusst bleibt, ein genügend starkes Ich-Gefühl von dem sinnlich-physischen Erleben aus hineinwirkt.
Zur Entwicklung einer echt sittlichen Seelenstimmung ist aber notwendig, dass dieses Ich-Gefühl, obwohl es vorhanden sein muss, doch abgedämpft wird durch die Neigungen zu Mitgefühl und Liebe.
Von der Grenze zwischen der Sinnenwelt und den übersinnlichen Welten
Für die Erkenntnis des Verhältnisses der verschiedenen Welten kommt in Betracht, dass eine Kraft, die in einer Welt eine dem Sinne der Weltenordnung gemäße Wirkung entfalten muss, sich dann gegen diese Weltenordnung richten kann, wenn sie in einer anderen Welt zur Entfaltung kommt. So ist es für die Wesenheit des Menschen notwendig, dass in seinem ätherischen Leibe die zwei Gegenkräfte vorhanden sind: die Verwandlungsfähigkeit in andere Wesenheiten und das starke Ich- oder Selbstgefühl.
Beide Kräfte der menschlichen Seele können nicht ohne Abdämpfung von der Seele im Sinnessein zur Entfaltung gebracht werden. In der elementarischen Welt sind sie so vorhanden, dass sie durch ihren gegenseitigen Ausgleich die menschliche Wesenheit möglich machen, wie Schlaf und Wachen in der Sinneswelt das menschliche Leben möglich machen. Es könnte das Verhältnis zweier solcher Gegenkräfte nie so sein, dass die eine die andere auslöscht, sondern es muss so sein, dass beide zur Entwicklung kommen und ausgleichend aufeinander wirken.- Nun können Ich-Gefühl und Verwandlungsfähigkeit nur in der elementarischen Welt aufeinander in der angedeuteten Art wirken; in die Sinneswelt hinein kann nur das im Sinne der Weltenordnung wirken, was aus beiden Kräften in ihrem gegenseitigen Verhältnis und Zusammenwirken sich ergibt. Wenn der Grad von Verwandlungsfähigkeit, welchen ein Mensch in seinem ätherischen Leibe haben muss, in das Sinnessein hineinwirkte, so würde der Mensch seelisch sich als etwas fühlen, was er in Gemäßheit seines physischen Leibes nicht ist. Der physische Leib gibt dem Menschen in der Sinneswelt eine feste Prägung, durch die er als ein bestimmtes persönliches Wesen in diese Welt hineingestellt ist. So ist er mit seinem ätherischen Leibe nicht in die elementarische Welt hineingestellt. In dieser muss er, um in vollem Sinne Mensch sein zu können, die manigfaltigsten Formen annehmen können. Wäre ihm dieses unmöglich, so wäre er in der elementarischen Welt zur völligen Einsamkeit verdammt; er könnte von nichts als nur von sich selber etwas wissen; er fühlte sich mit keinem Wesen und keinem Vorgange verwandt. Dies aber wäre für diese Welt gleichbedeutend damit, dass die entsprechenden Wesen und Vorgänge für einen solchen Menschen nicht vorhanden wären.
Brächte aber die Menschenseele in der Sinneswelt die ihr für die elementarische Welt notwendige Verwandlungsfähigkeit zur Entwicklung, so ginge ihr die persönliche Wesenheit verloren. Eine solche Seele lebte im Widerspruch mit sich selbst. Es muss für die physische Welt die Verwandlungsfähigkeit eine in den Seelentiefen ruhende Kraft sein; eine Kraft, welche der Seele ihre Grundstimmung gibt, die aber nicht in der Sinneswelt zur Entfaltung kommt.
Das übersinnliche Bewusstsein muss sich in die Verwandlungsfähigkeit hineinleben; es könnte, wenn es dazu nicht imstande wäre, keine Beobachtungen in der elementarischen Welt machen. So eignet sich das übersinnliche Bewusstsein eine Fähigkeit an, die es nur zur Anwendung bringen soll, solange es in der elementarischen Welt sich weiß; die es aber unterdrücken muss, sobald es wieder in die Sinneswelt zurückkehrt. Es muss das übersinnliche Bewusstsein stets die Grenze der beiden Welten beachten; es muss mit Fähigkeiten, welche einer übersinnlichen Welt angemessen sind, sich nicht in der Sinneswelt betätigen. ließe die Seele, wenn sie in der Sinneswelt sich weiß, die Verwandlungsfähigkeit ihres ätherischen Leibes fortwirken, so würde sich das gewöhnliche Bewusstsein erfüllen mit Vorstellungen, welche in der Sinneswelt keiner Wesenheit entsprechen. Die Seele käme in die Verworrenheit des Vorstellungslebens hinein. Die Beachtung der Grenze zwischen den Welten ist eine notwendige Voraussetzung für die richtige Wirkung des übersinnlichen Bewusstseins.
Wer das übersinnliche Bewusstsein erreichen will, muss darauf bedacht sein, dass sich durch das Wissen von übersinnlichen Welten nichts Störendes in sein gewöhnliches Bewusstsein einschleiche.
Lernt man den «Hüter der Schwelle» kennen, so weiß man dadurch, wie es mit der Seele in der Sinneswelt steht, wie stark sie ist, um aus dem sinnlich-physischen Bewusstsein dasjenige zu verbannen, was in ihm nicht wirksam sein darf von Kräften und Fähigkeiten der übersinnlichen Welten.
Tritt man ohne die durch den «Hüter der Schwelle» vermittelte Selbsterkenntnis in die übersinnliche Welt ein, so kann man von den Erlebnissen dieser Welt überwältigt werden. Diese Erlebnisse können sich als illusionäre Bilder in das physisch-sinnliche Bewusstsein hereindrängen. Sie nehmen dann den Charakter von Sinneswahrnehmungen an; und die notwendige Folge davon ist, dass die Seele sie für Wirklichkeit hält, was sie nicht sind. Die richtig entwickelte Hellsichtigkeit wird niemals die Bilder der elementarischen Welt in dem Sinne für Wirklichkeit halten, wie das physisch-sinnliche Bewusstsein die Erlebnisse der Sinneswelt für Wirklichkeit halten muss. Die Bilder der elementarischen Welt werden durch die Verwandlungsfähigkeit der Seele erst mit der Wirklichkeit, der sie entsprechen, in den richtigen Zusammenhang gebracht.
Auch die zweite, dem ätherischen Leib notwendige Kraft – das starke Ichgefühl – darf nicht in das Leben der Seele innerhalb der Sinneswelt so hereinragen, wie sie der elementarischen Welt angemessen ist. Wenn sie es doch tut, so wird sie in der Sinneswelt zum Quell der unsittlichen Neigungen, insoferne diese mit dem Egoismus zusammenhängen.
Die Geisteswissenschaft findet an diesem Punkte ihrer Weltbetrachtung den Ursprung des «Bösen» im menschlichen Handeln. Es hieße die Weltordnung verkennen, wenn man sich dem Glauben hingäbe, dass diese Weltordnung auch ohne die Kräfte bestehen könne, welche den Quell des Bösen bilden. Wären diese Kräfte nicht vorhanden, so könnte die ätherische Wesenheit des Menschen in der elementarischen Welt nicht zur Entwicklung kommen. Diese Kräfte sind durchaus gute Kräfte, wenn sie nur in der elementarischen Welt zur Wirksamkeit kommen; sie bringen das Böse dadurch zustande, dass sie nicht in den Seelentiefen in Ruhe verbleiben und dort das Verhältnis des Menschen zur elementarischen Welt regeln, sondern dass sie in das Erleben der Seele innerhalb der Sinneswelt versetzt werden und sich dadurch in Triebe des Egoismus verwandeln. Sie wirken dann der Liebefähigkeit entgegen und werden eben dadurch die Ursprünge des unsittlichen Handelns.
Geht das starke Ich-Gefühl von dem ätherischen Leib in den physischen über, so bewirkt dies nicht nur eine Verstärkung des Egoismus, sondern auch eine Schwächung des ätherischen Leibes. Das übersinnliche Bewusstsein muss die Entdeckung machen, dass beim Eintritte in die übersinnliche Welt das notwendige Ich-Gefühl um so schwächer ist, je stärker der Egoismus im Erleben innerhalb der Sinneswelt ist. Der Egoismus macht den Menschen in seinen Seelentiefen nicht stark, sondern schwach. –
Und wenn der Mensch durch die Pforte des Todes schreitet, so tritt die Wirkung des Egoismus, welcher in dem Leben zwischen Geburt und Tod entwickelt worden ist, so ein, dass dieser die Seele schwach für die Erlebnisse der übersinnlichen Welt macht.
Von Wesen der Geistwelten
Tritt die Seele mit übersinnlichem Bewusstsein in die übersinnliche Welt ein, so lernt sie sich in dieser in einer Art kennen, von welcher sie in der Sinneswelt keine Vorstellung haben kann. Sie findet, dass sie durch ihre Verwandlungsfähigkeit Wesen erkennen lernt, die mit ihr einen größeren oder geringeren Grad von Verwandtschaft haben; sie wird aber auch gewahr, dass sie in der übersinnlichen Welt Wesen antrifft, mit welchen sie nicht nur verwandt ist, sondern mit denen sie sich auch vergleichen muss, um sich kennenzulernen. Und sie macht weiter die Beobachtung, dass diese Wesen in den übersinnlichen Welten das geworden sind, was sie selbst durch ihre Erlebnisse und Erfahrungen in der Sinneswelt geworden ist. In der elementarischen Welt treten der Menschenseele Wesen entgegen, welche innerhalb dieser Welt Kräfte und Fähigkeiten entwickelt haben, die der Mensch selbst nur dadurch entfalten kann, dass er außer seinem ätherischen Leibe und den anderen übersinnlichen Gliedern seiner Wesenheit noch den physischen Leib an sich trägt. Die Wesen, auf welche hier hingedeutet wird, haben keinen solchen physisch-sinnlichen Leib. Sie haben sich so entwickelt, dass sie durch ihren ätherischen Leib eine Seelenwesenheit haben, welche der Mensch durch den physischen Leib hat. Trotzdem sie bis zu einem gewissen Grade mit dem Menschen gleichartige Wesenheiten sind, unterscheiden sie sich von ihm dadurch, dass sie den Bedingungen der Sinneswelt nicht unterworfen sind. Sie haben keine Sinne von der Art, wie der Mensch sie hat. Ihr Wissen gleicht dem menschlichen Wissen; aber sie haben es nicht durch Sinne erworben, sondern durch eine Art Aufsteigen ihrer. Vorstellungen und ihrer anderen Seelenerlebnisse aus den Tiefen ihrer Wesenheit. Es ist ihr Innenleben gleichsam in sie gelegt; und sie holen es aus ihren Seelentiefen herauf, wie der Mensch seine Erinnerungsvorstellungen aus seinen Seelentiefen heraufholt.
Der Mensch lernt auf diese Art Wesen kennen, welche innerhalb der übersinnlichen Welt das geworden sind, was er innerhalb der Sinneswelt werden kann. In dieser Beziehung stehen diese Wesen in der Weltenordnung um eine Stufe höher als der Mensch, trotzdem sie mit ihm in der angedeuteten Weise gleichgeartet genannt werden können. Sie bilden ein über dem Menschen stehendes Wesensreich, eine über ihm in der Stufenfolge der Wesen stehende Hierarchie. Ihr ätherischer Leib ist – trotz der Gleichartigkeit – von dem ätherischen Leibe des Menschen verschieden. Während der Mensch durch die Sympathien und Antipathien seines ätherischen Leibes in den übersinnlichen Lebensleib der Erde einverwoben ist, sind diese Wesenheiten mit ihrem Seelenleben nicht an die Erde gebunden.
Beobachtet der Mensch, was diese Wesenheiten durch ihren ätherischen Leib erleben, so findet er, dass sie ähnliche Erlebnisse haben wie er in seiner Seele. Sie haben ein Denken; sie haben Gefühle und einen Willen. Aber sie entwickeln durch den ätherischen Leib etwas, was der Mensch nur durch den physischen Leib entwickeln kann. Sie kommen durch ihren ätherischen Leib zu einem Bewusstsein von ihrer eigenen Wesenheit. Der Mensch würde von einer übersinnlichen Wesenheit nichts wissen können, wenn er nicht das, was er an Kräften im physisch-sinnlichen Leib erwirbt, hinauftrüge in die übersinnlichen Welten.
Das übersinnliche Bewusstsein lernt diese Wesenheiten dadurch kennen, dass es zur Fähigkeit wird, mit Hilfe des ätherischen Menschenleibes zu beobachten. Es hebt dieses übersinnliche Bewusstsein die Menschenseele in die Welt hinauf, in welcher diese Wesenheiten ihren Wohnplatz und ihr Wirkensfeld haben. Erst wenn die Seele in dieser Welt sich selbst erlebt, treten in ihrem Bewusstsein Bilder (Vorstellungen) auf, welche eine Erkenntnis von diesen Wesen vermitteln. Denn diese Wesenheiten greifen nicht unmittelbar in die physische Welt und damit auch nicht in den physisch-sinnlichen Menschenleib ein. Sie sind für die Erlebnisse, welche durch diesen Leib gemacht werden können, nicht vorhanden. Sie sind geistige (übersinnliche) Wesen, welche die Sinneswelt gewissermaßen nicht betreten.
Wenn der Mensch die Grenze zwischen sinnlicher und übersinnlicher Welt nicht beachtet, dann kann es geschehen, dass er in sein physisch-sinnliches Bewusstsein übersinnliche Bilder hereindrängt, welche nicht der wahre Ausdruck für diese Wesenheiten sind. Diese Bilder entstehen durch ein Erleben der luziferischen und ahrimanischen Wesenheiten, welche zwar gleichartig sind mit den eben beschriebenen übersinnlichen Wesenheiten, die aber im Gegensatze zu ihnen ihren Wohnplatz und ihr Wirkensfeld in die Welt verlegt haben, welche der Mensch als Sinneswelt wahrnimmt.
Wenn der Mensch durch das übersinnliche Bewusstsein die luziferischen und ahrimanischen Wesenheiten von der übersinnlichen Welt aus betrachtet, nachdem er durch das Erlebnis mit dem «Hüter der Schwelle» die Grenze zwischen dieser Welt und dem Sinnessein richtig beachten gelernt hat, dann lernt er diese Wesen in ihrer Wahrheit kennen. Er lernt sie unterscheiden von den anderen geistigen Wesenheiten, welche innerhalb des ihrer Natur angemessenen Wirkensfeldes verblieben sind. Von diesem Gesichtspunkte aus muss die Geisteswissenschaft die luziferischen und ahrimanischen Wesenheiten schildern. Von den luziferischen Wesen zeigt sich dann, dass ihr ihnen angemessenes Wirkensfeld nicht die physisch-sinnliche, sondern in einer gewissen Beziehung die elementarische Welt ist. Wenn in die menschliche Seele das eindringt, was sich innerhalb dieser Welt wie aus deren Fluten als Bilder erhebt, und diese Bilder in dem ätherischen Leibe des Menschen belebend wirken, ohne dass sie ein illusionäres Dasein in der Seele annehmen: so kann in diesen Bildern das luziferische Wesen vorhanden sein, ohne dass seine Taten gegen die Weltordnung verstoßen. Es wirkt dieses luziferische Wesen dann befreiend auf die Menschenseele; es erhebt dieselbe über das bloße Verwobensein mit der Sinneswelt. Wenn aber die Menschenseele das Leben, das sie nur in der elementarischen Welt entfalten sollte, in die physisch-sinnliche Welt hereinzieht, wenn sie das Fühlen innerhalb des physischen Leibes beeinflusst sein lässt von Antipathien und Sympathien, die nur in dem ätherischen Leibe walten sollten, dann gewinnt das luziferische Wesen durch diese Seele einen Einfluss, der sich gegen die allgemeine Weltenordnung auflehnt. Es ist dieser Einfluss überall da vorhanden, wo in den Sympathien und Antipathien der Sinneswelt etwas anderes wirkt als jene Liebe, welche auf dem Mitfühlen des Lebens eines anderen in der Sinneswelt vorhandenen Wesens beruht. Ein solches Wesen kann geliebt werden, weil es dem Liebenden mit diesen oder jenen Eigenschaften entgegentritt, dann wird in die Liebe sich nichts von luziferischem Elemente einmischen können. Liebe, die ihren Grund in den im Sinnensein zutage tretenden Eigenschaften des geliebten Wesens hat, hält sich von luziferischem Einschlage fern. Liebe, die ihren Grund nicht in dieser Art in dem geliebten Wesen hat, sondern in dem, welches liebt, neigt zu dem luziferischen Einfluss hin. Ein Wesen, das man liebt, weil es Eigenschaften hat, zu denen man als Liebender seiner Natur nach neigt, liebt man mit dem Teil der Seele, welcher dem luziferischen Elemente zugänglich. ist.
Man sollte daher niemals sagen, das luziferische Element sei unter allen Umständen etwas Böses. Denn die Vorgänge und Wesenheiten der übersinnlichen Welten muss die Menschenseele im Sinne des luziferischen Elementes lieben. Gegen die Weltordnung wird erst verstoßen, wenn man die Art von Liebe, mit der man sich zu dem Übersinnlichen hingezogen fühlen sollte, auf das Sinnliche richtet. Die Liebe zum Übersinnlichen ruft mit Recht in dem Liebenden ein erhöhtes Selbstgefühl hervor; die Liebe, die in der Sinneswelt um eines solchen erhöhten Selbstgefühles willen gesucht wird, entspricht einer luziferischen Verlockung. Die Liebe zum Geistigen wirkt, wenn sie um des Selbstes willen gesucht wird, befreiend; die Liebe zum Sinnlichen wirkt, wenn sie wegen des Selbstes angestrebt wird, nicht befreiend; sondern sie führt durch die Befriedigung, welche durch sie erzielt wird, Fesseln für das Selbst herbei.
Die ahrimanischen Wesenheiten machen sich so für die denkende Seele geltend wie die luziferischen für die fühlende. Sie fesseln das Denken an die Sinneswelt. Sie lenken es von der Tatsache ab, dass alle Gedanken nur eine Bedeutung haben, wenn sie als ein Teil der großen Gedankenordnung der Welt sich geltend machen, welche in dem Sinnessein nicht gefunden werden kann.
In der Welt, in welche das menschliche Seelenleben eingewoben ist, muss das ahrimanische Element als notwendiges Gegengewicht gegen das luziferische vorhanden sein. Ohne das luziferische Element wurde die Seele ihr Leben in den Beobachtungen des sinnlichen Daseins verträumen und keinen Antrieb empfinden, sich über dasselbe zu erheben. Ohne die Gegenwirkung des ahrimanischen Elementes würde die Seele dem luziferischen verfallen; sie würde die Bedeutung der Sinneswelt gering achten, trotzdem sie innerhalb derselben einen Teil ihrer notwendigen Daseinsbedingungen hat. Sie würde von der Sinneswelt nichts wissen wollen. Das ahrimanische Element hat dann in der Menschenseele die rechte Bedeutung, wenn es zu einem Einleben in die Sinneswelt führt, welches dieser Welt entspricht. Wenn man diese nimmt als das, was sie ist, und sie auch entbehren kann in alledem, was an ihr vermöge ihrer Natur vorübergehend sein muss.
Es ist ganz unmöglich zu sagen, man wolle dem luziferischen und ahrimanischen Elemente dadurch nicht verfallen, dass man sie in sich ausrottet. Man könnte zum Beispiel, wenn man das luziferische Element in sich ausrottete, mit seiner Seele nicht mehr zum Übersinnlichen hin streben; man könnte, wenn man das ahrimanische Element ausrottete, nicht mehr der Sinneswelt in ihrer vollen Bedeutung gerecht werden. Man bringt sich zu dem einen dieser Elemente in das richtige Verhältnis, wenn man ihm das rechte Gegengewicht in dem anderen schafft. Alle schädlichen Wirkungen dieser Weltenwesenheiten rühren allein davon her, dass sie da oder dort unumschränkt zur Geltung kommen und nicht durch die entgegegengesetzte Kraft in die richtige Harmonie gebracht sind.
Von geistigen Weltwesenheiten
Wenn das hellsichtige Bewusstsein in der elementarischen Welt auflebt, dann findet es dort Wesenheiten, welche in derselben ein Leben entfalten können, das sich der Mensch nur innerhalb der Sinneswelt erwirbt. Diese Wesen erfühlen ihr Selbst – ihr Ich – nicht so, wie der Mensch es in der Sinneswelt erfühlt; sie durchdringen dieses Selbst viel mehr als der Mensch mit ihrem Wollen; sie wollen sich. Sie empfinden ihr Dasein als etwas, das sie sich durch ihren Willen selbst geben. Dagegen haben sie ihrem Denken gegenüber nicht das Gefühl, dass sie ihre Gedanken hervorbringen, wie sie der Mensch hervorbringt; sie fühlen alle ihre Gedanken als Eingebungen, als etwas, was nicht in ihnen, sondern in der Welt ist, und das aus der Welt in ihr Wesen hereinstrahlt. So kann für diese Wesen niemals ein Zweifel darüber entstehen, dass ihre Gedanken das Spiegelbild der über die Welt ausgegossenen Gedankenordnung sind. Sie denken nicht ihre Gedanken; sie denken die Weltgedanken. Mit ihrem Denken leben diese Wesenheiten in den Weltgedanken; aber sie wollen sich selbst. Ihr Gefühlsleben ist diesem ihrem Wollen und Denken gemäß gestaltet. Sie fühlen sich als Glied des Weltganzen; und sie fühlen die Notwendigkeit, sich so zu wollen, wie es diesem Weltganzen entspricht. –
Wenn sich die geistschauende Seele in die Welt dieser Wesen einlebt, dann kommt sie zur naturgemäßen Vorstellung ihres eigenen Denkens, Fühlens und Wollens. Diese menschlichen Seelenfähigkeiten könnten innerhalb der elementarischen Welt im ätherischen Menschenleib nicht zur Entfaltung kommen. Das menschliche Wollen würde in der elementarischen Welt nur eine schwache, traumhafte Kraft bleiben; das menschliche Denken eine verschwimmende, hinhuschende Vorstellungswelt. Ein Ich-Gefühl käme da überhaupt nicht zum Dasein. Zu alledem ist für den Menschen das Umkleidetsein mit dem physischen Leibe notwendig.
Wenn die hellsichtige Menschenseele aus der elementarischen in die eigentliche Geisteswelt aufsteigt, so erlebt sie sich in Bedingungen, die noch weiter abstehen von denjenigen der Sinneswelt als die elementarischen In der Elementenwelt erinnert noch manches an die Sinneswelt. In der geistigen Welt steht man vor völlig neuen Verhältnissen. Man kann da nichts anfangen, wenn man nur die Vorstellungen hat, welche man in der Sinneswelt gewinnen kann. Dennoch muss man als Menschenseele in der Sinneswelt das Innenleben so verstärken, dass man aus dieser Welt in die geistige das hinüberbringt, was den Aufenthalt in derselben möglich macht. Brächte man ein also verstärktes Seelenleben nicht in die Geisteswelt mit, so würde man in derselben einfach der Bewusstlosigkeit verfallen. Man könnte dann in derselben nur so gegenwärtig sein, wie etwa eine Pflanze in der Sinneswelt gegenwärtig ist. Man muss in die geistige Welt als Menschenseele alles dasjenige mitbringen, was in der Sinneswelt nicht vorhanden ist, was sich jedoch innerhalb derselben als vorhanden bezeugt. Man muss sich in der Sinneswelt Vorstellungen bilden können, zu welchen diese wohl anregt, die aber keinem Dinge oder Vorgange in derselben unmittelbar entsprechen. Alles, was dieses oder jenes Ding in der Sinneswelt abbildet, oder was diesen oder jenen sinnlichen Vorgang schildert, ist bedeutungslos in der geistigen Welt. Was man mit Sinnen wahrnehmen könnte, was man mit den Begriffen belegen könnte, die sich in der Sinneswelt anwenden lassen, ist in der Geisteswelt nicht vorhanden. Beim Eintritte in die Geisteswelt muss man alles gewissermaßen hinter sich lassen, worauf sinnliche Vorstellungen anwendbar sind. Vorstellungen aber, welche man sich in der Sinneswelt so gebildet hat, dass sie keinem sinnlichen Dinge oder Vorgange entsprechen, die sind in der Seele auch noch anwesend, wenn sie die geistige Welt betritt. Naturgemäß können unter diesen Vorstellungen solche sein, welche irrtümlich gebildet sind. Wenn diese im Bewusstsein beim Eintritte in die geistige Welt vorhanden sind, so erweisen sie sich durch ihr eigenes Dasein als nicht hingehörig. Sie wirken so, dass sie der Seele den Drang einprägen, zurückzukehren in die Sinnes- oder die elementarische Welt, um dort an die Stelle der irrtümlichen Vorstellungen die richtigen zu setzen. Was aber die Seele an richtigen Vorstellungen in die geistige Welt hineinbringt, dem strebt in dieser Welt ein Verwandtes entgegen; die Seele erfühlt in der geistigen Welt, dass dort Wesen vorhanden sind, welche mit ihrem ganzen Innensein so sind, wie innerhalb ihrer selbst nur die Gedanken sind. Diese Wesenheiten haben einen Leib, den man Gedankenleib nennen kann. In diesem Gedankenleib erleben sich diese Wesen als selbständig, wie der Mensch sich innerhalb der Sinneswelt selbständig erlebt. Von den Vorstellungen, welche sich der Mensch erwirbt, sind zunächst gewisse mit Gefühlen durchtränkte Gedanken geeignet, das Seelenleben so zu verstärken, dass es von den Wesenheiten der geistigen Welt einen Eindruck erhalten kann. Wenn das Gefühl der Hingabe, wie es für die Verwandlungsfähigkeit in der elementarischen Welt entwickelt werden muss, so verschärft wird, dass in dieser Hingabe das fremde Wesen, in das man sich verwandelt, nicht nur sympathisch oder antipathisch erfühlt wird, sondern so, dass es mit seiner Eigenart in der Seele, die sich hingibt, aufleben kann, dann tritt die Wahrnehmungsfähigkeit für die geistige Welt ein. Es spricht dann gewissermaßen das eine geistige Wesen in dieser, das andere in einer anderen Weise zur Seele. Und es entsteht ein geistiger Verkehr, der in einer Gedankensprache besteht. Man erlebt Gedanken; aber man weiß, dass man in den Gedanken Wesen erlebt. In Wesen zu leben, die in Gedanken sich nicht bloß ausdrücken, sondern die mit ihrem Eigensein in den Gedanken anwesend sind, heißt mit der Seele in der geistigen Welt leben.
Gegenüber den Wesenheiten der elementarischen Welt hat die Seele das Gefühl, dass diese Wesenheiten die Weltgedanken in ihr Eigensein hereinstrahlend haben, und dass sie sich wollen in Gemäßheit dieses in sie einstrahlenden Weltendenkens.
Gegenüber den Wesenheiten, welche nicht zur elementarischen Welt herabzusteigen brauchen, um das zu erreichen, was der Mensch erst in der Sinneswelt erreicht, sondern welche zu dieser Stufe des Daseins schon in der geistigen Welt gelangen, hat die Menschenseele das Gefühl, dass diese Wesenheiten ganz aus Gedankensubstanz bestehen, dass die Weltengedanken in sie nicht nur einstrahlen, sondern dass die Wesen selbst mit ihrem Eigensein in diesem Gedankenweben leben. Sie lassen völlig die Weltgedanken in sich lebend denken. Ihr Leben verläuft in dem Wahrnehmen der Weltgedankensprache.
Und ihr Wollen besteht darin, dass sie sich gedankenhaft zum Ausdrucke bringen können. Und dieses ihr Gedankensein wirkt wesenhaft auf die Welt zurück. Gedanken, welche Wesen sind, sprechen mit anderen Gedanken, welche auch Wesen sind.
Das menschliche Gedankenleben ist das Spiegelbild dieses geistigen Gedankenwesenlebens. In der Zeit, welche für die menschliche Seele zwischen dem Tode und einer neuen Geburt verläuft, ist sie in dieses Gedankenwesenleben so einverwoben, wie sie in der Sinneswelt in das physische Dasein einverwoben ist. Tritt die Seele durch die Geburt (beziehungsweise durch die Empfängnis) in das Sinnessein, so wirkt die Gedanken-Dauer-Wesenheit der Seele so, dass sie das Schicksal dieser Seele ausgestaltet, inspiriert. In dem menschlichen Schicksale wirkt dasjenige, was aus den der Gegenwart vorangegangenen Erdenleben von der Seele verblieben ist, so, wie die reinen Gedankenlebewesen in der Welt wirken.
Wenn das übersinnliche Bewusstsein in diese – geistige – Welt der Gedankenlebewesen eintritt, so fühlt es sich gegenüber der Sinneswelt in vollständig neuen Verhältnissen. Diese Sinneswelt steht ihr in der geistigen Welt als eine «andere Welt» gegenüber, so, wie ihr die geistige Welt in der Sinneswelt als eine andere gegenübersteht. Aber es hat diese Sinneswelt für die Geistesschau alles verloren, was von ihr innerhalb des Sinnesseins wahrgenommen werden kann. Wie verschwunden sind alle Eigenschaften, welche durch Sinne oder den an die Sinne gebundenen Verstand aufgefasst werden. Dagegen zeigt sich von dem Gesichtspunkte der geistigen Welt aus, dass die wahre, die ureigene Natur der Sinneswelt selbst geistig ist. Es treten für den Seelenblick, der von der geistigen Welt aus schaut, statt der früheren Sinneswelt geistige Wesen auf, die ihre Wirksamkeiten entfalten, und zwar so, dass durch das Zusammenströmen dieser Wirksamkeiten die Welt entsteht, welche, durch Sinne angesehen, eben zu der Welt wird, welche der Mensch in seinem eigenen Sinnessein vor sich hat Von der Geisteswelt aus gesehen, verschwinden die Eigenschaften, Kräfte, Stoffe usw. der Sinneswelt; sie enthüllen sich als bloßer Schein.
Man hat von dieser Welt aus nur noch Wesenheiten vor sich. In diesen Wesenheiten liegt die wahre Wirklichkeit.
Ähnlich ist es mit der elementarischen Welt. Auch aus dieser entschwindet für den Blick von der geistigen Welt her alles, was nicht Wesenheit selbst ist. Und die Seele fühlt, dass sie es auch in dieser Welt mit Wesenheiten zu tun hat, welche durch das Zusammenströmenlassen ihrer Wirksamkeiten ein Dasein erscheinen lassen, welches durch die Organe der Sympathie und Antipathie eben als elementarisches erscheint.
Ein wesentlicher Teil des Einlebens in die übersinnlichen Welten besteht darin, dass an die Stelle der Zustände und Eigenschaften, welche das Bewusstsein in der Sinneswelt um sich hat, Wesenheiten treten. Die übersinnliche Welt offenbart sich zuletzt als eine Welt von Wesenheiten; und was außer diesen Wesenheiten noch vorhanden ist, als Ausdruck der Taten dieser Wesenheiten. Aber auch die Sinneswelt und die elementarische Welt erscheinen als die Taten der geistigen Wesenheiten.
Von der ersten Anlage des physischen Menschenleibes
Es ist an einer vorangehenden Stelle dieser Schrift von einem dem Erdensein vorangehenden Monden- und Sonnensein gesprochen. Nur innerhalb des Mondenseins ergeben sich für das hellsichtige Bewusstsein noch Eindrücke, welche an die Eindrücke des Erdenlebens erinnern. Nicht aber können solche Eindrücke noch gewonnen werden, wenn der hellsichtige Blick zum urfernen Sonnensein der Erde zurückgewendet wird. Dieses Sonnensein offenbart sich schon ganz als eine Welt von Wesenheiten und von Taten solcher Wesenheiten. Man muss, um von diesem Sonnensein einen Eindruck zu bekommen, sich alles fernehalten, was im Bereiche des mineralischen und des pflanzlichen Lebens der Erde an Vorstellungen gewonnen werden kann. Denn solche Vorstellungen können nur noch für die Erkenntnis der früheren Zustände der Erde selbst und – die aus dem Bereich des Pflanzenlebens gewonnenen – für das langvergangene Mondendasein eine Bedeutung haben. Zum uralten Sonnensein der Erde führen Vorstellungen, welche durch das tierische und menschliche Naturreich angeregt sein können, die aber nichts von dem bloß abbilden, was für die Sinne an den Wesen dieser Reiche erscheint.
Nun findet das übersinnliche Bewusstsein des Menschen innerhalb des ätherischen Leibes wirksame Kräfte, die sich zu Bildern formen von solcher Art, dass diese Bilder zum Ausdrucke bringen, wie der ätherische Leib durch die Taten geistiger Wesenheiten innerhalb der alten Sonnenzeit seine erste Anlage im Weltengeschehen erhalten hat. Diese Anlage kann man dann durch die Mondenzeit und die Erdenzeit in ihrer Entwicklung weiter verfolgen. Man findet, dass sie sich da umgewandelt hat und durch die Umwandlung zu dem geworden ist, was gegenwärtig als ätherischer Leib des Menschen wirksam sich bezeugt.
Der physische Leib des Menschen erfordert zu seinem Verständnis noch einer anderen Betätigung des menschlichen Bewusstseins. Zunächst erscheint er wie ein äußerer Abdruck des ätherischen Leibes.
Der genauen Betrachtung ergibt sich aber, dass der Mensch im Sinnessein niemals zu einer vollen Entfaltung seiner Wesenheit kommen könnte, wenn der physische Leib nichts anderes wäre als nur die sinnlich-physische Offenbarung des ätherischen Leibes. Es wurde, wenn dies der Fall wäre, ein bestimmtes Wollen, Fühlen und Denken des Menschen zustande kommen, nicht aber könnte das Denken, Fühlen und Wollen so zusammengefasst werden, dass in der Seele des Menschen das Bewusstsein entsteht, das sich im «Ich-Erlebnis» ausdrückt. Dies zeigt sich ganz besonders klar, wenn sich das Bewusstsein zu der Eigenschaft des Geistschauens hin entwickelt. Für den Menschen kann dieses Ich-Erlebnis zuerst nur in der Sinneswelt eintreten, wenn er von seinem physisch-sinnlichen Leib umhüllt ist. Von da aus kann er es dann in die elementarische Welt und in die geistige Welt hineintragen und seinen ätherischen und astralischen Leib damit durchdringen. Der Mensch hat eben einen ätherischen und astralischen Leib, in welchen sich das Ich-Erlebnis zunächst nicht bildet. Er hat einen physisch-sinnlichen Leib, in dem dieses Erlebnis auftreten kann. Wenn nun der physisch-sinnliche Menschenleib von der geistigen Welt aus betrachtet wird, so zeigt sich, dass in ihm etwas Wesenhaftes vorhanden ist, was selbst von dieser geistigen Welt aus sich nicht völlig in seiner Wahrheit offenbart. Betritt das Bewusstsein als hellsichtiges die geistige Welt, so lebt sich die Seele in die Welt der Gedanken-Wesenhaftigkeit ein; allein das Ich-Erlebnis, wie es durch entsprechend verstärkte Seelenkraft in diese Welt hineingetragen werden kann, ist nicht bloß aus Weltgedanken gewoben; es fühlt in der Welt der Weltgedanken noch nicht dasjenige, welches in dem Umkreis ein Gleiches mit der eigenen Wesenheit zeigt. Die Seele muss, um solches zu fühlen, den Weg in das Übersinnliche noch weiter fortsetzen. Sie muss zu Erlebnissen kommen, in welchen sie auch von Gedanken verlassen ist, so dass alle Sinneserlebnisse und auch alle Erlebnisse des Denkens, Fühlens und Wollens gewissermaßen auf ihrem Wege in das Übersinnliche hinter ihr liegen.
Dadurch erst fühlt sie sich dann eins mit einer Wesenhaftigkeit, die so der Welt zugrunde liegt, dass sie allem vorangeht, was der Mensch als Sinnes-, als ätherisches, als astralisches Wesen beobachten kann.
Der Mensch erfühlt sich dann in einem noch höheren Gebiete, als die ihm schon vorher bekannte geistige Welt eines ist. Es soll diese Welt, in welcher sich nur das «Ich» erleben kann, die übergeistige Welt genannt werden. Von dieser Welt aus erscheint auch das Gebiet der Gedanken-Wesenhaftigkeit noch als eine äußere Welt. Ist das übersinnliche Bewusstsein in diese Welt versetzt, so macht es eine Erfahrung, welche etwa in der folgenden Art sich charakterisieren lässt. Man gelangt zu dieser Charakteristik, wenn man den Weg des übersinnlichen Bewusstseins durch die verschiedenen Stufen hindurch verfolgt. Erfühlt sich die Seele in ihrem ätherischen Leibe und sind die elementarischen Vorgänge und Wesenheiten ihre Umwelt, so weiß sie sich außer dem physischen Leibe; aber dieser physische Leib bleibt als Wesenheit vorhanden, obwohl er, von außen gesehen, sich verwandelt zeigt. Er löst sich vor dem Geistesblick gewissermaßen auf in einen Teil, der als der Ausdruck von Taten geistiger Wesenheiten sich darstellt, welche vom Beginne des Erdenseins bis zur Gegenwart wirksam waren, und in einen anderen Teil, welcher der Ausdruck ist für etwas, das schon während des alten Mondenzustandes der Erde vorhanden war. So bleibt es, solange das Bewusstsein sich nur in der elementarischen Welt erlebt. Es kann in dieser Welt das Bewusstsein gewahr werden, wie der Mensch als physisches Wesen während des alten Mondenzustandes gebildet war. Betritt das Bewusstsein die geistige Welt, so löst sich von dem physischen Leibe wieder ein Teil ab. Es ist derjenige, welcher während des Mondenzustandes durch die Taten geistiger Wesenheiten gebildet worden ist. Aber es bleibt ein anderer Teil zurück. Es ist derjenige, welcher schon während des Sonnenzustandes der Erde als die damalige physische Wesenheit des Menschen vorhanden war. Doch bleibt auch von dieser physischen Wesenheit noch etwas zurück, wenn alles vom Gesichtspunkte der geistigen Welt aus in Betracht gezogen werden kann, was während der Sonnenzeit durch Taten geistiger Wesenheiten geschehen ist. Was da noch zurückbleibt, offenbart sich erst als die Tat geistiger Wesenheiten von der übergeistigen Welt aus. Es offenbart sich als schon vorhanden im Beginne der Sonnenzeit. Man muss zu einem Zustande der Erde vor ihrer Sonnenzeit zurückgehen. In meiner «Geheimwissenschaft» versuchte ich zu rechtfertigen, warum man diesen Zustand des Erdenseins den «Saturnzustand» der Erde nennen kann. Die Erde war in diesem Sinne «Saturn», bevor sie Sonne geworden ist. Und während dieses Saturnzustandes ist die erste Anlage des physischen Menschenleibes aus dem allgemeinen Weltprozesse heraus durch die Taten geistiger Wesenheiten entstanden. Diese Anlage hat sich dann während der folgenden Sonnen-, Monden- und Erdenzeit so umgebildet durch die hinzutretenden Taten anderer geistiger Wesenheiten, dass der gegenwärtige physische Menschenleib geworden ist.
Von dem «wahren Ich» des Menschen
Erlebt sich die Seele in ihrem astralischen Leibe und hat sie die Gedankenlebewesen zu ihrer Umwelt, so weiß sie sich außer dem physischen und auch außer dem ätherischen Leibe. Sie erfühlt dann aber auch, wie ihr Denken, Fühlen und Wollen einem eingeschränkten Gebiet der Welt angehören, während sie ihrer ureigenen Wesenheit nach noch mehr umfassen könnte, als ihr in diesem Gebiete zuerteilt ist. Die hellsichtig gewordene Seele kann sich innerhalb der geistigen Welt sagen : In der Sinneswelt bin ich beschränkt auf dasjenige, was mir der physische Leib zu beobachten gestattet; in der elementarischen Welt bin ich durch den ätherischen Leib eingeschränkt; in der geistigen Welt bin ich dadurch begrenzt, dass ich mich gewissermaßen auf einer Welteninsel befinde und nur bis zu deren Ufern mein geistiges Dasein erfühle; jenseits dieser Ufer ist eine Welt, die ich wahrnehmen könnte, wenn ich durch den Schleier mich hindurcharbeitete, welcher mir durch die Taten der Gedankenlebewesen vor das Geistesauge gewoben wird. Die Seele kann sich durch diesen Schleier hindurcharbeiten, wenn sie die Fähigkeit der Hingabe, die ihr schon für das Leben in der elementarischen Welt notwendig ist, immer weiter und weiter entwickelt. Sie hat nötig, ihre Kräfte, wie sie ihr durch das Erleben in der physisch-sinnlichen Welt erwachsen, immer mehr zu verstärken, um in den übersinnlichen Welten vor der Abdämpfung, Trübung, ja Vernichtung des Bewusstseins bewahrt zu sein. In der physisch-sinnlichen Welt braucht die Seele nur die ihr naturgemäß, ohne ihre eigene seelische Arbeit, zuerteilte Kraft, um in sich Gedanken erleben zu können. In der elementarischen Welt dämpfen sich die Gedanken zu traumähnlichen Erlebnissen herab, die im Entstehen sogleich dem Vergessenwerden anheimfallen, das heißt überhaupt nicht bewusst werden, wenn die Seele nicht vor ihrem Eintritte in diese Welt an der Erkraftung ihres inneren Lebens arbeitet. Sie muss dazu besonders die Willenskraft verstärken, denn in der elementarischen Welt ist ein Gedanke eben nicht mehr bloß Gedanke; er hat innere Regsamkeit, eigenes Leben. Er will durch den Willen festgehalten werden, wenn er sich dem Umkreis des Bewusstseins nicht entziehen soll. In der geistigen Welt sind die Gedanken vollends selbständige Lebewesen. Sollen sie im Bewusstsein verbleiben, so muss die Seele so erkraftet sein, dass sie selbst die Kraft in ihrem Innern entfaltet, die ihr in der Sinneswelt der physische Leib entfaltet, in der elementarischen die Sympathien und Antipathien des ätherischen Leibes. Auf alles dieses muss sie in der geistigen Welt verzichten. Da sind ihr die Erlebnisse der Sinneswelt und der elementarischen Welt nur wie Erinnerungen gegenwärtig. Und sie ist. selbst außerhalb dieser beiden Welten. Um sie ist die geistige Welt. Diese macht auf den astralischen Leib zunächst keinen Eindruck. Die Seele muss lernen, für sich selbst von ihren Erinnerungen zu leben. Ihr Bewusstseinsinhalt ist zuerst nur der: ich bin gewesen, und ich stehe jetzt dem Nichts gegenüber. Aber wenn die Erinnerungen aus solchen Seelenerlebnissen kommen, die nicht bloß Abbilder sinnlicher oder elementarischer Vorgänge sind, sondern von diesen angeregte freie Gedankenerlebnisse darstellen, so beginnt in der Seele ein Gedankengespräch zwischen den Erinnerungen und dem vermeintlichen «Nichts» der geistigen Umwelt. Und was als Ergebnis dieses Gesprächs entsteht, wird Vorstellungswelt im Bewusstsein des astralischen Leibes. Die Kraft, welche die Seele in diesem Punkte ihrer Entwicklung nötig hat, ist eine solche, welche sie fähig macht, am Ufer der ihr bisher allein bekannten Welt zu stehen und zu ertragen, dem vermeintlichen Nichts gegenüberzutreten. Für das Seelenleben ist zuerst dieses vermeintliche Nichts durchaus ein wahres Nichts. Doch hat die Seele immerhin gewissermaßen hinter sich die Welt ihrer Erinnerungen. Sie vermag sich an diese Erinnerungen wie anzuklammern. Sie vermag in ihnen zu leben. Und je mehr sie in ihnen lebt, desto mehr verstärkt sie die Kräfte des astralischen Leibes.
Mit dieser Verstärkung beginnt aber das Gespräch zwischen ihrem vergangenen Dasein und den Wesenheiten der geistigen Welt. Sie lernt sich in diesem Gespräch als astralische Wesenheit erfühlen. Mit einem Ausdrucke, der alten Traditionen entspricht, kann man sagen: Die Menschenseele erlebt sich als astralische Wesenheit innerhalb des Weltenwortes. Mit dem Weltenwort sind da gemeint die Gedankentaten der Gedankenlebewesen, welche wie lebendige Geistergespräche sich in der geistigen Welt abspielen. Aber durchaus so, dass diese Geistergespräche für die geistige Welt dasselbe sind, was Taten für die Sinneswelt sind.
Will nun die Seele in die übergeistige Welt übertreten, so muss sie durch ihren eigenen Willen ihre Erinnerungen aus der physischen und der elementarischen Welt austilgen. Sie kann das nur, wenn sie aus dem Geistergespräch die Sicherheit gewonnen hat, dass sie ihr Dasein nicht völlig verlieren werde, wenn sie alles das in sich vertilgt, was ihr bisher das Bewusstsein dieses Daseins gegeben hat. Die Seele muss in der Tat sich vor einen geistigen Abgrund stellen, und an demselben den Willensimpuls fassen, ihr Wollen, Fühlen und Denken zu vergessen. Sie muss auf ihre Vergangenheit in ihrem Bewusstsein verzichten. Man könnte diesen Entschluss, der hier notwendig ist, ein Herbeiführen des vollständigen Bewusstseinsschlafes durch den eigenen Willen, nicht durch Verhältnisse des physischen oder des ätherischen Leibes, nennen. Nur muss man diesen Entschluss so denken, dass er nicht das Ziel hat, nach einer Pause der Bewusstlosigkeit dasselbe Bewusstsein wieder herbeizuführen, das vorher da war, sondern so, dass durch ihn dieses Bewusstsein wirklich sich zunächst durch den eigenen Willensentschluss in das Vergessen eintaucht. Man muss bedenken, dass dieser Vorgang weder in der physischen noch in der elementarischen Welt, sondern nur in der geistigen Welt möglich ist. In der physischen Welt ist die Vernichtung möglich, welche als Tod auftritt; in der elementarischen Welt gibt es keinen Tod. Der Mensch, insoferne er der elementarischen Welt angehört, kann nicht sterben; er kann sich nur in eine andere Wesenheit verwandeln. In der geistigen Welt ist im strengen Sinn des Wortes auch keine entschiedene Verwandlung möglich; denn in was immer sich das Menschenwesen auch verwandeln mag, in der geistigen Welt offenbart sich die erlebte Vergangenheit als eigenes bewusstes Dasein. Soll dieses Erinnerungsdasein innerhalb der geistigen Welt hinschwinden, so muss es von der Seele durch einen Willensentschluss selbst in die Vergessenheit versenkt werden. Das übersinnliche Bewusstsein kann zu diesem Willensentschluss kommen, wenn es sich die nötige Seelenstärke erobert hat. Kommt es dazu, dann taucht ihm aus dem selbst hervorgerufenen Vergessen die wahre Wesenheit des «Ich» auf. Die übergeistige Umwelt gibt der Menschenseele das Wissen von diesem «wahren Ich». So wie sich das übersinnliche Bewusstsein in dem ätherischen und in dem astralischen Leibe erleben kann, so kann es sich auch in dem «wahren Ich» erleben.
Dieses «wahre Ich» wird durch die Geistes-Anschauung nicht erzeugt; es ist für jede Menschenseele in deren Tiefen vorhanden. Das übersinnliche Bewusstsein erlebt bloß wissend, was für jede Menschenseele eine nicht bewusste, aber zu ihrer Wesenheit gehörige Tatsache ist.
Nach dem physischen Tode lebt sich der Mensch allmählich in die geistige Umwelt ein. Innerhalb derselben taucht zunächst sein Wesen mit den Erinnerungen aus der Sinneswelt auf. Er kann da, obwohl er die Unterstützung des physisch-sinnlichen Leibes nicht hat, doch bewusst in diesen Erinnerungen leben, weil sich in dieselben die ihnen entsprechenden Gedankenlebewesen einverleiben, so dass die Erinnerungen nicht mehr das bloße Schattendasein haben, welches ihnen in der physisch-sinnlichen Welt eigen ist. Und in einem bestimmten Zeitpunkte zwischen dem Tode und einer neuen Geburt wirken die Gedankenlebewesen der geistigen Umwelt so stark, dass dann ohne Willensimpuls das geschilderte Vergessen herbeigeführt wird. Und mit demselben taucht das Leben in dem «wahren Ich» auf. Das hellsichtige Bewusstsein führt durch Erkraftung des Seelenlebens dasjenige als freie Geistestat herbei, was für das Erleben zwischen Tod und neuer Geburt gewissermaßen ein naturgemäßes Ereignis ist. Jedoch kann innerhalb des physisch-sinnlichen Erlebens nie eine Erinnerung an vorhergehende Erdenleben eintreten, wenn nicht innerhalb dieser Erdenleben die Vorstellungen auf die geistige Welt gelenkt worden sind. Man muss ja stets von etwas vorher gewusst haben, an das später eine deutlich erkennbare Erinnerung auftauchen soll. So muss man auch in einem Erdenleben sich ein Wissen erwerben von sich als einem geistigen Wesen, wenn man mit Recht erwarten will, dass man in einem nächsten Erdenleben an ein vorhergehendes sich erinnern könne. Doch braucht dieses Wissen nicht durch Hellsichtigkeit erworben zu sein. Wer durch Hellsichtigkeit sich ein unmittelbares Wissen von der geistigen Welt erwirbt, in dessen Seele kann in den Erdenleben, welche auf dasjenige folgen, in dem er dieses Wissen erlangt, eine Erinnerung an das vorige so auftreten, wie im Sinnessein die Erinnerung an etwas Selbsterlebtes sich einstellt. Wer mit Verständnis in die Geisteswissenschaft auch ohne Geistes-Anschauung eindringt, für den tritt diese Erinnerung so ein, dass sie einer solchen im Sinnessein sich vergleichen lässt, welche man von einem Ereignis bewahrt, von dem man nur eine Schilderung angehört hat.
Zusammenfassung des Vorangehenden
Der Mensch trägt in sich ein «wahres Ich», welches einer übergeistigen Welt angehört. Dieses «wahre Ich» ist in der Sinneswelt wie verdeckt durch die Erlebnisse des Denkens, Fühlens und Wollens. Selbst noch in der geistigen Welt wird der Mensch dieses «wahren Ich» erst bewusst, wenn er die Erinnerungen an alles in sich austilgt, was er durch sein Denken, Fühlen und Wollen erleben kann. Aus dem Vergessen des in der Sinnes-, der elementarischen und der geistigen Welt Erlebten taucht das Wissen von dem «wahren Ich» auf.
Der physisch-sinnliche Menschenleib offenbart sich, seiner wahren Wesenheit nach, wenn ihn die Seele von der übergeistigen Welt aus betrachtet. Da zeigt sich, dass er seine erste Anlage aus dem allgemeinen Weltprozesse heraus in einem dem Sonnenzustande der Erde vorangegangenen Saturnzustande erhalten hat. Er hat sich dann durch den Sonnen-, Monden- und Erdenzustand hindurch zu dem entwickelt, was er gegenwärtig als physischer Menschenleib ist.
Schematisch kann man nach dem Vorangehenden die gesamte Wesenheit des Menschen so betrachten:
- I. Den physischen Leib in der physisch-sinnlichen Umwelt. Durch ihn erkennt sich der Mensch als selbständiges Eigenwesen (Ich). Dieser physische Leib hat sich aus dem allgemeinen Weltensein in seiner ersten Anlage während eines langvergangenen Saturnzustandes der Erde gebildet und ist durch seine Entwicklung in vier planetarischen Verwandlungen der Erde zu dem geworden, was er gegenwärtig ist.
- II. Den feinen, ätherischen Leib in der elementarischen Umwelt. Durch ihn erkennt sich der Mensch als Glied des Erdenlebensleibes. Er ist in seiner ersten Anlage während eines langvergangenen Sonnenzustandes der Erde aus dem allgemeinen Weltensein heraus gebildet und ist durch seine Entwicklung in drei planetarischen Verwandlungen der Erde zu dem geworden, was er gegenwärtig ist.
- III. Den astralischen Leib in einer geistigen Umwelt. Durch ihn ist der Mensch das Glied einer geistigen Welt. In ihm liegt das «andere Selbst» des Menschen, welches sich in den wiederholten Erdenleben zum Ausdrucke bringt.
- IV. Das «wahre Ich» in einer übergeistigen Umwelt. In diesem findet der Mensch sich als geistiges Wesen selbst dann, wenn alle Erlebnisse der Sinnes-, der elementarischen und der geistigen Welt, also alle Erlebnisse der Sinne, des Denkens, Fühlens und Wollens der Vergessenheit anheimfallen.
Bemerkungen über das Verhältnis des in dieser Schrift Geschilderten zu der Darstellung in meiner «Theosophie» und «Geheimwissenschaft»
Namen, welche die Erlebnisse der menschlichen Seele in der elementarischen und in der geistigen Welt ausdrücken sollen, werden sich den Eigentümlichkeiten dieser Erlebnisse anpassen müssen.
Man wird bei solcher Namengebung zu berücksichtigen haben, dass das Erleben schon in der elementarischen Welt in ganz anderer Art verläuft als in der Sinneswelt. Es beruht dies Erleben da auf der Verwandlungsfähigkeit der Seele und ihrem Beobachten von Sympathien und Antipathien.
Notwendigerweise wird die Namengebung etwas von dem Wechselvollen dieser Erlebnisse annehmen müssen. Sie wird nicht so starr sein können, wie sie für die Sinneswelt sein muss. Wer dieses in der Natur der Sache Liegende nicht berücksichtigt, wird leicht einen Widerspruch in der Namengebung dieser Schrift und derjenigen in meiner «Theosophie» und «Geheimwissenschaft» finden können. Der Widerspruch löst sich auf, wenn man bedenkt, dass in diesen beiden Schriften die Namen so gewählt sind, dass sie die Erlebnisse der Seele charakterisieren, welche diese bei ihrer vollen Entwicklung zwischen Geburt (Empfängnis) und Tod einerseits und zwischen Tod und Geburt andrerseits hat. Hier jedoch sind die Namen mit Rücksicht auf die Erlebnisse gemacht, welche das hellsichtige Bewusstsein hat, wenn es die elementarische Welt und die geistigen Gebiete betritt.
Man ersieht aus «Theosophie» und «Geheimwissenschaft», dass bald nach dem Ablösen des physisch-sinnlichen Leibes von der Seele mit dem Tode auch derjenige Leib von ihr abgelöst wird, welcher in dieser Schrift der ätherische genannt ist. Die Seele lebt dann zunächst in der Wesenheit, welche hier als der astralische Leib bezeichnet ist. Der ätherische Leib verwandelt sich nach seiner Ablösung von der Seele innerhalb der elementarischen Welt. Er geht in die Wesenheiten über, welche diese elementarische Welt bilden. Bei dieser Verwandlung des ätherischen Leibes ist die Seele des Menschen nicht mehr dabei. Wohl aber erlebt die Seele als ihre Außenwelt nach dem Tode die Vorgänge dieser elementarischen Welt. Dieses Erleben der elementarischen Welt von außen ist in «Theosophie» und «Geheimwissenschaft» als Durchgang der Seele durch die Seelenwelt geschildert. Man wird sich also vorstellen müssen, dass diese Seelenwelt die gleiche ist mit der, welche hier, vom Gesichtspunkte des übersinnlichen Bewusstseins aus, die elementarische genannt wird.
Wenn dann die Seele in der Zwischenzeit zwischen Tod und Geburt – im Sinne des in meiner «Theosophie» Geschilderten – sich von ihrem astralischen Leibe löst, so lebt sie weiter in der Wesenheit, welche hier als das «wahre Ich» bezeichnet ist. Der astralische Leib macht dann für sich, so dass die Seele nicht mehr dabei ist, dasjenige durch, was hier als das «Vergessen» charakterisiert worden ist. Er stürzt sich gewissermaßen in eine Welt, in welcher nichts ist von dem, was mit Sinnen beobachtet werden kann, oder was so erlebt wird, wie das Wollen, Fühlen und Denken erleben, welche der Mensch im Sinnesleibe entwickelt. Diese Welt durchlebt dann als ihre Außenwelt die in dem «wahren Ich» fortbestehende Seele. Wenn man das Erleben in dieser Außenwelt kennzeichnen will, so kann man dieses so, wie es in «Theosophie» und «Geheimwissenschaft» bei der Schilderung des Durchgangs durch das «Geistgebiet» geschehen ist. Die im «wahren Ich» sich erlebende Seele hat dann innerhalb der geistigen Welt um sich dasjenige, was sich in ihr während des Sinnesseins als Seelenerlebnisse gebildet hat. Innerhalb der Welt, welche hier als diejenige der Gedankenlebewesen geschildert ist, findet die Seele zwischen Tod und neuer Geburt alles, was sie selbst in ihrem Innensein durch ihr Sinneswahrnehmen und durch ihr Denken, Fühlen und Wollen im Sinnessein erlebt hat.
Nachwort zur Neuausgabe 1918
Wenn die Seele sich die Fähigkeit erwerben will, in die übersinnliche Welt erkennend einzudringen, so muss sie zunächst ihre Kräfte dadurch erstarken, dass sie von innen heraus eine Tätigkeit entfaltet, die im Grunde eine vorstellende ist. Aber dieses Vorstellen darf nicht bloß in der Stärke ausgeübt werden, in welcher es sich im gewöhnlichen Bewusstsein im Anschluss an das sinnliche Wahrnehmen und dieses begleitend entfaltet. Da ist das Vorstellen von einer viel geringeren Stärke als das Wahrnehmen.
Bloß in dieser Stärke geübt, könnte es nie Fähigkeiten zum Eintritte der Seele in die übersinnliche Welt entwickeln. Es muss, obgleich es bloßes Vorstellen bleibt, sich erkraften zu der Stärke des Wahrnehmens selbst. Es muss nicht im Weben schattenhafter Nachbilder des Anschaulichen verbleiben. Es muss sich selbst zur Anschaulichkeit, zur Bildhaftigkeit verdichten. Man schafft lebendige Bilder. Aber es kommt nicht darauf an, mit der Seelenkraft bloß in diesen Bildern zu verweilen. Man lenkt die Aufmerksamkeit von den Bildern ab und der eigenen bilderschaffenden Tätigkeit zu. Dadurch findet man sich in einem innerlich erkrafteten Selbstbewusstsein; man bemerkt aber auch, wenn man diese innere Seelenübung immer wieder aufgenommen hat, nach Wochen, Monaten oder auch nach längerer Zeit, dass man durch diese Erfassung seines erkrafteten Selbstbewusstseins in Zusammenhang mit einer übersinnlichen Welt gekommen ist. Erst ist die Berührung mit dieser eine chaotische, eine, die wie in allgemeinen Gefühlseindrücken erlebt wird. Nach und nach aber gestaltet sich aus dem Chaotischen eine in sich differenzierte objektive Bilderwelt heraus. Man wird gewahr, dass man sich durch die Übung des Bildergestaltens dazu fähig gemacht hat, dass fortan eine äußere geistige Wirklichkeit mit dem erstarkten Selbstbewusstsein Bilder webt, die sich in ihrer eigenen Offenbarung als Abbilder einer objektiven übersinnlichen Welt darstellen. (Dies ist, genauer beschrieben, die Erfahrung der Menschenseele mit den Bildgeweben, welchen die Seele auf ihrem Wege in die geistige Welt begegnet und von denen auf Seite 18 dieser Schrift gesprochen ist.) Indem sich der nach dem übersinnlichen Bewusstsein Strebende diese Vorgange in deutlichem inneren Erleben anschaulich macht, hat er an ihnen die untrügliche Möglichkeit, im Felde des Übersinnlichen die Wirklichkeit zu erkennen und sie von bloßen Illusionen der wähnenden Phantasie zu unterscheiden.
Seite 19 dieser Schrift wird gesagt, die Bilder des im Anfange übersinnlichen Erlebens stehenden Bewusstseins «seien zunächst wie ein Vorhang, welchen sich die Seele vor die übersinnliche Welt hinstellt, wenn sie sich von derselben berührt fühlt». Von einem solchen «Vorhange» muss man sprechen. Denn im Anfange dienen die Bilder nur dazu, das eigene Selbstbewusstsein in die übersinnliche Welt hineinzuheben. Man erfühlt sich durch sie als Geistwesen, aber man schaut durch sie noch keine objektive übersinnliche Außenwelt. Es ist, wie wenn man im Sinnesleibe Augen hätte, die man wohl als Glied des eigenen Organismus fühlt, die aber in sich nicht aufgehellt sind, so dass die Außenwelt nicht ihre Wirkungen in sie hinein entfalten kann. Man muss die in der Seele webenden Bilder gewissermaßen durch das fortdauernde Sich-Betätigen in ihnen geistig durchsichtig werden lassen. Sie werden dieses nach und nach durch ihre eigene Entwicklung. Sie werden so, dass man sie nicht schaut, sondern sie nur als in der Seele lebend fühlt, aber durch sie das Wesenhafte der übersinnlichen Wirklichkeit wahrnimmt.
Beim Eintritt in die übersinnliche Welt ist einer der ersten Wahrnehmungseindrücke der, dass man sich durch sein in diese Welt hinaufgehobenes Selbstbewusstsein in Sympathien und Antipathien mit den Wesenheiten dieser Welt verbunden schaut. (Vgl. S. 54 ff. dieser Schrift.) Man bemerkt bereits an den dadurch gemachten Erlebnissen, dass man auch mit Bezug auf sein Vorstellen die sinnliche Welt verlassen muss, wenn man in die übersinnliche wirklich eintreten will. Man kann, was man im Übersinnlichen schaut, wohl beschreiben durch Vorstellungen, die aus der sinnlichen Welt genommen sind. Man kann zum Beispiel sprechen davon, dass ein Wesen wie durch eine Farbenerscheinung sich offenbare. Allein, wer solche Beschreibungen des übersinnlich Wesenhaften entgegennimmt, sollte nie außer acht lassen, dass der wirkliche Geistesforscher mit der Angabe einer solchen Farbe meint: er erlebe etwas, was von ihm seelisch so erfahren wird, wie die Wahrnehmung der betreffenden Farbe durch das sinnliche Bewusstsein.
Wer mit seiner Schilderung zum Ausdruck bringen will: er habe vor dem Bewusstsein etwas, das gleich ist der sinnlichen Farbe, der ist nicht ein Geistesforscher, sondern ein Visionär oder ein Halluzinierender. Aber mit den Erlebnissen der Sympathie und Antipathie hat man die ersten übersinnlichen Wahrnehmungseindrücke der übersinnlichen Welt wirklich vor sich.
Es gibt Menschen, die gerade dadurch enttäuscht sind, dass der Geistesforscher ihnen sagen muss, wenn er sich durch Vorstellungen ausspricht, die vom sinnlichen Erleben hergenommen sind, so meine er nur Veranschaulichungen des von ihm Geschauten. Denn solche Menschen streben eigentlich nicht darnach, eine von der sinnlichen unterschiedene übersinnliche Welt kennenzulernen, sondern sie wollen eine Art Doppelgänger der sinnlichen als übersinnliche Welt anerkennen. Diese übersinnliche soll feiner, «ätherischer» sein als die sinnliche; aber im übrigen soll sie nur ja nicht die Anforderung erheben, auch durch andere Vorstellungen ergriffen werden zu müssen als die sinnliche. Wer aber wirklich der geistigen Welt sich nähern will, der muss sich auch dazu bequemen, neue Vorstellungen zu erwerben. Wer nur ein verdünntes, dunstartiges Abbild der sinnlichen Welt vorstellen will, der kann die übersinnliche nicht erfassen.
Die Erinnerungskraft, welche in dem Seelenleben des gewöhnlichen Bewusstseins eine hervorragende Rolle spielt, kommt als ausgeübte menschliche Fähigkeit beim Wahrnehmen der übersinnlichen Welt nicht in Betracht. (Man muss dies berücksichtigen, damit man das auf Seite 57 f. dieser Schrift Gesagte nicht missverstehe.) Diese Erinnerungskraft hat die menschliche Seele in ihrem Leben in der physischen Welt, indem sie ihre Tätigkeiten in dieser durch ihre Leibesorganisation ausübt Steht die in die übersinnliche Welt hineingehobene Seele den Wesen und Vorgängen dieser Welt gegenüber, so übt sie die Erinnerungskraft nicht aus. Sie wurde zunächst, was in dieser Welt vor ihr steht, nur anschauen, ohne dass eine Erinnerung verbliebe an die Eindrücke, wenn sie wieder in ihren Leib untertaucht. Aber es bleibt dabei doch nicht. Die Seele nimmt aus ihrem Erleben in der physischen Welt einen Nachklang der Erinnerungsfähigkeit mit, und dadurch vermag sie im übersinnlichen Erleben zu wissen: ich bin hier im Geistigen dieselbe, die ich dort im Sinnlichen bin. Diese Erinnerungsfähigkeit ist ihr notwendig, weil ihr sonst der Zusammenhang im Selbstbewusstsein verlorenginge. Außerdem aber erlangt das in die übersinnliche Welt hinaufgehobene Selbstbewusstsein auch noch die Fähigkeit, die in dieser Welt erlebten Eindrücke so umzuwandeln, dass sie im Leibe Eindrücke machen von der gleichen Art wie die sinnlichen Eindrücke der physischen Welt. Und dadurch ist es möglich, dass die Seele sich eine Art Erinnerung an das im Übersinnlichen Erlebte bewahrt. Sonst würde dieses Erlebte stets vergessen werden.
Während aber die Eindrücke der physischen Welt so auf den Menschen wirken, dass er sie später erinnern kann durch dasjenige, was sie selbst in ihm bewirkt haben, muss er im Bereich des Übersinnlichen mit den Erlebnissen selbst eine solche Verrichtung vornehmen, die es ermöglicht, dass er später auch im gewöhnlichen Bewusstsein von ihnen weiß. In den übersinnlichen Erlebnissen muss eben alles im vollen Lichte des Bewusstseins ablaufen. Immerhin hat der Geistesforscher Schwierigkeit mit dem erinnerungsmäßigen Behalten seiner im Übersinnlichen gemachten Erfahrungen. Er kann nicht leicht anderen Menschen «bloß aus dem Gedächtnisse» erzählen, was er weiß; er ist oft genötigt, wenn dies von ihm verlangt wird, in seiner Seele die Bedingungen wiederherzustellen, unter denen er die zu schildernde Erfahrung gemacht hat, um das Geschaute wieder zu schauen, wenn er sich darüber aussprechen soll.
Auch die Beziehung der im Übersinnlichen erlebten Bildet auf die ihnen entsprechende Wirklichkeit (vgl. S. 63 f dieser Schrift) ist kein solch einfacher Vorgang wie die Beziehungen eines seelischen Eindruckes auf einen sinnlichen Gegenstand oder Vorgang. Im Übersinnlichen muss das Bewusstsein diese Beziehung voll durchschauen. Es ist nicht so, wie wenn man einen Tisch vor sich hat.
Da steht der Tisch vor der Seele; was dabei in ihr vorgeht, das lebt gar nicht oder ganz abgeschattet in dem Bewusstsein. Beim Wahrnehmen einer übersinnlichen Wesenheit hat man – auch wenn man in der oben geschilderten Art das Bild «durchsichtig» gemacht hat – das gefühlsartige Erlebnis dieses Bildes im Selbstbewusstsein. Und eben dadurch, dass man sich in dieses gefühlsartige Erlebnis mit dem übersinnlichen Bewusstsein ganz hineinversenkt, tritt die Wirklichkeit vor der Seele auf, deren Erleben ganz deutlich von dem Erleben des Bildes unterschieden werden kann und muss. Es dürfen diese beiden Erlebnisse nicht ineinander verschwimmen. Denn darin läge die Quelle von Illusionen über das, was man erlebt.
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