Das erste Opfer des Krieges

Zuletzt aktualisiert am 5. Januar 2024.

»Das erste Opfer des Krieges ist die Wahrheit«. Die Hiram Warren Johnson zugeschriebene Äußerung erlebt seit dem Ausbruch des Ukrainekrieges eine neue Konjunktur. Treffender wäre allerdings der Satz: »Damit Kriege geführt werden können, muss zuerst die Wahrheit liquidiert werden.« Die Lüge, auf der jeder Krieg beruht, ist die Behauptung, die gewaltsame Eskalation eines Konflikts führe zu seiner Beendigung.

Antonio Ciseri, Ecce homo

Dem widerspricht nicht, dass auf den Krieg in der Regel der Friede folgt. Der Friede, der auf den Krieg folgt, wird nicht von ihm verursacht. Wer einen anderen Menschen umbringt, schafft zwar einen Gegner aus der Welt, nicht aber die Gewalt, die er selbst in sich trägt. Und aus ihr gehen früher oder später neue Konflikte hervor. Die Anwendung von Gewalt, um sein eigenes Leben zu retten, mag zu rechtfertigen sein; nicht umsonst erklären Straf-, Verfassungs- und Völkerrecht die Notwehr für legitim –, auch wenn wir ein anderes, christliches Vorbild kennen.[1] Verwerflich jedoch ist die Forderung, andere müssten für einen zu sterben bereit sein, wenn man nicht selbst bereit ist, sie unter dem Einsatz seines Lebens zu verteidigen. So viel zu den Schreibtischtätern in diversen Redaktionen.

Allerdings benötigt man keinen Krieg, um die Wahrheit zu liquidieren. Auch in Zeiten des Friedens ist das Interesse an ihr nicht sonderlich verbreitet, worüber uns die beiden letzten Jahre hinreichend belehrt haben dürften. Selbst in Bereichen des gesellschaftlichen Lebens, die vordergründig keine Schauplätze militärischer Auseinandersetzungen sind. Ich spreche hier nicht von »struktureller Gewalt«, sondern von der gelebten Intoleranz. Wer das Gespräch verweigert, nährt den Krieg. Wer redet, mordet nicht. Wer Meinungen unterdrückt, die von seiner eigenen abweichen, übt Gewalt aus und schürt Gewalt. Propaganda und Zensur sind die beiden Seiten einer gewaltsamen Informationspolitik, die den Einzelnen entmündigt und die Massen manipuliert. Auch davon haben wir in den unrühmlichen Coronajahren mehr als genug erlebt. Niemand sollte versuchen, andere zum Verstehen zu zwingen, selbst wenn er sich im Besitz der Wahrheit wähnt. Stimmen, die von der Zensur zum Schweigen gebracht werden, sind Opfer eines Angriffs auf die Menschenwürde, denn zur Würde des Menschen gehört es, dass er reden darf. Nicht umsonst definierte Aristoteles den Menschen als redendes Tier (zoon logon echon). Wer dem Menschen seine Rede entzieht, raubt ihm sein Menschsein. Ein bekannter Autor prägte das Bonmot, Redefreiheit bestehe darin, anderen sagen zu dürfen, was sie nicht hören wollen. Wie sehr die Menschheit die Freiheit der Rede seit je schätzte, zeigen zahlreiche Religionen, die die Welt aus der göttlichen Rede hervorgehen lassen. Der Schöpfer, könnte man sagen, war der erste, der von der Redefreiheit Gebrauch machte. Wäre er zensiert worden, gäbe es keine Welt.

Einer, der die Freiheit der Rede für sich in Anspruch nimmt, ist der ehemalige Schweizer Nachrichtenoffizier Jacques Baud. Wir haben vor fünf Monaten seine Einschätzung der militärischen Lage an der Ostfront der NATO veröffentlicht. Hier folgt eine weitere vom 1. September 2022.

Das erste Opfer des Krieges

Ein Interview mit Jacques Baud.[2]

Das erste Opfer des Krieges Ukraine

Übersichtskarte Ukraine und umgebende Länder

Postil (TP): Sie haben gerade Ihr Buch »Operation Z« über den Krieg in der Ukraine veröffentlicht. Bitte erzählen Sie uns ein wenig darüber – was hat Sie dazu bewogen, das Buch zu schreiben und was möchten Sie den Lesern vermitteln?

Jacques Baud (JB): Das Ziel des Buches ist es, zu zeigen, wie die von unseren Medien verbreiteten Desinformationen dazu beigetragen haben, die Ukraine in die falsche Richtung zu drängen. Ich habe es unter dem Motto geschrieben: »Von der Art und Weise, wie wir Krisen verstehen, leitet sich die Art und Weise ab, wie wir sie lösen«.

Durch das Verschweigen vieler Aspekte dieses Konflikts haben uns die westlichen Medien ein karikaturhaftes und künstliches Bild der Situation vermittelt, was zu einer Polarisierung der Gemüter geführt hat. Dadurch wurde eine weit verbreitete Mentalität geschaffen, die jeden Verhandlungsversuch praktisch unmöglich macht.

Die einseitige und voreingenommene Darstellung durch die Mainstream-Medien soll uns nicht bei der Lösung des Problems helfen, sondern den Hass auf Russland fördern. So zielt der Ausschluss von behinderten Sportlern, Katzen und sogar russischen Bäumen von Wettbewerben, die Entlassung von Dirigenten, die Tabuisierung russischer Künstler wie Dostojewski oder sogar die Umbenennung von Gemälden darauf ab, die russische Bevölkerung aus der Gesellschaft auszuschließen. In Frankreich wurden sogar Bankkonten von Personen gesperrt, nur weil sie russisch klingende Namen hatten. Die sozialen Netzwerke Facebook und Twitter haben die Offenlegung ukrainischer Verbrechen unter dem Vorwand der »Hassrede« systematisch blockiert, erlauben aber den Aufruf zur Gewalt gegen Russen.

Keine dieser Maßnahmen hatte irgendeine Auswirkung auf den Konflikt, außer Hass und Gewalt gegen die Russen in unseren Ländern zu schüren. Die Manipulation ist so schlimm, dass wir die Ukrainer lieber sterben sehen würden, als eine diplomatische Lösung zu suchen. Wie der republikanische Senator Lindsey Graham kürzlich sagte, geht es darum, die Ukrainer bis zum letzten Mann kämpfen zu lassen.

Es wird allgemein davon ausgegangen, dass Journalisten nach qualitativen und ethischen Standards arbeiten, und uns so ehrlich wie möglich informieren. Sie sind in der Münchner Charta von 1971 festgelegt. Während ich mein Buch schrieb, fand ich heraus, dass keine französischsprachigen Mainstream-Medien in Europa sie respektieren, sofern es um Russland und China geht. Vielmehr unterstützen sie schamlos eine unmoralische Politik gegenüber der Ukraine, die der mexikanische Präsident Andrés Manuel López Obrador mit den Worten beschreibt: »Wir liefern die Waffen, ihr liefert die Leichen!«

Um das Ausmaß der Fehlinformation zu verdeutlichen, wollte ich zeigen, dass bereits im Februar Informationen vorlagen, die ein realistisches Bild der Situation vermitteln konnten, dass aber unsere Medien sie nicht an die Öffentlichkeit weitergegeben haben. Mein Ziel war es, den dadurch entstandenen Widerspruch aufzuzeigen.

Um nicht selbst zum Propagandisten für die eine oder andere Seite zu werden, habe ich mich ausschließlich auf westliche, ukrainische (aus Kiew) und russische Oppositionsquellen gestützt. Den (offiziellen) russischen Medien habe ich keine Informationen entnommen.

TP: Im Westen wird häufig behauptet, der Krieg habe »bewiesen«, dass die russische Armee schwach und ihre Ausrüstung unbrauchbar sei. Treffen solche Behauptungen zu?

JB: Nein. Nach mehr als sechs Monaten Krieg kann man sagen, dass die russische Armee effektiv und effizient ist und dass die Qualität ihrer Befehls- und Kontrollstrukturen weit über dem liegt, was wir im Westen sehen. Aber unsere Wahrnehmung wird durch eine Berichterstattung, die sich auf die ukrainische Seite konzentriert und durch Verzerrungen der Realität beeinflusst.

Erstens ist da die Realität vor Ort. Es sei daran erinnert, dass das, was die Medien als »Russen« bezeichnen, in Wirklichkeit eine russischsprachige Koalition ist, die sich aus professionellen russischen Kämpfern und Soldaten der Volksmilizen des Donbass zusammensetzt. Die Operationen im Donbass werden hauptsächlich von den Milizen durchgeführt, die auf »ihrem« Terrain kämpfen, in Städten und Dörfern, die sie kennen und in denen sie Freunde und Verwandte haben. Sie rücken daher vorsichtig vor, um sich selbst zu schützen, aber auch, um Opfer unter der Zivilbevölkerung zu vermeiden. Entgegen den Behauptungen der westlichen Propaganda genießt die Koalition in den von ihr besetzten Gebieten einen sehr guten Rückhalt in der Bevölkerung.

Ein Blick auf die Landkarte zeigt, dass der Donbass eine Region mit vielen bebauten und bewohnten Gebieten ist, was für den Verteidiger einen Vorteil und für den Angreifer ein langsameres Vorankommen bedeutet.

Zweitens ist da die Art und Weise, wie unsere Medien die Entwicklung des Konflikts darstellen. Die Ukraine ist ein riesiges Land, und auf kleinen Karten lassen sich die Unterschiede von einem Tag zum anderen kaum erkennen. Außerdem hat jede Seite ihre eigene Vorstellung von den Fortschritten des Feindes. Nehmen wir als Beispiel die Situation am 25. März 2022: Die Karte der französischen Tageszeitung Ouest-France (a) zeigt so gut wie keinen Vormarsch Russlands, ebenso wie die der Schweizer Website RTS (b). Die Karte der russischen Website RIAFAN (c) mag Propaganda sein, aber wenn wir sie mit der Karte des französischen Militärgeheimdienstes (DRM) (d) vergleichen, sehen wir, dass die russischen Medien wahrscheinlich näher an der Wahrheit sind. Alle diese Karten wurden am selben Tag veröffentlicht, aber die französische Zeitung und die staatlichen Schweizer Medien verwendeten nicht die DRM-Karte, sondern eine ukrainische Karte. Das zeigt, dass unsere Medien wie Propagandaagenturen arbeiten.

Das erste Opfer des Krieges

Vergleich der Karten, die am 25. März 2022 in unseren Medien präsentiert wurden. Diese Art der Darstellung der russischen Offensive hat zu der Behauptung geführt, die russische Armee sei schwach. Sie zeigt auch, dass die von den russischen Medien gelieferten Informationen der Realität näher zu kommen scheinen als die der Ukraine.

Drittens haben unsere »Experten« die Ziele der russischen Offensive selbst festgelegt. Mit der Behauptung, Russland wolle die Ukraine und ihre Ressourcen übernehmen, Kiew in zwei Tagen einnehmen usw., haben unsere Experten buchstäblich Ziele erfunden und den Russen zugeschrieben, die Putin nie erwähnt hat. Im Mai 2022 erklärte Claude Wild, der Schweizer Botschafter in Kiew auf RTS, die Ukraine habe »die Schlacht um Kiew gewonnen«. In Wirklichkeit hat es aber nie eine »Schlacht um Kiew« gegeben. Es ist natürlich einfach, zu behaupten, dass die Russen ihre Ziele nicht erreicht haben – wenn sie nie versucht haben, sie zu erreichen!

Viertens haben der Westen und die Ukraine ein irreführendes Bild ihres Gegners gezeichnet. In Frankreich, der Schweiz und Belgien ist keiner der Militärexperten im Fernsehen mit der Art und Weise vertraut, wie die Russen ihre militärischen Operationen durchführen. Ihr »Fachwissen« stammt aus den Gerüchten über den Krieg in Afghanistan oder Syrien, die oft nur westliche Propaganda sind. Diese Experten haben die Darstellung der russischen Operationen buchstäblich verfälscht.

Die von Russland bereits am 24. Februar angekündigten Ziele waren die »Entmilitarisierung« und »Entnazifizierung« der Bedrohung für die Bevölkerung des Donbass. Diese Ziele beziehen sich auf die Neutralisierung von Fähigkeiten, nicht auf die Beschlagnahme von Land oder Ressourcen. Um es unverblümt zu sagen: Theoretisch müssen die Russen nicht vorrücken, um ihre Ziele zu erreichen – es würde schon reichen, wenn die Ukrainer selbst kämen und getötet würden.

Mit anderen Worten: Unsere Politiker und Medien haben die Ukraine dazu gedrängt, das Terrain zu verteidigen wie Frankreich im Ersten Weltkrieg. Sie haben die ukrainischen Truppen dazu gedrängt, in Situationen des »letzten Gefechts« jeden Quadratmeter Boden zu verteidigen. Ironischerweise hat der Westen den Russen die Arbeit nur erleichtert.

Wie im Krieg gegen den Terror sehen die Menschen im Westen den Feind so, wie sie ihn gerne hätten, nicht wie er ist. Wie Sun Tzu vor 2.500 Jahren sagte, ist eine solche Haltung das beste Rezept, um einen Krieg zu verlieren.

Ein Beispiel ist der sogenannte »hybride Krieg«, den Russland angeblich gegen den Westen führt. Im Juni 2014, als der Westen versuchte, Russlands (imaginäre) Intervention im Donbass-Konflikt zu erklären, »enthüllte« der Russland-Experte Mark Galeotti die Existenz einer Doktrin, die das russische Konzept der hybriden Kriegsführung veranschaulichen sollte. Die als »Gerasimow-Doktrin« gehandelte Doktrin wurde vom Westen nie wirklich definiert. Es wurde nicht näher erläutert, woraus sie besteht und wie sie einen militärischen Erfolg gewährleisten könnte. Aber sie wird verwendet, um zu erklären, wie Russland im Donbass Krieg führt, ohne Truppen dorthin zu schicken, und warum die Ukraine ihre Kämpfe gegen die Rebellen immer wieder verliert. Als Galeotti 2018 erkannte, dass er sich geirrt hatte, entschuldigte er sich – mutig und intelligent – in einem Artikel mit dem Titel »I’m Sorry for Creating the Gerasimov Doctrine«, der in der Zeitschrift Foreign Policy veröffentlicht wurde.

Trotzdem taten unsere Medien und Politiker weiterhin so, als ob Russland einen hybriden Krieg gegen die Ukraine und den Westen führen würde, ohne zu wissen, was das bedeutet. Mit anderen Worten: Wir haben uns einen Krieg vorgestellt, den es nicht gibt, und haben die Ukraine darauf vorbereitet. Daraus erklärt sich auch die Herausforderung für die Ukraine, eine kohärente Strategie gegen russische Operationen zu entwickeln.

Der Westen will die Situation nicht so sehen, wie sie wirklich ist. Die russischsprachige Koalition hat ihre Offensive mit einer Gesamtstärke gestartet, die der der Ukrainer zahlenmäßig unterlegen ist. Um in einem solchen Fall trotzdem erfolgreich zu sein, muss man örtliche und zeitliche Überlegenheit schaffen, indem man seine Kräfte schnell auf dem Schlachtfeld hin und her bewegt.

Ein solches Vorgehen nennen die Russen »operative Kunst«. Der Begriff wird im Westen nur unzureichend verstanden. Der in der NATO verwendete Begriff »operativ« hat im Russischen zwei Übersetzungen: »operativ« (was sich auf eine Befehlsebene bezieht) und »operational« (was eine Bedingung definiert). Es ist die Kunst, militärische Formationen zu manövrieren, ähnlich wie bei einem Schachspiel, um einen überlegenen Gegner zu besiegen.

Die Operation rund um Kiew diente beispielsweise nicht dazu, die Ukrainer (und den Westen) über ihre Absichten zu »täuschen«, sondern die ukrainische Armee zu zwingen, große Truppenverbände um die Hauptstadt zu halten und sie so »festzunageln«. Technisch gesehen handelt es sich dabei um eine so genannte »Beeinflussungsoperation«. Entgegen der Analyse einiger »Experten« handelte es sich nicht um eine »Täuschungsoperation«, die ganz anders konzipiert gewesen wäre und viel größere Kräfte erfordert hätte. Ziel war es, eine Verstärkung des Hauptteils der ukrainischen Streitkräfte im Donbass zu verhindern.

Die wichtigste Lektion des Krieges in dieser Phase bestätigt, was wir seit dem Zweiten Weltkrieg wissen: Die Russen beherrschen die operative Kunst.

TP: Wie gut ist das ukrainische Militär heute? Und was noch wichtiger ist: Warum hören wir nicht so viel über die ukrainische Armee?

JB: Die ukrainischen Soldaten sind sicherlich tapfere Soldaten, die ihre Pflicht gewissenhaft und mutig erfüllen. Aber meine persönliche Erfahrung zeigt, dass in fast jeder Krise das Problem an der Spitze liegt. Die Unfähigkeit, den Gegner und seine Logik zu verstehen und sich ein klares Bild von der tatsächlichen Situation zu machen, ist der Hauptgrund für Misserfolge.

Seit dem Beginn der russischen Offensive können wir zwei Arten der Kriegsführung unterscheiden. Auf ukrainischer Seite wird der Krieg im politischen und informationellen Raum geführt, auf russischer Seite dagegen im physischen und operativen Raum. Die beiden Seiten kämpfen nicht in denselben Räumen. Diese Situation habe ich 2003 in meinem Buch La guerre asymétrique ou la défaite du vainqueur (Asymmetrischer Krieg oder die Niederlage des Siegers) beschrieben. Das Problem ist, dass am Ende die Realität des Geländes überwiegt.

Auf russischer Seite werden die Entscheidungen von den Militärs getroffen, während auf ukrainischer Seite Selenskyj allgegenwärtig und das zentrale Element der Kriegsführung ist. Er trifft operative Entscheidungen, offenbar oft gegen den Rat der Militärs. Das erklärt die zunehmenden Spannungen zwischen Selenskyj und den Militärs. Ukrainischen Medien zufolge könnte Selenskyj General Walerij Saluschnyj seiner Funktion entheben, indem er ihn zum Verteidigungsminister ernennt.

Die ukrainische Armee wird seit 2014 von amerikanischen, britischen und kanadischen Offizieren umfassend ausgebildet. Das Problem ist, dass der Westen seit über 20 Jahren bewaffnete Gruppen und verstreute Gegner bekämpft und ganze Armeen gegen Einzelpersonen eingesetzt hat. Er führt Kriege auf der taktischen Ebene und hat irgendwie die Fähigkeit verloren, auf der strategischen und operativen Ebene zu kämpfen. Dies erklärt zum Teil, warum die Ukraine ihren Krieg auf dieser Ebene führt.

Aber es gibt noch eine weitere konzeptionelle Dimension. Für Selenskyj und den Westen ist Krieg ein zahlenmäßiges und technologisches Gleichgewicht der Kräfte. Aus diesem Grund haben die Ukrainer seit 2014 nie versucht, die Rebellen auf ihre Seite zu ziehen, und glauben nun, dass die Lösung in den vom Westen gelieferten Waffen liegen wird. Der Westen hat der Ukraine ein paar Dutzend M777-Geschütze sowie HIMARS- und MLRS-Raketenwerfer zur Verfügung gestellt, während die Ukraine im Februar über mehrere Tausend gleichwertige Artilleriegeschütze verfügte. Das russische Konzept der »Korrelation der Kräfte« berücksichtigt viel mehr Faktoren und ist ganzheitlicher als der westliche Ansatz. Das ist der Grund, warum die Russen gewinnen.

Um einer unüberlegten Politik zu willfahren, haben unsere Medien eine virtuelle Realität konstruiert, die Russland die schlechte Rolle zuweist. Wer den Verlauf der Krise aufmerksam verfolgt, könnte fast sagen, dass sie Russland als »Spiegelbild« der Situation in der Ukraine darstellen. Als die Diskussion über die ukrainischen Verluste begann, wandte sich die westliche Kommunikation den russischen Verlusten zu (aufgrund von Zahlenangaben der Ukraine).

Die sogenannten »Gegenoffensiven«, die von der Ukraine und dem Westen im April und Mai in Charkow und Cherson ausgerufen wurden, waren lediglich »Gegenangriffe«. Der Unterschied zwischen diesen beiden Begriffen besteht darin, dass »Gegenoffensive« ein operativer Begriff ist, während »Gegenangriff« ein taktischer Begriff von begrenzter Tragweite ist. Die Gegenangriffe waren möglich, weil die russische Truppendichte in diesen Sektoren damals 1 Kampfgruppe pro 20 km Frontlänge betrug. Im Vergleich dazu verfügte die russische Koalition im Donbass-Sektor, der im Mittelpunkt stand, über 1-3 Kampfgruppen pro km. Die große Offensive auf Cherson im August, mit der der Süden des Landes erobert werden sollte, scheint nur ein Mythos gewesen zu sein, um die Unterstützung des Westens aufrecht zu erhalten.

Heute sehen wir, dass die behaupteten ukrainischen Erfolge in Wirklichkeit Misserfolge waren. Die menschlichen und materiellen Verluste, die Russland zugeschrieben wurden, entsprachen in Wirklichkeit eher denen der Ukraine. Mitte Juni sprach Dawyd Arachamija, Selenskyjs Chefunterhändler und enger Berater, von 200 bis 500 Toten pro Tag, und er erwähnte Verluste (Tote, Verwundete, Gefangene, Deserteure) von 1.000 Mann pro Tag. Nimmt man noch die erneuten Waffenforderungen von Selenskyj hinzu, wird deutlich, dass die Vorstellung eines Sieges für die Ukraine eine ziemliche Illusion zu sein scheint.

Da man davon ausging, dass Russlands Wirtschaft mit der Italiens vergleichbar sei, nahm man an, dass es ebenso verwundbar sein würde. Der Westen – und die Ukrainer – dachten daher, dass wirtschaftliche Sanktionen und die politische Isolierung Russlands schnell zu seinem Zusammenbruch führen würden, ohne dass es zu einer militärischen Niederlage käme. Das geht aus dem Interview von Oleksij Arestowitsch, dem Berater und Sprecher von Selenskyj, im März 2019 hervor. Es erklärt auch, warum Selenskyj Anfang 2022 nicht Alarm schlug, wie er in seinem Interview mit der Washington Post sagt. Ich denke, er wusste, dass Russland auf die von der Ukraine vorbereitete Offensive im Donbass reagieren würde (weshalb der Großteil seiner Truppen in diesem Gebiet stationiert war) und dachte, dass Sanktionen schnell zu Russlands Zusammenbruch und Niederlage führen würden. Das hatte auch Bruno Le Maire, der französische Wirtschaftsminister, »vorausgesagt«. Offensichtlich haben die Westler Entscheidungen getroffen, ohne ihren Gegner zu kennen.

Wie Arestowitsch sagte, war die Idee, dass die Niederlage Russlands die Eintrittskarte für die Ukraine in die NATO sein würde. Die Ukrainer wurden also dazu gedrängt, eine Offensive im Donbass vorzubereiten, um Russland zu einer Reaktion zu bewegen und so eine leichte Niederlage durch verheerende Sanktionen zu erreichen. Das ist zynisch und zeigt, wie sehr der Westen – angeführt von den Amerikanern – die Ukraine für seine eigenen Ziele missbraucht hat.

Das Ergebnis ist, dass die Ukrainer nicht den Sieg der Ukraine, sondern die Niederlage Russlands anstrebten. Dies ist ein großer Unterschied und erklärt die westliche Darstellung der ersten Tage der russischen Offensive, die diese Niederlage prophezeite.

In Wirklichkeit haben die Sanktionen jedoch nicht wie erwartet gewirkt, und die Ukraine wurde in Kämpfe hineingezogen, die sie zwar provoziert hatte, auf deren lange Dauer sie aber nicht vorbereitet war.

Deshalb stimmte die westliche Darstellung von Anfang an nicht mit den Medienberichten und der Realität vor Ort überein. Das hatte einen perversen Effekt: Es ermutigte die Ukraine, ihre Fehler zu wiederholen, und hinderte sie daran, ihr Verhalten bei den Operationen zu verbessern. Unter dem Vorwand, Wladimir Putin zu bekämpfen, haben wir die Ukraine dazu gebracht, unnötigerweise Tausende von Menschenleben zu opfern.

Von Anfang an war klar, dass die Ukrainer ihre Fehler konsequent wiederholten (und sogar die gleichen Fehler wie 2014-2015) und dass Soldaten auf dem Schlachtfeld starben. Wolodymyr Selenskyj forderte seinerseits immer mehr Sanktionen, auch die absurdesten, weil man ihn glauben ließ, dass sie entscheidend seien.

Ich bin nicht der Einzige, der diese Fehler bemerkt hat, und die westlichen Länder hätten die Katastrophe sicherlich verhindern können. Aber ihre Staats- und Regierungschefs, erregt von den (phantasievollen) Berichten über russische Verluste und in dem Glauben, den Weg für einen Regimewechsel zu ebnen, fügten Sanktionen über Sanktionen hinzu und lehnten jede Möglichkeit der Verhandlung ab. Wie der französische Wirtschaftsminister Bruno Le Maire sagte, bestand das Ziel darin, den Zusammenbruch der russischen Wirtschaft zu provozieren und das russische Volk leiden zu lassen. Das ist eine Form des Staatsterrorismus: Man will die Bevölkerung leiden lassen, um sie zum Aufstand gegen ihre Führer (hier Putin) zu bewegen. Ich habe mir das nicht ausgedacht. Dieser Mechanismus wird von Richard Nephew, dem Leiter der Sanktionsabteilung im Außenministerium unter Obama und derzeit Koordinator für globale Korruptionsbekämpfung, in seinem Buch Die Kunst der Sanktionen ausführlich beschrieben. Ironischerweise ist das genau die gleiche Logik, die der Islamische Staat zur Erklärung seiner Anschläge in Frankreich 2015-2016 anführte. Frankreich fördert wahrscheinlich nicht den Terrorismus, aber es praktiziert ihn.

Die Mainstream-Medien stellen den Krieg nicht so dar, wie er ist, sondern wie sie ihn gerne hätten. Das ist reines Wunschdenken. Die scheinbare öffentliche Unterstützung für die ukrainischen Behörden trotz der enormen Verluste (manche sprechen von 70.000-80.000 Toten) wird durch das Verbot der Opposition, eine rücksichtslose Jagd auf Beamte, die nicht mit der Regierungslinie übereinstimmen, und eine »Spiegel«-Propaganda erreicht, die den Russen die gleichen Fehler wie den Ukrainern zuschreibt. All dies mit der bewussten Unterstützung des Westens.

TP: Was soll man von der Explosion auf dem Luftwaffenstützpunkt Saki auf der Krim halten?

JB: Ich kenne die Einzelheiten der aktuellen Sicherheitslage auf der Krim nicht. Wir wissen, dass es vor Februar Zellen von freiwilligen Kämpfern des Prawyj Sektor (einer neonazistischen Miliz) auf der Krim gab, die bereit waren, terroristische Anschläge zu verüben. Sind diese Zellen neutralisiert worden? Ich weiß es nicht, aber man kann davon ausgehen, dass dies der Fall ist, da es auf der Krim offenbar nur sehr wenige Sabotageakte gibt. Allerdings sollten wir nicht vergessen, dass Ukrainer und Russen seit vielen Jahrzehnten zusammenleben und dass es in den von den Russen eroberten Gebieten sicherlich auch Pro-Kiewer gibt. Es ist daher realistisch anzunehmen, dass es in den genannten Gebieten Schläferzellen geben könnte.

Wahrscheinlich handelt es sich aber um eine Kampagne des ukrainischen Sicherheitsdienstes (SBU) in den von der russischsprachigen Koalition besetzten Gebieten; eine Kampagne, die sich gegen pro-russische ukrainische Persönlichkeiten und Beamte richtet. Sie folgt auf größere Veränderungen in der Führung des SBU in Kiew und in den Regionen seit Juli, darunter Lwow und Ternopol. Wahrscheinlich wurde Darya Dugina am 21. August im Rahmen dieser Kampagne ermordet. Ziel der neuen Kampagne könnte es sein, den Eindruck zu erwecken, dass in den von den Russen eingenommenen Gebieten weiterhin Widerstand geleistet wird, und so die allmählich erlahmende westliche Hilfe wiederzubeleben.

Die Sabotageaktionen haben keine wirklichen operativen Auswirkungen und scheinen eher den Charakter einer psychologischen Operation zu haben. Möglicherweise handelt es sich um Aktionen wie die auf der Schlangeninsel Anfang Mai, die der internationalen Öffentlichkeit zeigen sollen, dass die Ukraine handelt.

Die Vorfälle auf der Krim belegen indirekt, dass es den vom Westen im Februar behaupteten Volkswiderstand nicht gibt. Sie sind höchstwahrscheinlich das Werk ukrainischer und westlicher (vermutlich britischer) Geheimagenten. Abgesehen von den taktischen Aktionen zeigen sie die Unfähigkeit der Ukrainer, in den von der russischsprachigen Koalition besetzten Gebieten eine nennenswerte Widerstandsbewegung zu aktivieren.

TP: Selenskyj hat bekanntlich gesagt: »Die Krim ist ukrainisch, und wir werden sie nie aufgeben«. Ist das nur Rhetorik, oder gibt es einen Plan, die Krim anzugreifen? Gibt es ukrainische Agenten auf der Krim?

JB: Zunächst einmal ändert Selenskyj seine Meinung sehr oft. Im März 2022 unterbreitete er Russland einen Vorschlag, in dem er erklärte, er sei bereit, über die Anerkennung der russischen Souveränität über die Halbinsel zu sprechen. Erst nach Interventionen der Europäischen Union und Boris Johnsons am 2. April und am 9. April zog er seinen Vorschlag zurück, obwohl Russland ein positives Interesse zeigte.

Es ist notwendig, an einige historische Fakten zu erinnern. Die Abtretung der Krim an die Ukraine im Jahr 1954 wurde von den Parlamenten der UdSSR, Russlands und der Ukraine während der kommunistischen Ära nie formell bestätigt. Darüber hinaus stimmte die Bevölkerung der Krim bereits im Januar 1991 zu, sich der Autorität Moskaus und nicht mehr Kiews zu unterstellen. Mit anderen Worten: Die Krim war von Kiew unabhängig, noch bevor die Ukraine im Dezember 1991 von Moskau unabhängig wurde.

Im Juli sprach der ukrainische Verteidigungsminister Oleksij Resnikow lautstark von einer großen Gegenoffensive auf Cherson mit einer Million Mann, um die territoriale Integrität der Ukraine wiederherzustellen. In Wirklichkeit ist es der Ukraine nicht gelungen, die für diese weit hergeholte Offensive erforderlichen Truppen, Panzer und Luftabwehrkräfte zusammenzustellen. Sabotageaktionen auf der Krim könnten ein Ersatz für diese »Gegenoffensive« sein. Sie scheinen eher eine Kommunikationsübung als eine echte Militäraktion zu sein. Diese Aktionen scheinen darauf abzuzielen, die westlichen Länder zu beruhigen, die die Relevanz ihrer bedingungslosen Unterstützung für die Ukraine in Frage stellen.

TP: Würden Sie uns etwas über die Situation rund um das Atomkraftwerk in Saporischschja erzählen?

JB: Das Kernkraftwerk Saporischschja in Energodar war das Ziel mehrerer Artillerieangriffe, die von Ukrainern und Russen der jeweils gegnerischen Seite zugeschrieben werden.

Wir wissen, dass die russischen Koalitionstruppen das Gelände des Atomkraftwerks seit Anfang März besetzt haben. Ziel war es damals, das Kraftwerk schnell zu sichern, um zu verhindern, dass es in die Kämpfe verwickelt wird, und so einen nuklearen Zwischenfall zu vermeiden. Das ukrainische Personal, das für die Anlage zuständig war, ist vor Ort geblieben und arbeitet weiterhin unter der Aufsicht des ukrainischen Unternehmens Energoatom und der ukrainischen Agentur für nukleare Sicherheit (SNRIU). Es finden also keine Kämpfe um die Anlage statt.

Es ist schwer vorstellbar, warum die Russen ein Atomkraftwerk beschießen sollten, das unter ihrer Kontrolle steht. Diese Behauptung ist umso merkwürdiger, als die Ukrainer selbst angeben, dass sich russische Truppen auf dem Gelände der Anlage befinden. Einem französischen »Experten« zufolge greifen die Russen das von ihnen kontrollierte Kraftwerk an, um den Stromfluss in die Ukraine zu unterbrechen. Es gäbe nicht nur einfachere Möglichkeiten, die Stromversorgung der Ukraine zu unterbrechen (ein Schalter vielleicht?), sondern Russland hat die Stromzufuhr in die Ukraine seit März nicht unterbrochen. Außerdem möchte ich Sie daran erinnern, dass Russland die Erdgaslieferungen an die Ukraine nicht eingestellt hat und der Ukraine weiterhin die Transitgebühren für Gas nach Europa zahlt. Es war Selenskyj, der im Mai beschlossen hat, die Sojus-Pipeline abzuschalten.

Außerdem ist zu bedenken, dass sich die Russen in einem Gebiet befinden, dessen Bevölkerung ihnen im Allgemeinen wohlgesonnen ist, und es ist schwer zu verstehen, warum sie das Risiko einer nuklearen Verseuchung der Region eingehen sollten.

In Wirklichkeit haben die Ukrainer glaubwürdigere Motive als die Russen, die solche Angriffe gegen das Atomkraftwerk erklären könnten. Diese Motive schließen sich nicht gegenseitig aus: eine Alternative zur großen Gegenoffensive auf Cherson, die sie nicht durchführen können, und die Verhinderung der geplanten Volksabstimmungen in der Region. Auch Selenskyjs Forderung, das Kraftwerksgelände zu entmilitarisieren und sogar an die Ukraine zurückzugeben, wäre für ihn ein politischer und operativer Erfolg. Man könnte sogar vermuten, dass sie absichtlich einen nuklearen Zwischenfall provozieren wollen, um ein »Niemandsland« zu schaffen und so das Gebiet für die Russen unbrauchbar zu machen.

Mit der Bombardierung des Kraftwerks könnte die Ukraine auch versuchen, den Westen unter Druck zu setzen, in den Konflikt einzugreifen, unter dem Vorwand, Russland versuche, das Kraftwerk vor dem Herbst vom ukrainischen Stromnetz abzutrennen. Dieses selbstmörderische Verhalten – so UN-Generalsekretär António Guterres – stünde im Einklang mit dem Krieg, den die Ukraine seit 2014 führt.

Es gibt eindeutige Beweise dafür, dass die Angriffe auf Energodar ukrainisch sind. Die Fragmente der Geschosse, die von der anderen Seite des Dnjepr auf den Ort abgefeuert wurden, sind westlichen Ursprungs. Sie scheinen von britischen BRIMSTONE-Raketen zu stammen, bei denen es sich um Präzisionsraketen handelt, deren Einsatz von den Briten überwacht wird. Offenbar weiß der Westen von den ukrainischen Angriffen auf das Atomkraftwerk. Das könnte erklären, warum die Ukraine eine internationale Untersuchungskommission nicht sehr unterstützt und warum die westlichen Länder unrealistische Bedingungen für die Entsendung von Ermittlern der IAEO stellen, einer Agentur, die bisher nicht viel Integrität bewiesen hat. [Erg. Redaktion: Der Besuch fand inzwischen statt und resultierte in kryptischen Verlautbarungen.]

TP: Es wird berichtet, dass Selenskyj Kriminelle freilässt, um in diesem Krieg zu kämpfen. Bedeutet das, dass die ukrainische Armee nicht so stark ist, wie allgemein angenommen?

JB: Selenskyj steht vor demselben Problem wie die Behörden, die 2014 aus dem Euromaidan hervorgegangen sind. Damals wollten die Militärs nicht kämpfen, weil sie nicht mit ihren russischsprachigen Landsleuten konfrontiert werden wollten. Einem Bericht des britischen Innenministeriums zufolge weigern sich Reservisten in überwältigender Mehrheit, an Rekrutierungsgesprächen teilzunehmen. Im Oktober/November 2017 erschienen 70 % der Wehrpflichtigen nicht zur Einberufung. Selbstmord ist zu einem Problem geworden. Nach Angaben des leitenden ukrainischen Militärstaatsanwalts Anatolii Matios haben nach vier Jahren Krieg im Donbass 615 Soldaten Selbstmord begangen. Die Desertionen haben zugenommen und erreichen in bestimmten Einsatzgebieten bis zu 30 % der Streitkräfte, oft zugunsten der Rebellen.

Aus diesem Grund wurde es notwendig, mehr motivierte, hoch politisierte, ultranationalistische und fanatische Kämpfer in die Streitkräfte zu integrieren, um im Donbass zu kämpfen. Viele von ihnen sind Neonazis. Um diese fanatischen Kämpfer auszuschalten, hat Wladimir Putin das Ziel der »Entnazifizierung« ausgerufen.

Heute stellt sich das Problem etwas anders dar. Die Russen haben die Ukraine angegriffen und die ukrainischen Soldaten sind nicht von vornherein dagegen, sie zu bekämpfen. Aber sie erkennen, dass die Befehle, die sie erhalten, der Situation auf dem Schlachtfeld widersprechen. Sie haben verstanden, dass die sie betreffenden Entscheidungen nicht mit militärischen Faktoren, sondern mit politischen Erwägungen verbunden sind. Die ukrainischen Einheiten meutern massenhaft und weigern sich zunehmend, zu kämpfen. Sie sagen, dass sie sich von ihren Befehlshabern im Stich gelassen fühlen und dass ihnen Aufträge erteilt werden, ohne dass sie über die notwendigen Mittel verfügen, um sie auszuführen.

Deshalb ist es notwendig, Männer zu schicken, die zu allem bereit sind. Weil sie verurteilt sind, können sie unter Druck gesetzt werden. Das ist das gleiche Prinzip wie bei Marschall Konstantin Rokossowski, der von Stalin zum Tode verurteilt, aber 1941 aus dem Gefängnis entlassen wurde, um gegen die Deutschen zu kämpfen. Sein Todesurteil wurde erst nach Stalins Tod im Jahr 1956 aufgehoben.

Um den Einsatz von Kriminellen in den Streitkräften zu verschleiern, wird den Russen dasselbe vorgeworfen. Die Ukrainer und der Westen bedienen sich konsequent der »Spiegel«-Propaganda. Wie in allen Konflikten der letzten Zeit hat der westliche Einfluss nicht zu einer Hebung des moralischen Standards der Auseinandersetzungen geführt.

TP: Jeder spricht davon, wie korrupt Putin ist. Aber was ist mit Selenskyj? Ist er der »heldenhafte Heilige«, den wir alle bewundern müssen?

JB: Im Oktober 2021 zeigten die Pandora Papers, dass die Ukraine zu den korruptesten Ländern Europas gehört und von massiver Steuerhinterziehung betroffen ist. Interessanterweise wurden diese Dokumente offenbar mit Hilfe eines amerikanischen Geheimdienstes veröffentlicht, und Wladimir Putin wird darin nicht erwähnt. Genauer gesagt, werden in den Dokumenten Personen erwähnt, die mit ihm »verbunden« sind und Verbindungen zu nicht genannten Vermögenswerten haben sollen, die einer Frau gehören könnten, von der man annimmt, dass sie ein Kind mit ihm hatte.

Doch wenn unsere Medien über diese Dokumente berichten, zeigen sie routinemäßig ein Bild von Wladimir Putin, nicht jedoch von Wolodymyr Selenskyj.

Das erste Opfer des Krieges

Obwohl er in den Pandora-Papieren nicht vorkommt, wird Wladimir Putin immer wieder mit ihnen in Verbindung gebracht. Wolodymyr Selenskyj hingegen wird in unseren Medien nie erwähnt, obwohl er in hohem Maße involviert ist.

Ich bin nicht in der Lage zu beurteilen, wie korrupt Selenskyj ist. Aber es besteht kein Zweifel, dass die ukrainische Gesellschaft und ihre Führung korrupt sind. Ich habe einen bescheidenen Beitrag zu einem NATO-Programm »Building Integrity« in der Ukraine geleistet und festgestellt, dass sich keines der beitragenden Länder Illusionen über die Wirksamkeit des Programms machte, sondern alle es als eine Art »Augenwischerei« betrachteten, um die westliche Unterstützung zu rechtfertigen.

Es ist unwahrscheinlich, dass die vom Westen an die Ukraine gezahlten Milliarden das ukrainische Volk erreichen werden. In einem kürzlich erschienenen Bericht von CBS News hieß es, dass nur 30-40 % der vom Westen gelieferten Waffen auf dem Schlachtfeld ankommen. Der Rest bereichert Mafiosi und andere korrupte Leute. Offenbar wurden einige westliche High-Tech-Waffen an die Russen verkauft, wie das französische CAESAR-System und vermutlich das amerikanische HIMARS. Der Bericht von CBS News wurde zensiert, um die westliche Hilfe nicht zu untergraben, aber die USA haben die Lieferung von MQ-1C-Drohnen an die Ukraine aus diesem Grund abgelehnt.

Die Ukraine ist ein reiches Land, doch ist sie heute das einzige Land der ehemaligen UdSSR mit einem niedrigeren BIP als beim Zusammenbruch der Sowjetunion. Das Problem ist nicht Selenskyj, sondern das gesamte System, das zutiefst korrumpiert ist und das der Westen nur deshalb aufrechterhält, um Russland bekämpfen zu können.

Selenskyj wurde im April 2019 mit dem Programm gewählt, ein Abkommen mit Russland zu erreichen. Aber niemand ließ zu, dass er es umsetzte. Die Deutschen und die Franzosen haben ihn absichtlich daran gehindert, die Minsker Vereinbarungen zu realisieren. Die Mitschrift des Telefongesprächs vom 20. Februar 2022 zwischen Emmanuel Macron und Wladimir Putin zeigt, dass Frankreich die Ukraine absichtlich von einer Lösung ferngehalten hat.[3] Darüber hinaus haben ihn rechtsextreme und neonazistische politische Kräfte in der Ukraine öffentlich mit dem Tod bedroht. Dmitri Jarosch, Kommandeur der Ukrainischen Freiwilligenarmee, erklärte im Mai 2019, Selenskyj werde gehängt, wenn er sein Programm durchführe. Mit anderen Worten: Er ist gefangen zwischen seiner Idee, eine Einigung mit Russland zu erzielen, und den Forderungen des Westens. Außerdem hat der Westen erkannt, dass seine Strategie des Krieges durch Sanktionen gescheitert ist. Je mehr die wirtschaftlichen und sozialen Probleme zunehmen, desto schwieriger wird es für ihn, einen Rückzieher zu machen, ohne das Gesicht zu verlieren. Ein Ausweg für Großbritannien, die USA, die EU oder Frankreich wäre es, Selenskyj abzusetzen. Deshalb glaube ich, dass Selenskyj angesichts der sich verschlechternden Lage in der Ukraine zu erkennen beginnt, dass sein Leben bedroht ist.

Letzten Endes ist Selenskyj ein armer Kerl, denn seine ärgsten Feinde sind diejenigen, von denen er abhängig ist: die westliche Welt.

TP: Es gibt viele (grausame) Videos in den sozialen Medien von ukrainischen Soldaten, die schwere Kriegsverbrechen begehen. Warum gibt es im Westen einen »blinden Fleck« für solche Gräueltaten?

JB: Zunächst einmal müssen wir uns darüber im Klaren sein, dass in jedem Krieg jeder Kriegsteilnehmer Kriegsverbrechen begeht. Militärangehörige, die vorsätzlich solche Verbrechen begehen, entehren ihre Uniform und müssen bestraft werden.

Problematisch wird es, wenn Kriegsverbrechen Teil eines Plans sind oder auf Befehle des Oberkommandos zurückgehen. Das war der Fall, als die Niederlande 1995 das Massaker von Srebrenica durch ihr Militär zuließen; ebenso bei den Folterungen in Afghanistan durch kanadische und britische Truppen, – ganz zu schweigen von den zahllosen Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht durch die Vereinigten Staaten in Afghanistan, im Irak, in Guantanamo und anderswo mit der Komplizenschaft von Polen, Litauen oder Estland. Wenn dies westliche Werte sind, dann ist die Ukraine ein guter Schüler.

In der Ukraine ist das politische Verbrechen mit der Komplizenschaft des Westens alltäglich geworden. So werden diejenigen, die sich für Verhandlungen einsetzen, ausgeschaltet. So Denis Kirejew, einer der ukrainischen Verhandlungsführer, der am 5. März vom ukrainischen Sicherheitsdienst (SBU) ermordet wurde, weil er als zu russlandfreundlich und als Verräter galt. Dasselbe geschah mit Dmitri Demjanenko, einem Offizier des SBU, der am 10. März ermordet wurde, ebenfalls weil er ein Abkommen mit Russland zu sehr befürwortete. Bedenken Sie, dass dies ein Land ist, das den Empfang oder die Gewährung russischer humanitärer Hilfe als »Kollaboration« betrachtet.

Am 16. März 2022 bezog sich ein Journalist des Fernsehsenders Ukraine 24 auf den Nazi-Kriegsverbrecher Adolf Eichmann und rief zur Massakrierung von russischsprachigen Kindern auf. Am 21. März erklärte der Militärarzt Gennadiy Druzenko im selben Sender, er habe seine Ärzte angewiesen, russische Kriegsgefangene zu kastrieren. In den sozialen Netzwerken wurden diese Äußerungen schnell von der russischen Propaganda benutzt, und die beiden Ukrainer entschuldigten sich zwar für ihre Äußerungen, nicht aber für den Inhalt. Die ukrainischen Verbrechen wurden allmählich in den sozialen Netzwerken aufgedeckt, und am 27. März befürchtete Selenskyj, dass dies die Unterstützung des Westens gefährden würde. Da kam das Massaker von Bucha am 3. April, dessen Umstände nach wie vor unklar sind, gerade recht.

Großbritannien, das damals den Vorsitz im UN-Sicherheitsrat hatte, lehnte dreimal das russische Ersuchen ab, eine internationale Untersuchungskommission zu den Verbrechen von Bucha einzurichten. Der ukrainische sozialistische Abgeordnete Illja Kywa enthüllte auf Telegramm, dass die Tragödie von Bucha vom britischen Geheimdienst MI6 geplant und vom SBU ausgeführt wurde.

Das grundlegende Problem ist, dass die Ukrainer die »operative Kunst« durch Brutalität ersetzt haben. Seit 2014 hat die ukrainische Regierung im Kampf gegen die Autonomisten nie versucht, Strategien anzuwenden, die auf »Herz und Verstand« beruhen, wie sie die Briten in den 1950er- bis 1960er-Jahren in Südostasien angewandt haben und die viel weniger brutal, aber viel effektiver und nachhaltiger waren. Kiew zog es vor, eine Anti-Terror-Operation (ATO) im Donbass durchzuführen und die gleichen Strategien anzuwenden wie die Amerikaner im Irak und in Afghanistan. Der Kampf gegen Terroristen erlaubt alle Arten von Brutalität. Es ist das Fehlen eines ganzheitlichen Ansatzes für den Konflikt, der zum Scheitern des Westens in Afghanistan, Irak und Mali geführt hat.

Die Aufstandsbekämpfung (COIN) erfordert einen differenzierteren und ganzheitlicheren Ansatz. Aber die NATO ist nicht in der Lage, solche Strategien zu entwickeln, wie ich aus erster Hand in Afghanistan gesehen habe. Der Krieg im Donbass ist seit acht Jahren brutal und hatte den Tod von 10.000 ukrainischen Bürgern und 4.000 ukrainischen Militärangehörigen zur Folge. Zum Vergleich: Der Konflikt in Nordirland hat in 30 Jahren 3.700 Tote gefordert. Um diese Brutalität zu rechtfertigen, mussten die Ukrainer den Mythos einer russischen Intervention im Donbass erfinden.

Das Problem ist, dass die Philosophie der neuen Maidan-Führer darin bestand, eine rassisch reine Ukraine zu schaffen. Mit anderen Worten: Die Einheit des ukrainischen Volkes sollte nicht durch die Integration von Gemeinschaften erreicht werden, sondern durch den Ausschluss von Gemeinschaften »minderwertiger Rassen«. Eine Idee, die den Großvätern von Ursula von der Leyen und Chrystia Freeland zweifellos gefallen hätte! Das erklärt, warum die Ukrainer wenig Empathie für die russisch-, magyarisch- und rumänischsprachigen Minderheiten des Landes haben. Das wiederum erklärt, warum Ungarn und Rumänien nicht wollen, dass ihre Territorien für Waffenlieferungen an die Ukraine genutzt werden.

Aus diesem Grund ist es für die Ukrainer kein Problem, auf ihre eigenen Bürger zu schießen, um sie einzuschüchtern. Das erklärt das Verstreuen von Tausenden von spielzeugähnlichen Antipersonenminen des Typs PFM-1 (»Schmetterling«) in der russischsprachigen Stadt Donezk im Juli 2022. Diese Art von Minen wird in ihrem Haupteinsatzgebiet von Verteidigern und nicht von Angreifern genutzt. Außerdem kämpfen die Donbass-Milizen in diesem Gebiet »zu Hause«, mit der Bevölkerung, die sie persönlich kennen.

Ich denke, dass auf beiden Seiten Kriegsverbrechen begangen wurden, dass aber die Berichterstattung in den Medien sehr unterschiedlich war. Unsere Medien haben ausführlich über (wahre oder falsche) Verbrechen berichtet, die Russland zugeschrieben werden. Über ukrainische Verbrechen hingegen haben sie sich sehr bedeckt gehalten. Wir kennen nicht die ganze Wahrheit über das Massaker von Bucha, aber die vorliegenden Beweise stützen die Hypothese, dass die Ukraine das Ereignis inszeniert hat, um ihre eigenen Verbrechen zu vertuschen. Durch das Verschweigen dieser Verbrechen haben sich unsere Medien mitschuldig gemacht und ein Gefühl der Straffreiheit geschaffen, das die Ukrainer ermutigt hat, weitere Verbrechen zu begehen.

TP: Lettland möchte, dass der Westen (Amerika) Russland zu einem »terroristischen Staat« erklärt. Was halten Sie davon? Bedeutet das, dass der Krieg tatsächlich vorbei ist und Russland gewonnen hat?

JB: Die estnischen und lettischen Forderungen sind eine Reaktion auf Selenskyjs Forderung, Russland als terroristischen Staat zu bezeichnen. Interessanterweise kommen sie zur gleichen Zeit, in der eine ukrainische Terrorkampagne auf der Krim, in der besetzten Zone der Ukraine und im übrigen russischen Gebiet entfesselt wird. Interessant ist auch, dass Estland offenbar in den Anschlag auf Darya Dugina im August 2022 verwickelt war.

Es scheint, dass die Ukrainer spiegelbildlich zu den Verbrechen, die sie begehen, oder den Problemen, die sie haben, kommunizieren, um sie zu verbergen. Als zum Beispiel Ende Mai 2022 bei der Kapitulation von Azovstal in Mariupol Neonazi-Kämpfer auftauchten, begannen sie zu behaupten, dass es in der russischen Armee Neonazis gibt. Im August 2022, als Kiew terroristische Aktionen gegen das Energodar-Kraftwerk und auf russischem Gebiet durchführte, forderte Selenskyj, Russland als terroristischen Staat zu betrachten.

Tatsächlich glaubt Selenskyj nach wie vor, dass er sein Problem nur lösen kann, indem er Russland besiegt und dass diese Niederlage von Sanktionen gegen Russland abhängt. Russland zu einem terroristischen Staat zu erklären, würde zu einer weiteren Isolierung führen. Deshalb dieser Appell. Er zeigt, dass die Bezeichnung »Terrorist« eher politisch als operativ ist und dass diejenigen, die solche Vorschläge machen, keine klare Vorstellung von dem Problem haben. Das Problem ist, dass es Auswirkungen auf die internationalen Beziehungen hat. Aus diesem Grund ist das US-Außenministerium besorgt, dass Selenskyjs Antrag vom Kongress umgesetzt werden könnte.

TP: Eines der traurigeren Ergebnisse des Ukraine-Russland-Konflikts ist, dass sich der Westen von seiner schlimmsten Seite gezeigt hat. Wie wird es Ihrer Meinung nach weitergehen? Mehr vom Gleichen, oder wird es Änderungen geben in Bezug auf die NATO, neutrale Länder, die nicht mehr neutral sind, und die Art und Weise, wie der Westen versucht, die Welt zu »regieren«?

JB: Die Krise offenbart mehrere Dinge. Erstens, dass die NATO und die Europäische Union nur Instrumente der US-Außenpolitik sind. Sie handeln nicht mehr im Interesse ihrer Mitglieder, sondern im Interesse der USA. Die unter amerikanischem Druck beschlossenen Sanktionen fallen auf Europa zurück, das der große Verlierer dieser ganzen Krise ist: Es leidet unter seinen eigenen Sanktionen und muss mit den Spannungen fertig werden, die sich aus seinen eigenen Entscheidungen ergeben.

Die Entscheidungen der westlichen Regierungen werden von einer Generation von Führern getroffen, die jung und unerfahren sind (wie die finnische Premierministerin Sanna Marin), die unwissend sind, sich aber für klug halten (wie der französische Präsident Emmanuel Macron), die doktrinär sind (wie die Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen) und die fanatisch sind (wie die Führer der baltischen Staaten). Sie alle haben einige der gleichen Schwächen, nicht zuletzt ihre Unfähigkeit, eine komplexe Krise zu bewältigen.

Wenn der Kopf nicht in der Lage ist, die Komplexität einer Krise zu verstehen, reagieren wir mit zur Schau gestelltem Schneid und Dogmatismus. Das ist es, was wir in Europa erleben. Die osteuropäischen Länder, insbesondere die baltischen Staaten und Polen, haben sich als treue Diener der amerikanischen Politik erwiesen. Sie haben auch eine unreife, konfrontative und kurzsichtige Regierungsführung an den Tag gelegt. Es sind Länder, die niemals westliche Werte verinnerlicht haben, die weiterhin die Kräfte des Dritten Reiches feiern und ihre eigene russischsprachige Bevölkerung diskriminieren.

Ich spreche nicht einmal von der Europäischen Union, die sich vehement gegen jede diplomatische Lösung ausgesprochen hat und damit nur Öl ins Feuer gießt.

Je mehr Sie in einen Konflikt verwickelt sind, desto mehr sind Sie an seinem Ausgang beteiligt. Wenn Sie gewinnen, ist alles gut. Aber wenn der Konflikt scheitert, werden Sie die Last tragen müssen. Das ist es, was den Vereinigten Staaten in den letzten Konflikten widerfahren ist und was jetzt in der Ukraine geschieht. Die Niederlage der Ukraine wird zur Niederlage des Westens.

Ein weiterer großer Verlierer in diesem Konflikt ist eindeutig die Schweiz. Ihr neutraler Status hat plötzlich jede Glaubwürdigkeit verloren. Anfang August schlossen die Schweiz und die Ukraine ein Abkommen, das es der Schweizer Botschaft in Moskau ermöglichen sollte, ukrainischen Bürgern in Russland Schutz zu gewähren. Damit es in Kraft treten konnte, musste es jedoch von Russland anerkannt werden. Russland weigerte sich logischerweise und erklärte, dass »die Schweiz leider ihren Status als neutraler Staat verloren habe und nicht als Vermittler oder Vertreter auftreten könne.«

Dies ist eine sehr ernste Entwicklung, denn die Neutralität ist nicht einfach eine einseitige Erklärung. Sie muss von allen akzeptiert und anerkannt werden, um wirksam zu sein. Doch die Schweiz hat sich nicht nur auf die Seite der westlichen Länder gestellt, sondern war sogar noch extremer als sie. Man kann sagen, dass die Schweiz in wenigen Wochen eine Politik ruiniert hat, die seit fast 170 Jahren anerkannt war. Das ist ein Problem für die Schweiz, aber es kann auch ein Problem für andere Länder sein. Ein neutraler Staat kann einen Ausweg aus einer Krise bieten. Heute suchen die westlichen Länder nach einem Ausweg, der es ihnen ermöglicht, sich Russland im Hinblick auf die Energiefrage anzunähern, ohne das Gesicht zu verlieren. Die Türkei hat diese Rolle übernommen, aber ihre Möglichkeiten sind begrenzt, da sie Teil der NATO ist.

Sanktionen

Länder und Organisationen, die Sanktionen gegen Russland verhängt haben. Obwohl die Schweiz ein neutrales Land ist, steht sie auf dem ersten Platz. Eigenen Angaben zufolge geschah dies unter dem Druck der Vereinigten Staaten. Nichtsdestotrotz ist dies ein schwerer Schlag gegen den Grundsatz der Neutralität, der sich in anderen zukünftigen Konflikten auswirken wird.

Der Westen hat einen Eisernen Vorhang 2.0 geschaffen, der die internationalen Beziehungen auf Jahre hinaus beeinflussen wird. Der Mangel an strategischem Weitblick im Westen ist erstaunlich. Während sich die NATO der US-Außenpolitik anpasst und gegenüber China neu orientiert, hat die westliche Strategie die Achse Moskau-Peking gestärkt.

TP: Was bedeutet dieser Krieg Ihrer Meinung nach letztendlich für Europa, die USA und China?

JB: Um die Frage zu beantworten, müssen wir zunächst eine andere Frage stellen: »Warum ist dieser Konflikt verwerflicher und sanktionswürdiger als frühere Konflikte, die vom Westen begonnen wurden?«

Nach den Katastrophen in Afghanistan, Irak, Libyen und Mali erwartete der Rest der Welt, dass der Westen diese Krise mit gesundem Menschenverstand lösen würde. Er reagierte genau entgegengesetzt zu diesen Erwartungen. Nicht nur war niemand in der Lage, zu erklären, warum dieser Konflikt verwerflicher war als frühere, sondern die unterschiedliche Behandlung Russlands und der Vereinigten Staaten hat gezeigt, dass man dem Aggressor mehr Bedeutung beimisst als den Opfern. Die Bemühungen, Russland zu Fall zu bringen, stehen im Gegensatz zur völligen Straffreiheit von Ländern, die den UN-Sicherheitsrat belogen, gefoltert, den Tod von über einer Million Menschen verursacht und 37 Millionen zu Flüchtlingen gemacht haben.

Über den Unterschied in der Behandlung hat man im Westen hinweggesehen. Aber der »Rest der Welt« hat verstanden, dass wir von einer »auf Recht basierenden« zu einer »auf Regeln basierenden« Ordnung übergegangen sind, die vom Westen bestimmt wird.

Auf materieller Ebene hat die Beschlagnahmung des venezolanischen Goldes durch die Briten im Jahr 2020, der afghanischen Staatsfonds im Jahr 2021 und der russischen Staatsfonds im Jahr 2022 durch die USA das Misstrauen der Verbündeten des Westens verstärkt. Das zeigt, dass die nicht-westliche Welt nicht mehr durch das Gesetz geschützt ist und vom guten Willen des Westens abhängt.

Der Konflikt ist wahrscheinlich der Ausgangspunkt für eine neue Weltordnung. Die Welt wird sich nicht auf einen Schlag verändern, aber der Konflikt hat die Aufmerksamkeit der übrigen Welt geweckt. Denn wenn wir sagen, dass die »internationale Gemeinschaft« Russland verurteilt, sprechen wir in Wirklichkeit über 18% der Weltbevölkerung.

Einige Akteure, die dem Westen traditionell nahestehen, entfernen sich allmählich von ihm. Am 15. Juli 2022 besuchte Joe Biden Mohammed bin Salman mit zwei Zielen: Er wollte verhindern, dass sich Saudi-Arabien Russland und China annähert, und ihn auffordern, seine Ölproduktion zu erhöhen. Vier Tage zuvor hatte bin Salman jedoch einen offiziellen Antrag auf Mitgliedschaft in den BRICS gestellt, und eine Woche später, am 21. Juli, rief er Wladimir Putin an, um zu bestätigen, dass er an der OPEC+-Entscheidung festhalten würde. Mit anderen Worten: keine Erhöhung der Ölproduktion. Das war ein Schlag ins Gesicht des Westens und seines mächtigsten Vertreters.

Saudi-Arabien hat nun beschlossen, die chinesische Währung als Zahlungsmittel für sein Öl zu akzeptieren. Das ist ein wichtiges Ereignis, das auf einen Vertrauensverlust gegenüber dem Dollar hindeutet. Die Folgen sind potenziell enorm. Der Petrodollar wurde von den USA in den 1970er Jahren eingeführt, um ihr Defizit zu finanzieren. Indem er andere Länder zum Kauf von Dollars zwingt, ermöglicht er es den USA, immer mehr zu drucken, ohne in eine inflationäre Schleife zu geraten. Dank des Petrodollars wird die US-Wirtschaft, die im Wesentlichen eine Konsumwirtschaft ist, von den Volkswirtschaften anderer Länder auf der ganzen Welt gestützt. Der Untergang des Petrodollars könnte katastrophale Folgen für die US-Wirtschaft haben, meint der ehemalige republikanische Senator Ron Paul.

Darüber hinaus haben die Sanktionen China und Russland, die beide im Visier des Westens stehen, einander nähergebracht. Das hat die Bildung eines eurasischen Blocks beschleunigt und die Position der beiden Länder in der Welt gestärkt. Indien, das von den USA als »zweitklassiger« Partner der »Quad«[4] verachtet wurde, hat sich trotz mancher Differenzen mit ihnen Russland und China angenähert.

Heute ist China der wichtigste Anbieter von Infrastruktur in der Dritten Welt. Vor allem die Art und Weise, wie es mit den afrikanischen Ländern umgeht, entspricht eher den Erwartungen dieser Länder. Die Zusammenarbeit mit ehemaligen Kolonialmächten wie Frankreich und die imperialistische Bevormundung durch die USA sind nicht mehr willkommen. So haben beispielsweise die Zentralafrikanische Republik und Mali Frankreich gebeten, ihre Länder zu verlassen und sich Russland zugewendet.

Auf dem Gipfeltreffen des Verbands Südostasiatischer Nationen (ASEAN) verkündeten die USA stolz einen Beitrag in Höhe von 150 Millionen Dollar, um »ihre Position im breiteren geopolitischen Wettbewerb mit China zu stärken«. Doch im November 2021 bot Präsident Xi Jinping denselben Ländern 1,5 Milliarden Dollar zur Bekämpfung der Pandemie und zur Förderung der wirtschaftlichen Erholung an. Da die USA ihr Geld für den Krieg verwenden, haben sie keines mehr, um Allianzen zu schmieden und zu festigen.

Der Einflussverlust des Westens rührt daher, dass er den »Rest der Welt« weiterhin wie »kleine Kinder« behandelt und den Nutzen einer guten Diplomatie vernachlässigt.

Der Krieg in der Ukraine ist nicht der Auslöser für diese Entwicklung, die schon vor einigen Jahren begonnen hat, aber er ist mit Sicherheit ein Augenöffner und Beschleuniger.

TP: In den westlichen Medien wird immer wieder behauptet, Putin sei möglicherweise schwer krank. Würde ein plötzlicher Tod Putins irgendeinen Unterschied für den Krieg bedeuten?

JB: Es scheint, dass Wladimir Putin ein einzigartiger medizinischer Fall in der Welt ist: Er hat Magenkrebs, Leukämie, eine unbekannte, aber unheilbare Krankheit im Endstadium und ist Berichten zufolge bereits tot. Dennoch sagte CIA-Direktor William Burns im Juli 2022 auf dem Aspen Security Forum, dass Putin »zu gesund« sei und dass es »keine Informationen gebe, die darauf hindeuten, dass er sich in einem schlechten Gesundheitszustand befindet.« Das zeigt, wie diejenigen arbeiten, die behaupten, Journalisten zu sein!

Das ist Wunschdenken, und am oberen Ende des Spektrums finden sich die Forderungen nach Terroranschlägen und der physischen Beseitigung von Wladimir Putin.

Der Westen hat die russische Politik in Putin personalisiert, weil er derjenige ist, der den Wiederaufbau Russlands nach den Jelzin-Jahren vorangetrieben hat. Die Amerikaner sind gerne Champions, wenn es keine Konkurrenten gibt, und sehen andere als Feinde. Das ist bei Deutschland, Europa, Russland und China der Fall.

Aber unsere »Experten« wissen wenig über die russische Politik. Denn in Wirklichkeit ist Wladimir Putin eher eine »Taube« in der russischen politischen Landschaft. Angesichts des Klimas, das wir mit Russland geschaffen haben, wäre es nicht ausgeschlossen, dass sein Verschwinden zum Aufkommen aggressiverer Kräfte führen würde. Wir sollten nicht vergessen, dass Länder wie Estland, Lettland, Litauen, Polen oder Georgien nie europäische demokratische Werte entwickelt haben. Sie verfolgen immer noch eine diskriminierende Politik gegenüber ihren ethnischen Russen, die weit von europäischen Werten entfernt ist, und sie verhalten sich wie unreife Provokateure. Ich denke, wenn Putin aus irgendeinem Grund verschwinden würde, bekämen die Konflikte mit diesen Ländern eine neue Dimension.

TP: Wie geeint ist Russland gegenwärtig? Hat der Krieg eine ernsthaftere Opposition geschaffen, als sie zuvor in Russland existierte?

JB: Nein, ganz im Gegenteil. Die amerikanischen und europäischen Führer haben ihren Feind nicht richtig verstanden: Das russische Volk ist sehr patriotisch und solidarisch. Die westliche Besessenheit, das russische Volk zu »bestrafen«, hat es nur noch näher an seine Führer herangeführt. Indem sie versuchen, die russische Gesellschaft zu spalten, um die Regierung zu stürzen, haben die westlichen Sanktionen – auch die dümmsten – bestätigt, was der Kreml schon seit Jahren sagt: dass der Westen einen tiefen Hass auf die Russen hegt. Was einst als Lüge bezeichnet wurde, wird nun in der russischen Meinung bestätigt. Die Folge ist, dass das Vertrauen der Bevölkerung in die Regierung gestärkt wurde.

Die Zustimmungsraten des Levada-Zentrums (das von den russischen Behörden als »ausländischer Agent« betrachtet wird) zeigen, dass sich die öffentliche Meinung zu Wladimir Putin und zur russischen Regierung verfestigt hat. Im Januar 2022 lag die Zustimmungsrate für Putin bei 69 % und die der Regierung bei 53 %. Heute liegt die Zustimmung für Putin seit März stabil bei etwa 83 % und die der Regierung bei 71 %. Im Januar waren 29 % nicht mit den Entscheidungen von Wladimir Putin einverstanden, im Juli waren es nur noch 15 %.

Nach Angaben des Levada-Zentrums wird sogar die russische Operation in der Ukraine mehrheitlich befürwortet. Im März befürworteten 81 % der Russen die Operation; die Zahl sank auf 74 %, wahrscheinlich aufgrund der Auswirkungen der Sanktionen Ende März, und stieg dann wieder an. Im Juli 2022 wurde die Operation von 76 % der Bevölkerung unterstützt.

Zustimmungswerte Intervention

Nicht alle Russen unterstützen den Sondereinsatz in der Ukraine, aber drei Viertel der Bevölkerung tun das. Die Unterstützung erklärt sich durch ukrainische Kriegsverbrechen, westliche Sanktionen und das gute Management der Wirtschaft durch die russischen Behörden.

Das Problem ist, dass unsere Journalisten weder Kultur noch journalistische Disziplin haben und beides durch ihre eigenen Überzeugungen ersetzen. Es handelt sich um eine Form der Verschwörung, die darauf abzielt, eine falsche Realität zu schaffen, die auf dem beruht, was man glaubt, und nicht auf den Fakten. Zum Beispiel wissen nur wenige (oder wollen es wissen), dass Alexei Nawalny gesagt hat, er würde die Krim nicht an die Ukraine zurückgeben. Die Maßnahmen des Westens haben die Opposition vollständig ausgelöscht, nicht wegen »Putins Unterdrückung«, sondern weil in Russland der Widerstand gegen ausländische Einmischung und die tiefe Verachtung des Westens eine parteiübergreifende Sache ist. Genauso wie der Hass auf die Russen im Westen. Aus diesem Grund sind Persönlichkeiten wie Alexei Nawalny, der nie sehr beliebt war, völlig aus der populären Medienlandschaft verschwunden.

Und auch wenn sich die Sanktionen negativ auf die russische Wirtschaft ausgewirkt haben, zeigt die Art und Weise, wie die Regierung seit 2014 mit den Dingen umgeht, eine große Beherrschung der wirtschaftlichen Mechanismen und einen großen Realismus bei der Einschätzung der Situation. Die Preise steigen in Russland zwar, aber viel weniger als in Europa, und während die westlichen Volkswirtschaften ihre Leitzinsen anheben, senkt Russland die seinigen.

Die russische Journalistin Marina Owsjannikowa wurde als Beispiel für die Opposition in Russland angeführt. Ihr Fall ist interessant, weil wir, wie üblich, nicht alles sagen.

Am 14. März 2022 sorgte sie für internationalen Beifall, als sie die Nachrichtensendung des russischen Ersten Kanals mit einem Plakat unterbrach, das die Beendigung des Krieges in der Ukraine forderte. Sie wurde verhaftet und musste 280 Dollar Strafe zahlen.

Im Mai bot ihr die Zeitung Die Welt einen Job in Deutschland an, doch in Berlin demonstrierten pro-ukrainische Aktivisten, um die Zeitung dazu zu bringen, ihre Zusammenarbeit mit ihr zu beenden. Das Medienmagazin Politico vermutete sogar, dass sie eine Agentin des Kremls sein könnte!

Daraufhin verließ sie im Juni 2022 Deutschland, um in ihrer Heimatstadt Odessa zu leben. Doch anstatt dankbar zu sein, setzten die Ukrainer sie auf die Mirotvorets blacklist, die Schwarze Liste, wo sie des Hochverrats, der »Teilnahme an speziellen Informations- und Propagandaoperationen des Kremls« und der »Komplizenschaft mit den Invasoren« beschuldigt wird.

Die Mirotvorets-Website ist eine »Abschussliste« für Politiker, Journalisten oder Persönlichkeiten, die nicht der Meinung der ukrainischen Regierung sind. Mehrere der auf der Liste stehenden Personen wurden ermordet. Im Oktober 2019 beantragten die Vereinten Nationen die Schließung der Website, was jedoch von der Rada abgelehnt wurde. Es ist anzumerken, dass keines unserer Mainstream-Medien diese Praxis verurteilt hat, die sehr weit von den Werten entfernt ist, die sie zu verteidigen vorgeben. Mit anderen Worten: Unsere Medien unterstützen Praktiken, die früher den südamerikanischen Regimen zugeschrieben wurden.

Owsjannikowa kehrte daraufhin nach Russland zurück, wo sie gegen den Krieg demonstrierte und Putin einen »Mörder« nannte, woraufhin sie von der Polizei verhaftet und für drei Monate unter Hausarrest gestellt wurde. Zu diesem Zeitpunkt protestierten unsere Medien.

Es ist erwähnenswert, dass die russische Journalistin Darya Dugina, die am 21. August 2022 in Moskau einem Bombenanschlag zum Opfer fiel, auf der Mirotvorets-Liste stand und ihre Akte als »liquidiert« gekennzeichnet wurde. Natürlich erwähnte kein westliches Medium, dass sie von der Mirotvorets-Website, die als mit dem SBU verbunden gilt, ins Visier genommen wurde, da dies die Anschuldigungen Russlands eher unterstützen würde.

Darya Dugina

Darya Dugina als »liquidiert« markiert.

Die deutsche Journalistin Alina Lipp, deren Enthüllungen über ukrainische und westliche Verbrechen im Donbass verstörend sind, wurde auf die Website Mirotvorets gesetzt. Außerdem wurde sie von einem deutschen Gericht in Abwesenheit zu drei Jahren Haft verurteilt, weil sie behauptet hatte, russische Truppen hätten Gebiete in der Ukraine »befreit«, womit sie »kriminelle Aktivitäten verherrlicht« habe. Wie man sieht, funktionieren die deutschen Behörden wie die neonazistischen Elemente in der Ukraine. Die Politiker von heute machen ihren Großeltern alle Ehre!

Alina Lipp

Alina Lipp auf der ukrainischen Proskriptionsliste.

Daraus kann man schließen, dass die russische Öffentlichkeit, auch wenn es einige Kriegsgegner gibt, mit überwältigender Mehrheit hinter ihrer Regierung steht. Die westlichen Sanktionen haben die Glaubwürdigkeit des russischen Präsidenten nur gestärkt.

Letztlich geht es mir nicht darum, denselben Ansatz wie unsere Medien zu verfolgen und den Hass auf Russland durch den auf die Ukraine zu ersetzen. Im Gegenteil, es geht mir darum, zu zeigen, dass die Welt weder schwarz noch weiß ist und dass die westlichen Länder die Situation zu weit getrieben haben. Diejenigen, die Mitgefühl mit der Ukraine haben, hätten unsere Regierungen dazu drängen müssen, die vereinbarten politischen Lösungen 2014 und 2015 umzusetzen. Sie haben nichts unternommen und drängen die Ukraine nun zum Kampf. Aber wir sind nicht mehr im Jahr 2021. Heute müssen wir die Folgen unserer Nicht-Entscheidungen akzeptieren und der Ukraine helfen, sich zu erholen. Aber das darf nicht auf Kosten der russischsprachigen Bevölkerung geschehen, wie wir es bisher getan haben, sondern mit der russischsprachigen Bevölkerung, auf eine integrative Weise. Wenn ich mir die Medien in Frankreich, der Schweiz und Belgien anschaue, sind wir noch sehr weit vom Ziel entfernt.

TP: Vielen Dank, Herr Baud, für dieses aufschlussreiche Gespräch.

Zum Autor: Jacques Baud hat einen Master in Ökonometrie und ein Nachdiplomstudium in internationaler Sicherheit am Hochschulinstitut für internationale Beziehungen in Genf absolviert und war Oberst der Schweizer Armee. Er arbeitete für den Schweizerischen Strategischen Nachrichtendienst und war Berater für die Sicherheit der Flüchtlingslager in Ost-Zaire während des Ruanda-Krieges (UNHCR-Zaire/Kongo, 1995–1996). Er arbeitete für das DPKO (Departement of Peacekeeping Operations) der Vereinten Nationen in New York (1997–99), gründete das Internationale Zentrum für Humanitäre Minenräumung in Genf (CIGHD) und das Informationsmanagementsystem für Minenräumung (IMSMA). Er trug zur Einführung des Konzepts der nachrichtendienstlichen Aufklärung in UNO-Friedenseinsätzen bei und leitete das erste integrierte UN Joint Mission Analysis Centre (JMAC) im Sudan (2005–06). Er war Leiter der Abteilung »Friedenspolitik und Doktrin« der UN-Abteilung für friedenserhaltende Operationen in New York (2009–11) und der UN-Expertengruppe für die Reform des Sicherheitssektors und die Rechtsstaatlichkeit, arbeitete in der Nato und ist Autor mehrerer Bücher über Nachrichtendienste, asymmetrische Kriegsführung, Terrorismus und Desinformation.


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Anmerkungen:


  1. Vim vi repellere licet – es ist erlaubt, Gewalt mit Gewalt abzuwehren; das Recht braucht dem Unrecht nicht zu weichen.
  2. Erschienen am 1. September 2022 auf der Netzseite The Postil. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der Redaktion.
  3. »Wladimir Putin geht erneut auf das Thema ein und beklagt, dass die Separatisten nicht angehört werden. ›Die Vorschläge der Separatisten sind uns scheißegal!‹, erwidert der französische Präsident und fügt hinzu, dass sie nicht im [Minsker] Abkommen vorgesehen seien.« franceinfo, 25.6.2022.
  4. Die Vierergruppe (Quad) ist ein Zusammenschluss der USA, Japans, Indiens und Australiens, der seine Wurzeln in der gemeinsamen Katastrophenhilfe nach dem Tsunami im Dezember 2004 hat.

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Ein Kommentar

  1. Ulrich K. Warntjen

    Moin, moin ~
    das Nachstehende von mir ist kein Kommentar im eigentlichen Sinne zu dem vorstehenden Beitrag, sondern nur eine sehr kurze allgemeine Betrachtung bzw. ein Denk-Anstoß bzgl. des Wesens von Politikern, ihrer Helfershelfer & Hinter-Menschuleins, und dem dahinter Wirkenden …
    HerzLichsT ut Ostfreesland, Ulrich ~

    ——– Originalnachricht ——–
    Betreff: Leserbrief zu “Habeck ist nicht inkompetent, er hat einfach nur mit dem Denken aufgehört” Datum: 08.09.2022 18:51
    Von: Ulrich An: Leserbriefe NDS, Albrecht Müller NDS, Jens Berger NDS

    Moin, moin ~
    meinen nachstehenden kleinen Beitrag habe ich heute auch schon mal zu”Der Habeck-Schocker” gegeben:
    https://lostineu.eu/schock-strategie-a-la-habeck/ [1]
    „Das” Habeck & alle anderen „Sprechpuppen” machen doch nur „ihren”Job …
    Dafür haben sie sich ‚bereitgestellt” und wurden & werden entsprechend „gebrieft” bzw. machen das schon „automatisch” …
    Von daher macht es keinen „Sinn” sie mit „normalen” Menschen zu vergleichen bzw. davon auszugehen, dass sie deren „Fähigkeiten” etc. im gleichen Sinne wie die meisten anderen Menschen noch „nutzen” (können) …
    Damit „behaupte” ich nicht, dass sie diese „Fähigkeiten” etc. nicht mehr haben, sondern nur, dass sie sie eben nicht mehr „nutzen” (können) bzw. ihnen teilweise wohl auch kaum noch zur „freien” Verfügung stehen = sie haben sich gewissermaßen „programmieren” lassen, und in diesem Sinne „funktionieren sie eben halt, sind zu „Sprechpuppen” geworden, „funktionieren” fast schon so, als wenn Sie von KI oder Anderem „gesteuert” werden …
    Interessanter wäre bzw. ist eigentlich eher die Frage nach „dem” was „hinter” all diesen „Sprechpuppen-Programmierern”, deren
    „Hintermännern” etc.pp. steht, bzw. was vielleicht dieses „Andere” sein könnte (?!?) …
    Vielleicht mal darüber eigenständig „nach-denken” bzw. „darüber-denken” …
    HerzLichsT ut Ostfreesland, Ulrich ~

    Link:
    ——
    [1] https://lostineu.eu/schock-strategie-a-la-habeck/

    Diese “Sprechpuppen” erfüllen genau den ihnen zugedachten “Zweck” = Sie “beschäftigen” uns, statt dass wir uns damit beschäftigen was eigentlich “Hinter Ihnen steht” bzw. was das “Andere” ist, das m.E. die Menschheit ausrotten bzw. eliminieren will (!) – NICHT weniger und NICHT mehr und SONST GAR NICHTS (!!!) …

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