Zuletzt aktualisiert am 7. November 2013.
Die Gemeinschaft der Maryami gedieh zwischen 1960 und 1980 nicht nur im Iran, sondern auch in Europa und Amerika. 1979 existierten Niederlassungen in mehreren europäischen Ländern (drei in der Schweiz, zwei in Frankreich und eine in England), eine in Argentinien und weitere in Nordamerika. Auch in islamischen Ländern gab es welche. Frithjof Schuon hatte einen beachtlichen Kreis von Sympathisanten, zu denen auch nicht-muslimische Traditionalisten gehörten. Einer von ihnen, Jean Borella, war Philosophieprofessor in Nancy und leitete eine Gruppe von etwa fünfzig katholischen Traditionalisten. Rama Coomaraswamy, der Sohn Anandas, führte eine andere katholische Gruppe in Nordamerika. Diese katholischen Traditionalisten integrierten Schuon in ihre religiöse Praxis, indem sie den dhikr der Sufi nachahmten, aber christliche Begriffe und Worte benutzten. Keiner dieser Christen war Maryami, aber sie folgten Schuon als wären sie welche.
Victor Danner
Das wichtigste nordamerikanische Zentrum befand sich im Umkreis der Universität von Indiana in Bloomington. Es war 1967 von Victor Danner, einem Professor für religiöse Studien gegründet worden. Schuon hatte ihn an Joseph Epes Brown verwiesen, der früher ebenfalls an dieser Universität gelehrt hatte. Nachdem er der Maryamiyya beigetreten war, begann er Studenten traditionalistische Werke zu empfehlen – Nasr als Hauptlektüre, Schuon als Ergänzung. Danner erwähnte weder die Maryamiyya, die damals geheim war, noch dass er Muslim war. Aber manche von Browns ehemaligen Studenten wollten es genauer wissen. 1979 gab es etwa fünfzig Maryami in Bloomington, die meisten waren ehemalige Studenten Browns, Danners oder eines anderen Maryami-Professors an dieser Universität.
Danner ist möglicherweise typisch für eine Reihe weiterer Maryami und sonstige Schuon-Anhänger an amerikanischen und europäischen Universitäten. Anhänger Schuons in solchen Positionen sorgten für Nachwuchs in der »Elite«. Eine dieser Rekrutierungen wurde genauer untersucht: die von Thomas Merton. Merton war Zisterzienser und der bekannteste katholische Mystiker des 20. Jahrhunderts in Nordamerika. Merton wurde nie Maryami, scheint aber kurz davor gestanden zu haben, Schüler Schuons zu werden. Doch sein plötzlicher Tod mit 53 Jahren in Thailand verhinderte dies.
Thomas Merton
Merton war ein ungewöhnlicher Mönch, dessen Herkunft nicht unbedingt eine Konversion zum Katholizismus nahelegte. Sein Mutter war Amerikanerin, sein Vater, ein neuseeländischer Maler, zog ihn teilweise im künstlerischen Milieu von Paris groß. Merton war ein begabter Autor. Auf seiner spirituellen Suche in den späten 1930er Jahren entdeckte er jedoch nicht die Traditionalisten, sondern Perennialisten wie William Blake und Aldous Huxley sowie den katholischen Autor Jacques Maritain. Seine spirituelle Suche führte ihn 1942 zum Zisterzienserkloster »Our Lady of Gethsemani« in Kentucky. Kurz darauf wurde er mit seiner spirituellen Autobiografie, »The Seven Storey Mountain« berühmt, die mehr als eine Million mal verkauft wurde (»Der Berg der sieben Stufen«, 1946).
1963 begann ein führender Schuon-Anhänger, Marco Pallis, eine Korrespondenz mit Merton. Möglicherweise wurde er durch dessen Buch »Mystiker und Zenmeister« (1961) dazu angeregt. Der Zeitpunkt war glücklich. Merton befand sich in den 1960er Jahren in einer spirituellen Krise. Er hatte die Kirchendisziplin immer nur schwer ertragen, und bat wiederholt um Verlegung in andere Klöster oder den Übertritt in andere Orden bzw. Länder, was ihm sein Abt standhaft verweigerte. Einmal appellierte Merton direkt an Papst Johannes XXIII., der die Bitte eines so prominenten Katholiken kaum ignorieren konnte; er sandte einen persönlichen Botschafter an Merton mit der Stola, die er bei seiner Inthronisierung getragen hatte – und einem abschlägigen Bescheid. Merton fand sich mit seinem Dasein in Gethsemani schließlich ab, begann aber für einen Mönch unübliche Aktivitäten. Er beteiligte sich ab 1961 an der Bewegung gegen den Vietnamkrieg und unterhielt seit 1966 eine platonische Beziehung zu einer Nonne in Louisville. Außerdem begann er sich zunehmend für den interreligiösen Dialog zu engagieren, der damals bei Katholiken noch nicht in Mode war. Bald versuchte er, auch nichtchristliche Religionen einzubinden, besonders den Taoismus und den Zenbuddhismus, aber auch den Islam und den Sufismus. 1959 begann er eine Korrespondenz mit dem führenden französischen Islamforscher Louis Massignon, dem Lehrer Henry Corbins, über den Sufi Hallaj.
1963 sandte ihm Pallis eine Auswahl von Büchern, darunter Titel von Guénon, Schuon und Lings. Merton gefiel Lings Klassiker »A Moslem Saint of the Twentieth Century« (1961) am besten. Der Muslimheilige war Ahmad al-Alawi, der Scheich, dem Schuon seine Einweihung in den Alawi-Orden verdankte. Merton war von der »Reinheit« der Sufitradition, die dieser Scheich verkörperte, tief beeindruckt.
Merton und Pallis korrespondierten etwa zwei Jahre und diskutierten über Tradition und Moderne, Islam, Buddhismus und Christentum. Die Korrespondenz scheint der Zensur entgangen zu sein, die im Zisterzienserorden üblich war. 1966 schickte Pallis Merton eine griechische Ikone und enthüllte ihm die Existenz der Maryamiyya. Er beschrieb diese als Sufiorden, dem auch eine kleine Zahl von Mitgliedern anderer Traditionen angehörten. Merton notierte in sein Tagebuch im Juni 1966, damit eröffne sich ihm die Möglichkeit, an einer »lebendigen, heiligen Tradition teilzuhaben«.
Diese Bemerkung Mertons wirft Fragen auf. Denn als Zisterzienser hatte Merton bereits einen Platz in einer »lebendigen heiligen Tradition« und sollte von daher kaum eines anderen Platzes bedurft haben. Wie sollte eine »persönliche und vertrauliche Beziehung« zu Schuon ihm einen Platz in einer neuen Tradition verschaffen, ohne dass er Muslim und Maryami wurde, was er aber laut seinem Tagebuch nicht in Betracht zog? Auf diese Frage wird sich wohl nie eine Antwort finden.
Ende 1968 verließ Merton Nordamerika, um sich auf eine Weltreise zu begeben. Er plante unter anderem einen Besuch bei Seyyed Hosein Nasr in Teheran, der möglicherweise zu einer weiteren Annäherung an Schuon und die Maryamiyya geführt hätte. In Kalkutta nahm er an einer multireligiösen Konferenz über Spiritualität teil, bei der er einen Vortrag hielt, der stellenweise traditionalistisch klang: »Die tiefste Ebene der Kommunikation ist … die Kommunion … Meine lieben Brüder, wir sind bereits eins. Aber wir glauben, wir seien es nicht. Wir müssen unsere ursprüngliche Einheit wieder entdecken.« Diese »ursprüngliche Einheit« scheint sich kaum von der philosophia perennis unterschieden zu haben. Von Kalkutta reiste Merton in den Himalaya weiter, unter dessen Gipfeln ihm ein Lama ein Mantra übergab und wo er den Dalai Lama traf. In dieser Nacht träumte er, er trüge nicht die Kluft eines Zisterziensers, sondern den Umhang eines Lama. Vom Himalaya reiste er nach Darjeeling weiter, um seinem katholischen Publikum dasselbe mitzuteilen, was Guénon einst den Katholiken in Paris gesagt hatte: »Wir im Westen brauchen den religiösen Genius Asiens und der asiatischen Kultur, um in unserem Herumirren ein neues Ziel zu finden.«
Aber Merton erreichte Teheran nicht mehr. Von Indien flog er nach Thailand. Hier hielt er in der Nähe von Bangkok bei einer Konferenz benediktinischer und zisterziensischer Äbte einen Vortrag über »Marxismus und Perspektiven des Mönchstums« und zog sich danach auf sein Zimmer zurück. Laut thailändischer Polizei starb er an einem Stromschlag durch einen defekten Ventilator. Der unerwartete Tod weckte Verdacht, manche glaubten Merton sei wegen seines Engagements gegen den Vietnamkrieg von der CIA ermordet worden, aber es gibt keine Beweise dafür, dass sein Tod etwas anderes als ein Unfall war.
Huston Smith
Ein anderer amerikanischer Autor erreichte Teheran und die Maryamiyya: der Methodist Huston Smith. Smith hatte das Buch »The Religions of Man« (1958) verfasst, das später unter dem Titel »The World’s Religions« erschien, das mit Mertons »Berg der sieben Stockwerke« zu den meistgelesenen religiösen Büchern des 20. Jahrhunderts in den USA gehört. Der Erfolg seines Buches verdankt sich seinem Schreibstil, aber auch der universalistischen Perspektive, der Betonung dessen, was die sieben große Religionen gemeinsam haben. Diese Perspektive stammte jedoch nicht aus dem Traditionalismus; Smith war von Huxley und Gerald Heard zu ihr angeregt worden. Aber Smith hatte ein Problem, das er als das »des Einen und Vielen« bezeichnete. Er vermochte zu schildern, was die vielen Religionen gemeinsam hatten, aber er wusste nicht, was er mit ihren Unterschieden anfangen sollte. Daher suchte er nach einem Absoluten, an dem er sich ausrichten konnte. Dieses Absolute konnte seiner Auffassung nach nicht aus den Teilen einzelner Religionen zusammengesetzt sein. Die Möglichkeit eines roten Fadens, der sich durch alle Religionen hindurchzog, schloss er ebenfalls aus, denn es schien ihm unmöglich, festzustellen, was das gemeinsame Wesen aller Religionen war.
Smith erprobte eine Vielzahl religiöser Praktiken, während er nach der Lösung dieses Problems suchte. Er nahm weiterhin an methodistischen Gottesdiensten teil, aber als er an der Universität von Washington unterrichtete, studierte er auch unter der Anleitung eines Swami den Vedanta. Als Smith 1958 ans MIT wechselte, trat der Buddhismus an die Stelle des Hinduismus.
1969 jedoch bot ihm der Traditionalismus einen Ausweg. In diesem Jahr begab er sich auf eine Weltreise und nahm Schuons »In the Tracks of Buddhism« (1968) nach Japan mit. Er hatte bereits Guénon gelesen, fand ihn aber extrem pessimistisch, auch Schuons »Transcendent Unity of Religions« hatte er angefangen zu lesen, aber wieder weggelegt. Als er jedoch in den »Spuren des Buddhismus« las, öffneten sich ihm »die Wege Gottes«, wie er sagte. In Indien erwarb er Schuons »Language of the Self«, die Sonderausgabe eines Artikels über Vedanta und Gnosis, der 1956 in den »Studien zum Traditionalismus« erschienen war und der ihm weit tiefere Erkenntnisse vermittelte als der Swami, der ihn zehn Jahre lang unterrichtet hatte. In Teheran gab ihm Nasr Schuons zweitwichtigstes Buch: »Understanding Islam« (1961).
Smith unterschied am Traditionalismus zwei Aspekte: den Perennialismus und das, was er »Traditionalismus« nannte. Der Perennialismus löste das Problem des Einen und Vielen, der Beziehung zwischen den unterschiedlichen Religionen. Nicht die Suche nach einer einzigen Essenz, die alle durchdrang, war die Lösung, sondern dass man sie als verschiedenartige Ausdrucksformen des Absoluten betrachtete, das unaussprechlich war und unausgesprochen blieb. Der Traditionalismus so wie er ihn verstand, gab seiner Opposition gegen den Wissenschaftsglauben ein neues Fundament. Die Postmodernen hatten in seinen Augen Recht, wenn sie versuchten, über diesen Wissenschaftsglauben hinauszugehen, aber sie irrten sich, wenn sie weiterhin versuchten, die Dinge zu unterscheiden, wo es doch aus seiner Sicht darum ging, sie zusammenzuschauen.
Smiths religiöse Suche fand teilweise unter öffentlicher Anteilnahme statt, aber er bekannte sich nie öffentlich dazu, Muslim zu sein. Dennoch erzählte er der Presse, er habe mehr als einmal den Ramadan mitgefeiert und seit 26 Jahren fünfmal täglich arabisch gebetet. Er praktizierte weiterhin Joga und besuchte die methodistische Kirche, obwohl er der Auffassung war, der Methodismus habe keinen theologischen Inhalt mehr.
Jedenfalls hat Smith zur Verbreitung der traditionalistischen Philosophie in den USA beigetragen. Er schrieb ein begeistertes Vorwort zur Neuausgabe von Schuons »Transcendent Unity« und die Neuauflage seines Buches über die Weltreligionen war einiges traditionalistischer als die erste Auflage von 1958: sie enthielt erheblich mehr Ausführungen über den Sufismus und die Religion der amerikanischen Ureinwohner.
Smith publizierte zwei traditionalistische Werke, »Forgotten Truth: The Primordial Tradition« (1976) und »Beyond the Post-Modern Mind« (1982). Beide erreichten nicht die Auflage seines Buches über die Weltreligionen, vielleicht, weil sie zu offen traditionalistisch waren. Selbst ihm gelang es nicht, den Traditionalismus jedem begreiflich zu machen, erst recht nicht interessant oder unterhaltsam. Trotzdem erreichten beide Bücher hohe Auflagen. Sie wurden sogar zum Inhalt einer dreiteiligen Radiosendung, die ein gutes Beispiel für gemäßigten Traditionalismus war: die Argumente waren einfach, Guénon wurde nicht erwähnt und der mittlere Teil über die Psychologie der religiösen Erfahrung enthielt überhaupt keine traditionalistischen Ansichten, sondern handelte von seinen eigenen Experimenten mit psychoaktiven Drogen in den 1960er Jahren. Manches an seinem gemäßigten Traditionalismus wirft die Frage auf, wie weit diese Mäßigung gehen kann, bevor sie dazu führt, dass er keiner mehr ist, sondern bloß noch eine vage Gegnerschaft gegen den Materialismus.
Neben Smith verfassten zahlreiche andere Schüler Schuons traditionalistische Werke. Zwischen 1950 und 1999 publizierten Schuon und 23 seiner (identifizierbaren) Anhänger rund 220 Bücher. 80 von ihnen wurden in andere Sprachen übersetzt und erlebten mehrere Auflagen. 30 waren bedeutende Werke, mit vielen Auflagen bei mehreren Verlagen und mehreren Übersetzungen.
Manche dieser Bücher waren streng traditionalistisch und erschienen in traditionalistischen Verlagen, entweder in den »Études traditionelles« in Paris oder im Verlag der Schuon-Anhänger »World Wisdom Books« in Bloomington. Manche wurden von Nischenverlagen wie »Arche« in Mailand publiziert. Diese Bücher entwickelten die traditionalistische Philosophie weiter und wandten sich an überzeugte Anhänger. Nur wenige von ihnen erlebten größere Auflagen.
Virginia Gray Henry Blakemore
Wichtiger waren Bücher, die sich an ein größeres Publikum wandten, sich mit Spiritualität oder Religion im allgemeinen befassten, oder mit Aspekten des Islam, des Christentums, des Buddhismus, der Religion der Ureinwohner, manchmal mit Hinduismus oder Judentum. Viele dieser Bücher wurden in Publikumsverlagen veröffentlicht; bei Penguin und Routledge, den Universitätsverlagen von Harvard, Princeton und Oxford oder Gallimard in Frankreich. Andere erschienen in gemäßigt traditionalistischen Verlagen, deren drei bedeutendste von Virginia Gray Henry Blakemore gegründet wurden.
Gray Henry Blakemore schrieb nicht nur selbst über den Islam, sondern gründete auch zwei Verlage in England (»Quinta Essentia« 1979 und »The Islamic Text Society« 1981), bevor sie nach Nordamerika zurückkehrte und 1997 in Kentucky den Verlag »Fons Vitae« ins Leben rief. Alle drei Verlage boten ein überschaubares Angebot wichtiger gemäßigter und streng traditionalistischer Texte, daneben viele Übersetzungen klassischer traditioneller Texte von höchster Qualität, sowohl aus wissenschaftlicher als auch aus ästhetischer Sicht. Der große Sufimystiker al-Ghazali etwa war zuvor nur in Übersetzungen zugänglich, die aus jeder Sicht von grauenhafter Qualität waren. Die Islamic Text Society begann Ghazalis Werke Band für Band herauszugeben, in schöner Aufmachung und getreuer Übersetzung durch Gelehrte, die zwar nicht immer Anhänger Schuons oder gar Maryami waren, aber häufig amerikanische Konvertiten zum Islam. So wie Nasr eine Renaissance klassischer mystischer Texte im Iran ermöglichte und Vâlsan in Frankreich, tat dies Henry im englischen Sprachraum.
Anhänger Schuons sind meist Spezialisten auf einem Gebiet, das mit ihrer Religion zu tun hat, etwa islamischer Kunst oder griechischer Dichtung oder der Musik der Renaissance. Ihre Bücher sind gut geschrieben und wollen den Leser nicht bekehren, sondern stellen die Religion in einer Art dar, die nicht einmal die agnostischsten Leser abstößt. Maryami, die den Islam vertreten, erscheinen – im Gegensatz zu den meisten Muslimen, die den Islam im Westen repräsentieren –, als gebildete Intellektuelle, die eine wirkliche Alternative aufzeigen, der sie vollkommen vertrauen. Ob man sich von dieser Alternative angezogen fühlt oder nicht, ist eine andere Frage.
Anhänger Schuons präsentieren die esoterische Tradition der Religion oder Religionen, mit denen sie sich befassen, gewöhnlich als ihren bedeutendsten Ausdruck und spielen in der Regel alle Differenzen zwischen Esoterik und Exoterik herunter. Schuons »Understanding Islam« und Nasrs »Ideals and Realities of Islam« handeln in Wahrheit mehr vom Sufismus als vom Islam. Sie heben auch künstlerische Ausdrucksformen der Religion hervor, wie Burckhardt in seinem Buch »Fez: City of Islam« (1992). Zudem neigen sie dazu, die esoterische Tradition der jeweiligen Religion als eine Erscheinungsform einer absoluten Wahrheit darzustellen, die seit unvordenklichen Zeiten bestanden hat und nur jenen zugänglich ist, die imstande sind, den Rationalismus und den Wissenschaftsglauben hinter sich zu lassen, die zu den Krankheiten der Moderne gehören.
Nur jemand, der mit der traditionalistischen Philosophie vertraut ist und nach ihr sucht, wird sie in diesen Büchern finden. Traditionalistische Deutungen werden nie als solche benannt, sondern als schlichte Wahrheit ausgegeben. Diese Praxis ist nicht unehrenhaft: wir alle stellen die Dinge so dar, wie wir sie sehen, ohne dass wir uns verpflichtet fühlen, genau zu erklären, wie wir dazu gekommen sind, sie so zu sehen. Manche Leser, die sich genügend dafür interessieren, finden aber die gelegentlichen Hinweise auf Werke strenger Traditionalisten, denen sie auch nachgehen.
In den späten 1980er Jahren gab Nasr zwei Bände mit dem Titel »Islamic Spirituality« in der hervorragenden Crossroads-Reihe über die Spiritualität der Welt heraus. Nahezu alle Mitwirkenden waren Maryami. Entgegen ihrem Titel handelten die zwei Bände ausschließlich vom Sufismus. Dies jedenfalls wird jenen Lesern klar, die sich ihr eigenes Urteil darüber bilden können, ob sich Spiritualität nicht auch anderswo im Islam findet. Die meisten Leser können aber nicht zwischen Sufi-Spiritualität und traditionalistischer Spiritualität unterscheiden. Für einen Kenner des Sufismus, der mit dem Traditionalismus vertraut ist, enthält nahezu jeder Beitrag Interpretationen, die eindeutig traditionalistisch sind, aber nie als solche gekennzeichnet werden. Viele dieser Interpretationen sind diskussionswürdig. Der Leser dagegen, der kein Spezialist ist, kann weder die Herkunft noch die Diskussionswürdigkeit dieser Interpretationen erkennen.