»Was einer der geringsten eurer Brüder denkt …«

Zuletzt aktualisiert am 21. Oktober 2020.

»Was einer der geringsten eurer Brüder denkt …«. Rudolf Steiner 1919 über Toleranz und Selbsterziehung zum Idealismus als Gedankenweg und Willensweg zu Christus.

Toleranz – der Gedankenweg zu Christus

was einer der geringsten eurer brüder denktWie finde ich den wahren Weg, der zu Christus führt, zu diesem besonderen göttlichen Wesen, das mit Recht als der Christus bezeichnet wird? – Wenn wir bloß geboren werden und von der Geburt bis zum Tode hier auf Erden mit einem Seelenleben leben, das sich nun einmal nach der gebräuchlichen Anlage und Entwickelung der Anlagen zwischen Geburt und Tod ergibt, dann haben wir nämlich gar keine Veranlassung, zu dem Christus zu kommen. Dann mag in uns noch so viel Geistiges vorgehen, wir haben keine Veranlassung zu dem Christus zu kommen. Wenn wir uns gewissermaßen, ohne dass wir etwas Gewisses tun, was ich gleich bezeichnen werde, einfach zwischen Geburt und Tod entwickeln, wie das die meisten Menschen heute tun, dann bleiben wir dem Christus fern.

Wie aber kommen wir zu dem Christus? Die Initiative, wenn auch die manchmal aus dem Unterbewussten oder aus dem dunklen Gefühl heraus kommende Initiative, den Weg zum Christus einzuschlagen, muss aus uns selbst kommen. Zu dem Gott, der auch identisch ist mit dem Gott Jahwe, kann man kommen, wenn man einfach gesund lebt. Den Jahwe nicht zu finden, ist bloß eine Art von Krankheit des Menschen. Gottesleugner, Atheist sein, bedeutet in einer gewissen Weise krank sein. Ist man überhaupt vollständig gesund normal entwickelt, so ist man nicht Gottesleugner, weil es lächerlich ist, zu glauben, dass dasjenige, was wir als unseren gesunden Organismus an uns tragen, nicht göttlichen Ursprungs sein könnte. Das Ex deo nascimur ist etwas, was im sozialen Leben dem gesund entwickelten Menschen sich von selbst ergibt. Denn erkennt er das nicht an: Aus dem Göttlichen bin ich geboren – so muss er irgendwie einen Defekt haben, der sich eben in der Weise ausdrückt, dass er Atheist wird. Aber da kommen wir zu dem Göttlichen im allgemeinen, das aus einer inneren Lüge heraus moderne Pastoren Christus nennen, das aber nicht der Christus ist.

Zu dem Christus kommen wir nur – und ich spreche hier mit Bezug auf unsere unmittelbare Gegenwart –, wenn wir noch weitergehen, als das gewöhnlich naturgemäß Gesunde anzuerkennen. Denn wir wissen, dass das Mysterium von Golgatha deshalb auf die Erde gekommen ist, weil fernerhin der Mensch nicht das Menschenwürdige ohne dieses Mysterium von Golgatha, das heißt, ohne den Christus-Impuls hätte finden können. Und so müssen wir gewissermaßen unseren Menschen zwischen Geburt und Tod nicht nur finden, sondern wir müssen ihn wiederfinden, wenn wir Christen sein wollen im rechten Sinne, wenn wir dem Christus nahekommen wollen. Wir müssen ihn in der folgenden Weise wiederfinden, diesen unseren Menschen. Wir müssen die innere Ehrlichkeit suchen, müssen uns aufraffen zu der inneren Ehrlichkeit, uns zu sagen: Wir werden mit Bezug auf unsere Gedankenwelt nach dem Mysterium von Golgatha nicht vorurteilslos geboren, wir werden alle mit gewissen Vorurteilen geboren.

Wir werden vorurteilsvoll geboren

In dem Augenblicke, wenn man in Rousseauscher oder in anderer Weise den Menschen von vornherein für vollkommen hält, kann man überhaupt nicht den Christus finden, sondern nur wenn man weiß, dass der Mensch in gewisser Weise als ein nach dem Mysterium von Golgatha Lebender einen Defekt hat, den er durch seine eigene Tätigkeit im Leben hier ausgleichen muss. Ich bin als ein vorurteilsvoller Mensch geboren und muss mir die Gedankenvorurteilslosigkeit im Leben erst erwerben.

Und wodurch kann ich sie hier erwerben? Einzig und allein dadurch, dass ich nicht nur Interesse entwickele für dasjenige, was ich selber denke, was ich selber für richtig halte, sondern dass ich selbstloses Interesse entwickele für alles, was Menschen meinen und was an mich herantritt, und wenn ich es noch so sehr für Irrtum halte.

Je mehr der Mensch auf seine eigenen eigensinnigen Meinungen pocht und sich nur für diese interessiert, desto mehr entfernt er sich in diesem Augenblicke der Weltentwickelung von dem Christus. Je mehr der Mensch soziales Interesse entwickelt für des anderen Menschen Meinungen, auch wenn er sie für Irrtümer hält, je mehr der Mensch seine eigenen Gedanken beleuchtet durch die Meinungen der anderen, je mehr er hinstellt neben seine eigenen Gedanken, die er vielleicht für Wahrheit hält, jene, welche andere entwickeln, die er für Irrtümer halt, aber sich dennoch dafür interessiert, desto mehr erfühlt er im Innersten seiner Seele ein Christus-Wort, das heute im Sinne der neuen Christus-Sprache gedeutet werden muss.

Was einer der geringsten eurer Brüder denkt

Der Christus hat gesagt: »Was ihr einem der geringsten meiner Brüder tut, das habt ihr mir getan.«

Der Christus hört nicht auf, immer wieder und wieder sich den Menschen zu offenbaren, bis ans Ende der Erdentage.

Und so spricht er heute zu denjenigen, die ihn hören wollen: Was einer der geringsten eurer Brüder denkt, das habt ihr so anzusehen, dass ich in ihm denke, und dass ich mit euch fühle, indem ihr des anderen Gedanken an euren Gedanken abmesset, soziales Interesse habt für dasjenige, was in der anderen Seele vorgeht. Was ihr findet als Meinung, als Lebensanschauung in einem der geringsten eurer Brüder, darin suchet ihr mich selber.

So spricht in unser Gedankenleben hinein der Christus, der sich gerade auf eine neue Weise – wir nähern uns der Zeit – den Menschen des 20. Jahrhunderts offenbaren will. Nicht dadurch, dass man in Harnackscher Weise spricht von dem Gotte, der auch der Jahwegott sein kann und es in Wirklichkeit ist, sondern dadurch, dass man weiß, Christus ist der Gott für alle Menschen.

Wir finden ihn aber nicht, wenn wir egoistisch in uns bleiben mit unseren Gedanken, sondern nur, wenn wir unsere Gedanken messen mit den Gedanken der anderen Menschen, wenn wir unser Interesse erweitern in innerer Toleranz für alles Menschliche, wenn wir uns sagen: Durch die Geburt bin ich ein vorurteilsvoller Mensch, durch meine Wiedergeburt aus den Gedanken aller Menschen heraus in einem umfassenden sozialen Gedankengefühl werde ich denjenigen Impuls in mir finden, der der Christus-Impuls ist. Wenn ich mich nicht, als den Quell alles dessen, was ich denke, nur selbst betrachte, sondern wenn ich mich als ein Glied der Menschheit bis in das Innerste meiner Seele hinein betrachte, dann ist ein Weg zu dem Christus gefunden.

Das ist der Weg, der heute als der Gedankenweg zu dem Christus bezeichnet werden muss. Ernste Selbsterziehung dadurch, dass wir uns einen Sinn für das Rechnen auf die Gedanken der anderen aneignen, dass wir dasjenige korrigieren, was wir als unsere eigene Richtung von selbst in uns tragen, an Unterhaltungen mit den anderen, es muss das eine ernste Lebensaufgabe werden. Denn würde unter den Menschen diese Lebensaufgabe nicht Platz greifen, so würden die Menschen den Weg zu dem Christus verlieren. Das ist der Weg der Gedanken heute.

Selbsterziehung zum Idealismus – Willensweg zu Christus

Und der andere Weg geht durch das Wollen. Auch da haben die Menschen sich sehr auf den Abweg begeben, der nicht zu dem Christus hinführt, der von dem Christus wegführt. Und wiederfinden müssen wir auf diesem anderen Gebiete den Weg zu dem Christus.

Jugendidealismus

Die Jugend hat von selbst noch etwas Idealismus, aber die heutige Menschheit ist trocken und nüchtern. Und die heutige Menschheit ist hochmütig auf dasjenige, was man oftmals Praxis nennt, was aber nur ein gewisser enger Sinn ist. Die heutige Menschheit hält nichts von Idealen, die aus dem Quell des Geistigen herausgeholt sind. Die Jugend hat sie noch, diese Ideale. In keiner Zeit war das Leben der Alten so sehr verschieden von dem Leben der Jugend, wie das heute ist.

Nichtverstehen des Menschen ist überhaupt dasjenige, was unserer heutigen Zeit eignet. Ich habe gestern hingewiesen auf die tiefe Kluft, welche zwischen Proletariat und Bürgertum herrscht. Auch das Alter und die Jugend – wie schlecht verstehen sie sich heute! Das ist dasjenige, was wir auch sehr, sehr berücksichtigen sollen.

Versuchen wir, die Jugend mit Bezug auf ihren Idealismus zu verstehen. Sehr schön, aber man will ihn heute der Jugend austreiben. Man will ihn dadurch heute austreiben, dass man der Jugend eine gewisse Phantasieerziehung, Phantasiebildung durch das Märchen, durch die Legende, durch alles dasjenige, was von dem trockenen äußeren Sinnlichen hinwegführt, entzieht. Dennoch wird es sogar schwierig sein, der Jugend dasjenige auszutreiben, was jugendlicher, natürlicher, elementarer Idealismus ist.

Selbsterziehung zum Idealismus

Aber was ist das? Schön ist es, groß ist es, aber es darf nicht das Alleinige im Menschen sein. Denn dieser jugendliche Idealismus ist doch nur der Idealismus des Ex deo nascimur, des Göttlichen, das auch mit dem Jahwegöttlichen identisch ist, das aber nicht allein bleiben darf, nachdem das Mysterium von Golgatha über die Erde hingegangen ist. Es muss daneben noch etwas anderes geben, es muss eine Erziehung, eine Selbsterziehung zum Idealismus geben. Neben dem angeborenen Idealismus der Jugend muss darauf gesehen werden, dass in der menschlichen Gemeinschaft etwas erworben wird, was eben erworbener Idealismus ist, was nicht bloß Idealismus aus Blut und Jugendfeuer heraus ist, sondern was anerzogen ist, was man sich selbst erst aus irgendeiner Initiative erwirbt. Anerzogener, namentlich selbstanerzogener Idealismus, der auch dann nicht verlorengehen kann mit der Jugend, das ist etwas, was den Weg zu dem Christus eröffnet, weil es wieder etwas ist, was im Leben zwischen Geburt und Tod eben erworben wird.

Blutidealismus und selbst erworbener Idealismus

Fühlen Sie den großen Unterschied zwischen Blutidealismus und dem anerzogenen, dem erworbenen Idealismus. Fühlen Sie den großen Unterschied zwischen Jugendfeuer und demjenigen Feuer, das aus dem Ergreifen des Geisteslebens kommt und immer von neuem und neuem entfacht werden kann, weil wir es in unserer Seele, unabhängig von unserer leiblichen Entwickelung, uns angeeignet haben, dann haben Sie ergriffen den zweiten Idealismus, welcher der erworbene Idealismus ist, der Idealismus der Wiedergeburt, nicht der des Angeborenseins. Das ist der Willensweg zu dem Christus. Der andere ist der Gedankenweg.

Toleranz, soziales Interesse, Selbsterziehung

Fragen Sie heute nicht nach abstrakten Wegen zu dem Christus, fragen Sie nach diesen konkreten Wegen. Fragen Sie, wie der Gedankenweg ist, der darin besteht, dass wir innerlich tolerant werden für Meinungen der Gesamtmenschheit, dass wir soziales Interesse für die Gedanken der anderen Menschen gewinnen. Fragen Sie, wie der Willensweg ist, so werden Sie nicht irgend etwas Abstraktes finden, sondern die Notwendigkeit, einen Idealismus sich anzuerziehen. Dann aber, wenn Sie sich diesen Idealismus anerziehen, oder wenn Sie ihn der Jugend, der aufwachsenden Jugend anerziehen, was insbesondere notwendig ist, dann finden Sie in dem, was da als Idealismus heranerzogen wird, dass in dem Menschen der Sinn erwacht, nicht nur dasjenige zu tun, wozu die äußere Welt stößt. Sondern aus diesem Idealismus heraus quellen die Impulse, mehr zu tun, als wozu die Sinneswelt stößt, quillt der Sinn auf, aus dem Geiste heraus zu handeln.

In dem, was wir aus anerzogenem Idealismus tun, verwirklichen wir dasjenige, was der Christus wollte, der nicht deshalb aus außerirdischen Welten auf die Erde herabgekommen ist, um bloß irdische Ziele hier zu verwirklichen, sondern aus der außerirdischen in die irdische Welt herabgekommen ist, um Überirdisches zu verwirklichen. Wir wachsen aber nur mit ihm zusammen, wenn wir uns Idealismus anerziehen, so dass Christus, der überirdisch im Irdischen ist, in uns wirken kann. Nur im anerzogenen Idealismus verwirklicht sich das, was das Paulinische Wort über den Christus sagen will: »Nicht ich, sondern der Christus in mir.« Wer nicht versuchen will, den in innerer moralischer Wiedergeburt anerzogenen Idealismus zu entwickeln, der kann nichts anderes sagen als: Nicht ich, sondern der Jahwe in mir.

Wer aber denjenigen Idealismus eben erwirbt, der anerzogen werden muss, der erworben werden muss, der kann sagen: »Nicht ich, sondern der Christus in mir.« Das sind die zwei Wege, durch die wir den Christus wirklich finden. Wandeln wir sie, dann werden wir nicht mehr so sprechen, dass unser Sprechen eine innere Lüge ist. Dann werden wir von dem Christus sprechen als dem Gotte unserer inneren Wiedergeburt, während der Jahwe der Gott unserer Geburt ist.

Wahre Menschenliebe

Dieser Unterschied muss gefunden werden von dem neueren Menschen, denn dieser Unterschied allein ist zugleich das, was uns zu wahren sozialen Gefühlen, zu wahren sozialen Interessen bringt. Wer anerzogenen Idealismus in sich entwickelt, der hat auch Liebe für die Menschen. Predigen Sie, wieviel Sie wollen von den Kanzeln, die Menschen sollen sich lieben. Sie reden wie zum Ofen. Wenn Sie ihm gut zureden, er wird doch nicht das Zimmer heizen, er wird das Zimmer heizen, wenn Sie Kohle hinein tun. Sie brauchen ihm dann gar nicht zuzureden, dass es seine Ofenpflicht ist, das Zimmer zu wärmen. So können Sie der Menschheit immer predigen: Liebe und Liebe und Liebe. Das ist eine bloße Rederei, das ist ein bloßes Wort. Arbeiten Sie dahin, dass die Menschen in bezug auf den Idealismus eine Wiedergeburt erleben, dass sie neben dem Blutidealismus einen seelisch anerzogenen Idealismus haben, der durchhält durch das Leben, dann heizen Sie auch in der Seele des Menschen Menschenliebe. Denn so viel Sie an Idealismus sich selber anerziehen, so viel führt Sie Ihre Seele von Ihrem Egoismus hinaus zu einem selbständigen Gefühlsinteresse für die anderen Menschen.

Wachsendes Verantwortungsgefühl

Eines werden Sie allerdings erleben, wenn Sie diesen zweifachen Weg gehen, den Gedankenweg und den Willensweg, den ich mit Bezug auf die Erneuerung des Christentums Ihnen angedeutet habe. Aus den innerlich toleranten und sich für andere Gedanken interessierenden eigenen Gedanken heraus und aus dem wiedergeborenen Willen, in anerzogenem Idealismus wiedergeborenen Willen, da entwickelt sich etwas, das nicht anders bezeichnet werden kann als ein für alle Dinge, die man tut und denkt, erhöhtes Verantwortlichkeitsgefühl. Der Mensch, der Neigung hat, hinzusehen auf die Entwickelung seiner Seele, wird, wenn er die beiden Wege geht, in sich fühlen – anders als im gewöhnlichen Leben, das nicht diese Wege geht – das erhöhte, verfeinert sich äußernde innere Verantwortlichkeitsgefühl gegenüber den Dingen, die man denkt, die man tut. Stößt so das Verantwortlichkeitsgefühl auf, dass man sich sagt: Kann ich denn das auch rechtfertigen, nicht bloß für den nächsten Kreis meines Lebens und der unmittelbaren Umgebung, kann ich es denn rechtfertigen, indem ich mich weiß angehörig einer übersinnlich-geistigen Welt? Kann ich es denn rechtfertigen, indem ich weiß, dass alles das, was ich hier auf Erden tue, eingeschrieben wird in eine Akasha-Chronik ewiger Bedeutung, wo es weiterwirkt?

Oh, das fühlt man stark, diese übersinnliche Verantwortlichkeit gegenüber allem! Das ist etwas, das wie ein Mahner an einen herantritt, wenn man den zweifachen Christus-Weg sucht, wie ein Wesen, das hinter einem steht, einem über die Schulter blickt, einem immer sagt:

Du bist nicht nur vor der Welt, du bist vor dem Göttlich-Geistigen verantwortlich für das, was du denkst und tust.

Aber dieses Wesen, das uns so über die Schulter blickt, unser Verantwortlichkeitsgefühl erhöht, verfeinert, auf ganz andere Wege bringt, als es vorher war, ist doch dasjenige, welches uns erst recht nahe hinführt zu dem Christus, der durch das Mysterium von Golgatha gegangen ist. Von diesem Christus-Wege, wie er gefunden wird und wie er sich in dem zuletzt charakterisierten Wesen zeigt, wollte ich Ihnen heute sprechen. Denn dieser Christus-Weg hängt innig zusammen gerade mit den tiefsten sozialen Impulsen und Aufgaben unserer Zeit.

Rudolf Steiner in: Der innere Aspekt des sozialen Rätsels. Luziferische Vergangenheit, ahrimanische Zukunft, GA 193 (Dornach 1977), Zürich 11.2.1919, S. 58 f.


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3 Kommentare

  1. Nach mehreren Aufsätzen bezüglich der Covid-19-Krise und den diesbezüglich weiterhin laufenden Diskussionen jetzt ein Hinweis zum Christusverständnis aus dem Nachlass Rudolf Steiners, was genauso nach meiner Meinung heutzutage weiterhin aktuell ist.
    Außerhalb der anthroposophischen Bewegung wird die enge Verbindung Rudolf Steiners mit dem Christentum von unterschiedlichsten Seiten als Problem begriffen grade im Zusammenhang mit seinen Interpretationen und damit auch inhaltlichen Erweiterungen; zusätzlich für viele Mitbürger störend spielt hier hinein die Verknüpfung des Christentums mit dem Anspruch zeitgemäßen “Hellsehens”. “Der kompakte Nachlass Rudolf Steiners kann so unter bestimmten Voraussetzungen begünstigen den Vorwurf von Sektenbildung”.— Diese Gefahr besteht latent, wenn Leser Ergebnisse der Anthroposophie eingeengt (wörtlich) begreifen als absolute Offenbarung, ebensolche Wahrheit und weitgehend ohne Eigeninitiative im Seelisch-Geistigen. Eigentlich ist Letzteres prinzipiell ausgeschlossen innerhalb vernünftiger Befürwortung der Anthroposophie. In diesem Sinn findet der Kritiker (wahrscheinlich) ohne Ausnahmen(?) kein Sektenverhalten innerhalb der anthroposophischen Bewegung. Das ist auch meine Erfahrung und damit Überzeugung.
    Das obige Inhaltliche von Rudolf Steiner ist in seinen Hinweisen klar, deutlich und öffnet zusätzlich eine Tür hin zu seiner ART. Der aufmerksame Leser bekommt eine differenzierte “Ansage”.— Unzweifelhaft steht Rudolf Steiner auf dem Boden des Christentums und ist mit seinem Begründer in allem sogar irgendwie verschmolzen. Das ist das wohl wichtigste von ihm gelebte “Ideal”. … .

    • … .

      Unter anderem bezogen auf die Covid-19-Krise kann in diesem Zusammenhang die Frage auferstehen, ob aus solcher Gesinnung überhaupt seriöse Wissenschaft gepflegt werden kann, wenn sozusagen in der Wissenschaft der tief überzeugte Christ alles prägt und formt.

      Es ist gleichzeitig die Frage, was passiert, wenn die Wissenschaft insgesamt sich hineinschiebt in den Bereich der Ethik zum Wohl der Evolution des Menschen.

      Die von Rudolf Steiner in ihrem Wert betonte moralische Phantasie darf an dieser Stelle angeführt werden und ihre Beziehung zur Freiheit (letztere als Triebfeder, erstere als Motiv oder umgekehrt?).

      Es klingt gewagt, aber so betrachtet unterstützt Anthroposophie die wichtigen allgemeinen Menschenrechte. Diese sind kongenial mit wissenschaftlicher Art echter anthroposophischer Gesinnungen.

      In diesen zusammenhängenden Dynamiken wirkt das Weltreich der freischaffenden Kunst als kreative Weltbetrachtung und schöpferische Weltbereicherung. … .

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        Mein Fazit …
        Der Nachlass Rudolf Steiners spiegelt praktizierende moralische Phantasie. Sie eröffnet sich in ihrer Bedeutung erst umfassend durch die universelle Weltanschauung (auch Forschung) der freischaffenden Kunst. Anthroposophische Geisteswissenschaft, aus dieser Perspektive gedeutet, beginnt und ist in solchen Zusammenhängen die Fähigkeit gültigen Begreifens, Verstehens der damit in Erscheinung tretenden Phänomene (Rätsel). Dementsprechend Antworten auf die Frage nach sogenannter Hellsichtigkeit und einer konkreten geistigen Welt verbergen sich im dazugehörigen Freiheitsimpuls des Menschen durch entsprechende wirksame moralische (genauso ethische) Initiativen.— Also bezogen auf die Anthroposophie: Ein in Eigenverantwortung geführter und somit individualisierter Erkenntnisweg, einbezogen die Gesetzmäßigkeiten der freischaffenden Kunst als historischer Prozess mit dazugehörigen geschulten Wahrnehmungen fördert, pflegt und erweitert die voll menschliche Bildung. Ohne Autoritätsglaube ist sie entscheidend für Erkenntnisse auch über eventuell existierende “objektive höhere Welten”. In diesem Sinn ist für Anthroposophie die bewusst aktiv begleitete Komposition der eigenen Biografie das alles Entscheidende.

        Daraus ergeben sich Einsichten für aus solchem Menschsein geführte Reformen mit Blick auf Zivilisation, genauso Sozialisation und Sozialverhalten. In diesem Duktus ist kulturelle Initiative konkret erheblich ausbaubar bis verstärkt hinein in Produktions- und damit Wirtschaftsverhalten. Darin liegt nach meiner Meinung die wirklich lohnenswerte Zukunft beschlossen. Sie berücksichtigt das Freiheitsstreben der Individualität, anerkennt für die eigene Existenz den Wert unverdorbener Natur, erschafft grundsätzlich sauber und nachhaltig im eigenen Interesse, begreift das ausschließlich Digitale in seinen Begrenzungen und Zwängen usw. … .— Letzten Endes handelt es sich primär um angemessene Rücksicht und Förderung genauso der emotionalen Intelligenz des Menschen mit ihren Auswirkungen auf den Intellekt (was heutzutage weitgehend radikal unterschätzt wird), die eben nicht fremdbestimmt werden soll sondern durch das Bildungsstreben des ICH.

        Warum in diesem ganzen Gemisch die globalen Religionen? Können wir darauf verzichten? Nein! Sie schenken uns umfassend Hinweise und eine direkte Verbindung zum Thema der weltumfassenden Sozialität, in die wir eingebunden sind und gleichzeitig durchgehend kennenlernen dürfen; die damit verschmolzenen positiven Werte in Form von rätselhaften Erzählungen bereichern unser Geistesleben unverzichtbar. Es gibt dafür keinen Ersatz(!). … .

        Die obigen Hinweise Rudolf Steiners beziehen sich auf das Christentum. Er hat sich in seinen geisteswissenschaftlichen Versuchen dafür, als die ihm zugehörige “Religion”, entschieden. Usw. … .

        Verantwortung des Menschen. Wofür?— Ich will mit diesem Kommentar (umständlich) hinweisen auf meinen Standpunkt bezüglich der bekannten Aussage: Das Was bedenke, mehr bedenke wie. (In ihr liegt für jeden Mut und Hoffnung).— In der Evolution dürfen wir uns entscheiden für befreiendes Geistesleben und damit wirklich förderlicher Kultur für unser komplettes Menschsein.

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