Das Wahrheitsministerium in Aktion

Zuletzt aktualisiert am 9. Dezember 2023.

Bekanntlich existiert in George Orwells Roman 1984 ein Wahrheitsministerium. Seine Aufgabe besteht in der permanenten Löschung und Neuerfindung der Wirklichkeit gemäß dem Grundsatz, dass die Zukunft beherrscht, wer die Vergangenheit beherrscht und die Vergangenheit, wer die Gegenwart beherrscht. Das »Miniwahr« ist eine Mysterienstätte, an der die schwarze Kunst der Wirklichkeitskontrolle oder des Zwiedenk geübt wird, in dessen labyrinthischen Abgründen sich nur zurechtfinden kann, wer jahrelang darin konditioniert wurde. Diese Kunst, oder vielleicht eher Technik, besteht darin, »zu wissen und nicht zu wissen, sich des vollständigen Vertrauens seiner Hörer bewusst zu sein, während man sorgfältig konstruierte Lügen erzählte, gleichzeitig zwei einander ausschließende Meinungen aufrechtzuerhalten, zu wissen, dass sie einander widersprachen und an beide zu glauben; die Logik gegen die Logik ins Feld zu führen; die Moral zu verwerfen, während man sie für sich in Anspruch nahm; zu glauben, Demokratie sei unmöglich, die Partei jedoch die Hüterin der Demokratie; zu vergessen, was zu vergessen von einem gefordert wurde, um es sich dann, wenn man es brauchte, wieder ins Gedächtnis zurückzurufen, und es hierauf erneut prompt wieder zu vergessen; und vor allem, dem Verfahren selbst gegenüber das gleiche Verfahren anzuwenden.« Wer sich etwas näher mit dem Internet-Oligopol befasst, das die Nachrichten über die Wirklichkeit und damit die Wirklichkeit bestimmt, in der wir leben, kann dieses Wahrheitsministerium in Aktion auf dessen diversen Plattformen, den sogenannten »sozialen Netzwerken« oder »Suchmaschinen«, beobachten. Die einzelnen Oligopolisten arbeiten, auch wenn sie als scheinbare Konkurrenten auftreten, weitgehend synchron und koordiniert.

Wahrheitsministerium in Aktion I: Facebook

Zwei Mitarbeiter von Facebook haben vor einigen Tagen interne Unternehmensdokumente veröffentlicht, aus denen hervorgeht, wie ein solches Wahrheitsministerium, das die Weltsicht von 3,8 Milliarden Nutzern zu normieren versucht, systematisch die Realität zurechtbiegt, soweit sie sich auf seinen »sozialen« Plattformen Facebook und Instagram spiegelt.

Laut diesen Dokumenten besteht das Ziel eines eigens zu diesem Zweck entwickelten Aktionsprogramms darin, das Ausmaß, in dem Benutzer mit Äußerungen von »Impfzögerlichkeit« (vaccine hesitancy) konfrontiert werden, drastisch zu reduzieren. Angestrebt wird auch eine Reduktion der »sonstigen Verwicklung« von Nutzern »in Äußerungen von Impfzögerlichkeit, was das Erstellen von Likes, Berichten und Antworten auf Nachrichten anderer« einschließt.

Das 2011 von James O’Keefe gegründete gemeinnützige Project Veritas, das sich dem Ziel verschrieben hat, Korruption, Unehrlichkeit, Verschwendung, Betrug und anderes Fehlverhalten in öffentlichen und privaten Institutionen aufzudecken, um eine ethischere und transparentere Gesellschaft zu erreichen, hat die entsprechenden Dokumente veröffentlicht. Das Projekt setzt sich außerdem gegen die Unterdrückung der freien Meinungsäußerung ein.

Den Dokumenten zufolge hat Facebook für das ideologische Framing der Pandemie Algorithmen entwickelt, die von Nutzern gepostete Inhalte und Kommentare nach ihrer »Gefährlichkeit« sortieren und entsprechend sanktionieren. Je offener Nutzer COVID-19-Impfungen in Frage stellen oder kritisieren, um so stärker wird die Sichtbarkeit ihrer Beiträge eingeschränkt oder sie werden gleich gelöscht.

Wahrheitsministerium

Quelle: Project Veritas

Die Kategorisierung umfasst 4 Stufen, wobei Stufe 0 die schlimmste ist, Stufe 4 die vergleichsweise harmloseste oder »neutrale«.

Stufe 0 bilden Beiträge von unzweifelhafter Eindeutigkeit. Sie umfassen »falsche Informationen zu Gesundheitsfragen (»wiederkehrenden«, von Faktencheckern entlarvten Schwindel, weitgehend entlarvten Schwindel, »Falschinformationen« und »Fehlinformationen, die Schaden zufügen könnten«). Sie werden sofort gelöscht.

Stufe 1 umfasst »Alarmismus und Kritik«, wozu »sensationalistische Beiträge über Impfungen gehören, oder solche, die Institutionen kritisieren, die Impfungen anbieten oder Personen, die sich impfen lassen. Ebenfalls zu dieser Kategorie gehören »übertriebene Schlussfolgerungen oder Leugnung« (Denialism), d.h. Beiträge zu Impfstoffen und Impfungen, die suggerieren oder implizieren, dass diese »unsicher, unwirksam, frevelhaft (sacrilegous) oder irrelevant« sind. Eine weitere Unterkategorie der Stufe 1 betrifft »Verschwörungserzählungen«: Inhalte, die unterstellen, weitreichende Gesundheitsschädigungen durch Impfungen würden unterdrückt oder es gebe eine Wahrheit, die absichtlich vor der Öffentlichkeit verborgen werde. Solche Inhalte werden in der Sichtbarkeit oder der Suche herabgestuft, also praktisch unsichtbar gemacht.

Stufe 2 steht für »indirekte Entmutigung« von Impfwilligen. Zu den Inhalten, die dieser Stufe zugeordnet werden, gehören: »Schockierende, möglicherweise wahre Nachrichten« über »unbewiesene oder schwere Nebenwirkungen oder Tod«. Hierbei handelt es sich laut Facebook um Inhalte, die von persönlichen Erlebnissen berichten oder Nachrichten aus Medien über »unbewiesene oder schwere Impfnebenwirkungen« zitieren oder auch Zahlen aus staatlichen Datenbanken über Impfnebenwirkungen (VAERS, Yellow Card System) ohne hinreichenden »Kontext«, die geeignet sind, Impfzögerlichkeit zu fördern. Es ist nebensächlich, ob es sich um »wahre oder möglicherweise wahre« Geschichten handelt: wenn sie geeignet sind, nach Einschätzung von Facebook Impfzögerlichkeit zu fördern, werden sie zum Verschwinden gebracht. Zur Stufe 2 gehört auch die Befürwortung von Alternativen zur Impfung oder die Befürwortung ihrer Ablehnung.

Wahrheitsministerium

Quelle: Project Veritas

Stufe 3 enthält persönliche »Einwände und Skepsis«, worunter die Befürwortung einer persönlichen Entscheidung und die Artikulation von »Unsicherheit« bezüglich Impfungen gehören, sowie »institutionenbasierte Einwände und Skepsis«. Zu letzteren werden Argumentationen gerechnet, die »historische oder gegenwärtige Ungleichheiten« oder »Diskriminierungen« thematisieren; Inhalte, die »Impfstoffe verschiedener Hersteller« oder Impfprogramme unterschiedlicher Länder miteinander vergleichen, um zu Skepsis aufzurufen; Beiträge, die behaupten, Impfstoffe würden nur erzeugt, »um den Interessen von Regierungen oder Herstellern« zu dienen. Weitere Beiträge dieser Kategorie sind solche, die sich auf die freie Meinungsäußerung oder die Freiheit der Entscheidung berufen und sich gegen Impfverordnungen oder andere Maßnahmen von Regierungen oder Pharmaunternehmen, gegen Impfzwänge oder Impfpässe richten sowie »religiös begründete, persönliche, politisch und institutionell begründete« sowie »entwicklungsbezogene Einwände oder Skepsis gegenüber Impfstoffen«. Solche Inhalte werden »gefiltert« bzw. ihnen werden aufklärende Gegeninformationen hinzugefügt.

Der Stufe 4 schließlich werden »neutrale« Beiträge zugeordnet, womit »andere Impfdiskussionen und -debatten« gemeint sind, die bisher von keinen Restriktionen betroffen scheinen.

Einem der beiden Facebookmitarbeiter, Morgan Kahmann, Vater von zwei Kindern, wurde inzwischen fristlos gekündigt. Dieser startete auf der christlichen Fundraising-Webseite GiveSendGo eine Kampagne, die innerhalb weniger Tage bereits rund 434.000 Dollar zu seiner Unterstützung einbrachte (Stand 30.5.2021, 21.00 Uhr; der Betrag wird binnen kurzem wahrscheinlich schon wieder höher sein).

Wahrheitsministerium in Aktion II: Google, YouTube

Facebook ist nicht die einzige Online-Plattform im Besitz eines BigTech-Unternehmens, die sich als Wahrheitsministerium geriert. Ihm zur Seite steht Google, das sich 2006 die Videoplattform YouTube für 1,65 Milliarden Dollar einverleibt hat. Google hält für YouTube einen ellenlangen Katalog von anathematisierten Meinungen und Äußerungen bereit, der sich wie einer jener Häresienkataloge (Listen ketzerischer Glaubenslehren) liest, die aus der Geschichte des Christentums bekannt sind, deren Vertreter mit Exkommunikation oder Tod bedroht wurden. Das Folgende ist ein Zitat.

Wahrheitsministerium

Quelle: Google

»Auf YouTube sind keine Inhalte erlaubt, die medizinische Fehlinformationen zu COVID-19 verbreiten, die im Widerspruch zu medizinischen Informationen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) oder lokaler Gesundheitsbehörden stehen. Dies beschränkt sich auf Inhalte, die den Informationen der WHO oder lokaler Gesundheitsbehörden zu folgenden Themen widersprechen:

  • Behandlung
  • Prävention
  • Diagnose
  • Übertragung
  • Richtlinien zu Social Distancing und Selbstisolation
  • Die Existenz von COVID-19.«

»Die folgenden Inhalte dürfen auf YouTube nicht veröffentlicht werden:

Fehlinformationen zur Behandlung: 

  • Inhalte, in denen die Nutzer zum Einsatz von Hausmitteln bzw. zu Gebeten oder Ritualen ermutigt werden, statt sich in medizinische Behandlung zu begeben und einen Arzt oder das Krankenhaus aufzusuchen
  • Inhalte, in denen behauptet wird, dass es ein garantiert wirksames Heilmittel gegen COVID-19 gibt
  • Inhalte, in denen Ivermectin oder Hydroxychloroquin zur Behandlung von COVID-19 empfohlen wird
  • Behauptungen, dass Ivermectin oder Hydroxychloroquin für eine wirksame Behandlung von COVID-19 geeignet ist
  • Sonstige Inhalte, die Nutzern davon abraten, eine medizinische Fachkraft zu konsultieren oder medizinische Beratung einzuholen

Fehlinformationen zur Prävention: 

Inhalte, die Präventionsmethoden propagieren, die im Widerspruch zu Informationen der WHO oder lokaler Gesundheitsbehörden stehen

  • Behauptungen, dass es eine garantiert wirksame Methode zur Prävention von COVID-19 gibt
    • Behauptungen, dass es sich bei Medikamenten und Schutzimpfungen jeder Art um eine garantiert wirksame Methode zur Prävention von COVID-19 handelt
  • Inhalte, in denen Ivermectin oder Hydroxychloroquin zur Vorbeugung gegen COVID-19 empfohlen wird
  • Behauptungen, dass das Tragen einer Maske gefährlich ist oder negative Folgen für die körperliche Gesundheit hat
  • Behauptungen, dass Masken nicht dazu beitragen können, eine Ansteckung mit oder Übertragung von COVID-19 zu verhindern
  • Behauptungen über Schutzimpfungen gegen COVID-19, die der übereinstimmenden Expertenmeinung lokaler Gesundheitsbehörden oder der WHO widersprechen
    • Behauptungen, dass ein zugelassener Impfstoff gegen COVID-19 zu Tod, Unfruchtbarkeit, Fehlgeburten, Autismus oder zur Ansteckung mit anderen Infektionskrankheiten führt
    • Behauptungen, dass ein zugelassener Impfstoff gegen COVID-19 Substanzen enthält, die nicht in der Zusammensetzung angegeben sind, wie etwa biologisches Material von Föten (z. B. fetales Gewebe oder fetale Zelllinien) oder tierische Produkte
    • Behauptungen, dass ein zugelassener Impfstoff gegen COVID-19 Stoffe oder Hilfsmittel enthalten wird, mit denen geimpfte Personen getrackt oder identifiziert werden können
    • Behauptungen, dass ein zugelassener Impfstoff gegen COVID-19 das menschliche Erbgut verändern wird
    • Behauptungen, dass Impfstoffe gegen COVID-19 das Risiko einer Ansteckung mit COVID-19 nicht reduzieren
    • Behauptungen, dass Impfungen jeder Art zur Ansteckung mit COVID-19 führen
    • Behauptungen, dass eine bestimmte Bevölkerungsgruppe (auf Anordnung einer anderen Stelle als einer Regierung) dazu verpflichtet sein wird, an Impfstofftests teilzunehmen oder sich als Erste impfen zu lassen
    • Inhalte, die die Einnahme nicht zugelassener oder selbst hergestellter Impfstoffe gegen COVID-19 fördern
    • Anleitungen zum Fälschen von Impfnachweisen oder Angebote solcher Dokumente zum Verkauf

Fehlinformationen zur Diagnose:

Inhalte, die Diagnoseverfahren propagieren, die im Widerspruch zu Informationen der WHO oder lokaler Gesundheitsbehörden stehen

Fehlinformationen zur Übertragung:

Inhalte, die Informationen zur Übertragung propagieren, die im Widerspruch zu Informationen der WHO oder lokaler Gesundheitsbehörden stehen

  • Inhalte, in denen behauptet wird, dass COVID-19 nicht durch eine Virusinfektion verursacht wird
  • Inhalte, in denen behauptet wird, dass COVID-19 nicht ansteckend ist
  • Inhalte, in denen behauptet wird, dass sich COVID-19 in bestimmten Klimazonen oder Regionen nicht verbreiten kann
  • Inhalte, in denen behauptet wird, dass es bestimmte Gruppen oder Personen gibt, die gegen das Virus immun sind oder das Virus nicht übertragen können

Fehlinformationen zu Social Distancing und Selbstisolation:

Inhalte, in denen der Nutzen der von der WHO oder von lokalen Gesundheitsbehörden empfohlenen Maßnahmen zur räumlichen Distanzierung oder Selbstisolation zur Verringerung der Übertragung von COVID-19 infrage gestellt wird

Inhalte, in denen die Existenz von COVID-19 geleugnet wird:

  • Leugnung, dass COVID-19 existiert
  • Behauptungen, dass bisher niemand an COVID-19 erkrankt oder gestorben ist
  • Behauptungen, dass das Virus nicht mehr existiert und die Pandemie vorbei ist
  • Behauptungen, dass die Symptome, die Sterblichkeit oder die Infektiosität von COVID-19 weniger oder genau so gravierend sind wie bei einer Erkältung oder saisonalen Grippe
  • Behauptungen, dass COVID-19 nie zu schweren Symptomen führt.«

Was bleibt nach alledem noch erlaubt? Folgendes:

Pädagogische, dokumentarische, wissenschaftliche oder künstlerische Inhalte

»In manchen Fällen können Inhalte erlaubt sein, obwohl sie gegen die auf dieser Seite beschriebenen Richtlinien zu Fehlinformationen verstoßen. Voraussetzung dafür ist, dass in diesen Inhalten Kontext gegeben wird, in dem entgegengesetzte Ansichten von lokalen Gesundheitsbehörden oder der medizinische und wissenschaftliche Konsens ein ebenso großes oder größeres Gewicht erhalten. Ausnahmen sind ebenfalls möglich, wenn Inhalte dazu dienen, Fehlinformationen anzuzweifeln oder zu widerlegen, die gegen unsere Richtlinien verstoßen. Dieser Kontext muss in den Bildern oder Audioinhalten des Videos selbst ersichtlich sein. Die Angabe im Titel oder in der Beschreibung reicht nicht aus.«

Google weist im Übrigen darauf hin, dass die Richtlinien von YouTube zu COVID-19 »sich ändern können, wenn sich die zugrunde liegenden Informationen der weltweiten oder lokalen Gesundheitsbehörden zum Virus ändern.« Die zitierte Richtlinie wurde am 20. Mai 2020 veröffentlicht.

Gedächtnislöcher und Wahrheitsproduktion


Quelle: UKColumn.org

Orwell beschreibt in seinem Roman 1984 den Arbeitsplatz Winstons Smith’s, das Wahrheitsministerium in Aktion. »In den Wänden des Büroraums«, so heißt es, waren drei Löcher angebracht. Rechts von dem Sprechschreiber eine kleine Rohrpoströhre für schriftliche Mitteilungen; links eine größere für Zeitungen; und in der Seitenwand, für Winston in bequemer Reichweite, ein großer, durch ein Klappgitter geschützter länglicher Schlitz. Dieser Schlitz diente als Papierkorb, und ähnliche Schlitze waren zu Tausenden oder Zehntausenden über das ganze Gebäude verteilt, nicht nur in jedem Zimmer, sondern in kurzen Abständen auf jedem Gang. Aus irgendeinem Grund hießen sie Gedächtnis-Löcher. Wusste man, dass ein Dokument zur Vernichtung bestimmt war, oder sah man auch nur ein Stück Abfallpapier herumliegen, war es eine automatische Handlung, das Schutzgitter des nächstbesten Gedächtnis-Loches hochzuklappen und das Papier hineinzuwerfen, woraufhin es von einem warmen Luftstrom zu den riesigen Verbrennungsöfen fortgewirbelt wurde, die in den geheimen Tiefen des Gebäudes verborgen waren.«

Die größte Gruppe der Abteilung Registratur, in der Winston beschäftigt ist, »bestand aus Personen, deren Aufgabe lediglich war, alle Ausgaben von Büchern, Zeitungen und anderen Druckerzeugnissen ausfindig zu machen und zu sammeln, die außer Gebrauch gesetzt und vernichtet werden mussten. Eine Nummer der Times, die vielleicht infolge von Änderungen in der politischen Gruppierung oder der vom Großen Bruder ausgesprochenen irrtümlichen Prophezeiungen ein Dutzendmal neu abgefasst worden war, stand noch immer mit ihrem ursprünglichen Datum versehen in ihrem Regal, und es gab auf der ganzen Welt keine andere Ausgabe, die mit ihr in Widerspruch hätte stehen können. Auch Bücher wurden immer wieder aus dem Verkehr gezogen und neu geschrieben und ohne jeden Hinweis auf die vorgenommenen Veränderungen neu aufgelegt. Sogar die geschriebenen Weisungen, die Winston erhielt, und deren er sich in jedem Fall nach Gebrauch sofort entledigte, sprachen nie aus oder ließen durchblicken, dass eine Fälschung vorgenommen werden sollte: immer wurde nur von Weglassungen, Irrtümern, Druckfehlern oder falschen Zitaten gesprochen, die im Interesse der Genauigkeit richtiggestellt werden mussten.«

Zu den Aufgaben der Mitarbeiter des Ministeriums gehört aber nicht nur, die Wirklichkeit zu kontrollieren, d.h. umzuschreiben, sondern auch sie zu produzieren, also neu zu schreiben. Zahlreiche Abteilungen des Ministeriums sind tagein, tagaus (24/7) mit nichts anderem beschäftigt.

»Und doch war die Registraturabteilung als solche nur ein einzelner Zweig des Wahrheitsministeriums, dessen Hauptaufgabe ja nicht darin bestand, die Vergangenheit entsprechend zu frisieren, sondern die Bürger Ozeaniens mit Zeitungen, Filmen, Lehrbüchern, Televisor-Programmen, Theaterstücken, Romanen – mit jeder nur vorstellbaren Art von Nachrichten, Belehrung oder Unterhaltung zu versorgen, von Denkmälern angefangen bis zum täglichen Kernspruch, vom lyrischen Gedicht bis zur biologischen Abhandlung, von der Kinderfibel bis zum Wörterbuch der Neusprache. Und das Ministerium musste nicht nur die mannigfachen Bedürfnisse der Partei befriedigen, sondern den ganzen Arbeitsgang noch einmal auf dem niedrigeren Niveau des Proletariats wiederholen. Es gab eine Reihe von besonderen Abteilungen, die sich mit der proletarischen Literatur, mit Musik, Theater und Variete für Proletarier befassten. Dort wurden minderwertige Zeitungen, die fast nichts als Sport, Verbrechen und astrologische Ratschläge enthielten, reißerische Fünfcentromane, von Sexualität strotzende Filme und sentimentale Schlager hergestellt, die vollkommen mechanisch mit Hilfe einer Art Kaleidoskop, des sogenannten Versificators, abgefasst wurden. Es gab sogar eine ganze Unterabteilung – Porno-Ro hieß sie in der Neusprache – die sich mit der massenhaften Erzeugung der niedrigsten Art von Pornographie befasste, die in versiegelten Verpackungen versandt wurde und von keinem Parteimitglied, außer den in der betreffenden Abteilung beschäftigten, betrachtet werden durfte.«

Ich empfehle, die Begriffe Neusprache, Partei, Proletariat, Füncentroman, Versificator und Porno-Ro als Metaphern für die algorithmische Verfertigung von Wirklichkeit zu verstehen.


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