Ein bescheidener Vorschlag

Zuletzt aktualisiert am 13. Januar 2024.

Im Jahr 1729 veröffentlichte Jonathan Swift in Dublin die Satire »Ein bescheidener Vorschlag«. Der Text kritisiert die Herz- und Gewissenlosigkeit jener Sozialingenieure, die leider bis heute nicht auf den Mars ausgewandert sind, um dort ihre kühnen Projekte mit Freiwilligen zu realisieren, sondern im Gegenteil seither auf der Erde die Menschheit heimsuchen, um sie mit ihrer schwarzen Pädagogik in jeder erdenklichen Hinsicht umzuerziehen.

Ein bescheidener Vorschlag

Jonathan Swift im Alter von 15 Jahren

Zur Zeit, als Swift seinen Proposal verfasste, lag die Macht in den Händen einiger anglo-irischer Familien, die Parteigänger der anglikanischen Kirche von Irland waren. 5% der irischen Bevölkerung waren Protestanten, denen der größte Teil des Ackerlandes gehörte, auf dem mehrheitlich bitterarme katholische Bauern arbeiteten.

Die Armut der Bauern war eine Folge der Enteignungen und Konfiskationen, die infolge der Rückeroberung der Insel durch die englische Krone seit der Mitte des 16. Jahrhunderts zu grundlegenden Umwälzungen der Besitzverhältnisse geführt hatten. Systematisch wurden die irisch-katholischen Landbesitzer durch englische Protestanten ersetzt. Selbst nach der Entmachtung der Krone setzte das Parlament diese Politik fort. Zwischen 1600 und 1685 wurde auf diese Weise der katholische Landbesitz von 90% auf 22% reduziert. Viele der grundbesitzenden Familien lebten in England (absentee landlords), ihre Loyalität gehörte dem Mutterland. Die Anglo-Iren, die in Irland lebten, lehnten die englische Kontrolle der Insel ab. Zu den Wortführern der Opposition gehörte neben Jonathan Swift auch der spätere Edmund Burke, der Verfasser der Reflections on the Revolution in France (1790).

Das Landgut seines royalistischen Großvaters war im englischen Bürgerkrieg zugrunde gerichtet worden und sein Vater nach Irland geflüchtet, wo Jonathan am 30. November 1667 in Dublin geboren wurde. Das Schreckensregime des großen Umerziehers Cromwell, der in der Mitte des 17. Jahrhunderts Katholiken in ganz Irland zusammengetrieben hatte, um sie nach Barbados in die Schuldknechtschaft zu verkaufen, war auf der Insel noch nicht vergessen. Innerhalb eines Jahres (1654-55) fielen seiner puritanischen Säuberungspolitik rund 12.000 politische Gefangene zum Opfer, nach seinen brutalen Feldzügen war etwa die Hälfte der irischen Bevölkerung tot oder versklavt. Zwischen 1641 und 1691 wurde die Enteignung der Katholiken weitgehend vollendet.

Für die Armut und den Hunger der damaligen irischen Bevölkerung schlägt Swift eine einfache Lösung vor: Wie wäre es, wenn die vielen »nutzlosen Esser«, die jedes Jahr geboren werden, die das Land übervölkern, die knappen Ressourcen verbrauchen sowie Krankheit und Kriminalität verbreiten, einfach aufgegessen würden? Diese elegante Lösung des Übervölkerungsproblems wäre mit den geringsten möglichen Kosten realisierbar und käme sogar den geplagten Eltern zugute, die ihre Kinder ohnehin nicht ernähren können, würden sie doch für den Verkauf ihrer Kinder bezahlt werden. Sie würde das sowohl unmoralische als auch ökonomisch kontraproduktive Problem der illegalen Abtreibung und des Kindermords beseitigen, ohne die Bevölkerung zu vermehren. Und sie diente einem politischen Nebenzweck, denn sie befreite die herrschende protestantische Elite von einer lästigen Querdenker-Opposition, den Papstanhängern, die drohten, die Herrschaft der erleuchteten [»woken«] Briten in Irland zu delegitimieren. Schließlich würde sie auch die Wirtschaft ankurbeln, da im Inland viel weniger Rind- und Schweinefleisch verzehrt werden müsste, das dadurch gewinnbringend ins Ausland exportiert werden könnte. Genauer betrachtet, würde sich die Verwirklichung seines Vorschlags nicht nur als veritables Konjunkturprogramm erweisen, sondern auch als Anreiz zur Hebung des Verantwortungsgefühls und der Solidarität der Individuen gegenüber der Gemeinschaft.

Der Verfasser von Gullivers Reisen, der von der Encyclopaedia Britannica als der bedeutendste Prosasatiriker der englischen Sprache gefeiert wird, schrieb Dutzende sozialkritische Pamphlete, in denen er u.a. die Unterdrückung und Ausbeutung der Iren durch die selbsternannte englische Elite geißelte. Eines von ihnen, die anonym veröffentlichten Briefe des Tuchhändlers M.B. in Dublin (Drapier’s Letters, 1724), in dem er sich gegen die Vergabe eines Patents zur Prägung von Kupfermünzen an einen Privatmann wandte, veranlasste die englische Kolonialregierung, eine Belohnung von dreihundert Pfund für die Lüftung seiner Identität auszuloben. Dem anglikanischen Erzbischof Hugh Boulter, damals der informelle Herrscher Irlands, der ihm vorwarf, er wiegle das Volk gegen die Regierung auf, entgegnete er selbstbewusst: »Ich bräuchte bloß meine Finger zu heben und Sie würden in Stücke gerissen.«

Manche Zeitgenossen, die das Memorandum Swifts zu Gesicht bekamen, antworteten dem Verfasser in ebenbürtigem Ton.

Sein Freund Lord Bathurst schrieb ihm am 12. Februar 1729:

»Ich habe ihn sofort Lady Bathurst als Ihren Rat vorgeschlagen, besonders für ihren letzten Jungen, der als das prallste und schönste Geschöpf geboren wurde, das man sich vorstellen kann; aber sie geriet in leidenschaftliche Erregung und bat mich, Ihnen mitzuteilen, dass sie Ihre Anweisung nicht befolgen werde, sondern dass sie ihn zu einem Pfarrer heranziehen wolle, der vom Fett des Landes leben könne; oder zu einem Anwalt, der, statt selbst gegessen zu werden, andere verschlingen werde.

Ihr wißt, dass von Leidenschaft erfüllte Frauen sich nie darum kümmern, was sie sagen; aber da sie auch eine sehr vernünftige Frau ist, habe ich sie jetzt fast zu Eurer Meinung gebracht; und nachdem ich sie überzeugt habe, dass wir, so wie die Dinge stehen, unmöglich alle neun unserer Kinder unterhalten können, fängt sie an, es vernünftig zu finden, dass der Jüngste dem Ältesten zu einem Auskommen verhilft; auf dieser Grundlage kann ein Mann seine Familienpflichten mit mehr Zuversicht und Eifer erfüllen; denn wenn er zufällig Zwillinge bekommt, könnte der Verkauf des einen für den anderen sorgen. Oder wenn er durch irgendeinen Zufall, während seine Frau mit einem Kind im Bett liegt, ein zweites im Körper einer anderen Frau erzeugt, könnte er das dickere der beiden veräußern, und das würde helfen, das andere aufzuziehen.

Je mehr ich über ihren Plan nachdenke, desto vernünftiger erscheint er mir; und er sollte keineswegs auf Irland beschränkt bleiben; denn aller Wahrscheinlichkeit nach werden wir hier in sehr kurzer Zeit genauso arm sein wie ihr dort. Ich glaube sogar, dass wir es noch weitertreiben und unseren Luxus nicht nur auf das Essen von Kindern beschränken werden; denn ich habe neulich zufällig einen Blick in eine große Versammlung [das Parlament] nicht weit von Westminster Hall geworfen, und ich fand sie einen großen fetten Kerl braten [einmal mehr Walpole]. Ich für meinen Teil hatte nicht die geringste Neigung, ein Stück von ihm zu essen; aber, wenn ich richtig liege, hatten vier oder fünf in der erlauchten Gesellschaft eine teuflische Lust, über ihn herzufallen. Nun, adieu, Sie fangen jetzt an zu wünschen, ich hätte aufgehört, als ich es gebührlicherweise hätte tun sollen.«

Swift verband eine lebenslange Freundschaft mit den drei Autoren Alexander Pope, John Gay und John Arbuthnot. Sie gründeten zusammen 1714 den literarischen Scriblerus Club in London, in dem die von ihnen geschaffene Person des Martinus Scriblerus eine zentrale Rolle als fiktiver Autor und Inhalt von Dichtungen spielte.


Jonathan Swift

Ein bescheidener Vorschlag, um zu verhindern, dass die Kinder armer Leute ihren Eltern oder ihrem Land zur Last fallen, und um sie für die Öffentlichkeit nützlich zu machen

Es ist ein trauriger Anblick für diejenigen, die durch diese große Stadt spazieren oder im Land herumreisen, die Straßen, Wege und Elendsquartiere von Bettlerinnen überquellen zu sehen, gefolgt von drei, vier oder sechs Kindern, die alle in Lumpen gekleidet sind und jeden Passanten um Almosen bitten. Diese Mütter sind, anstatt für ihren ehrlichen Lebensunterhalt zu sorgen, gezwungen, ihre ganze Zeit damit zu verbringen, für ihre hilflosen Kinder zu betteln, die, wenn sie heranwachsen, entweder zu Dieben werden, weil sie keine Arbeit haben, oder ihr geliebtes Heimatland verlassen, um für den [katholischen] Kronprätendenten in Spanien zu kämpfen oder sich an die Sklavenhändler auf Barbados zu verkaufen.

Ich glaube, alle Parteien sind sich einig, dass die ungeheure Zahl von Kindern in den Armen oder auf dem Rücken oder an den Fersen ihrer Mütter und oft auch ihrer Väter ein sehr großer, zusätzlicher Schandfleck im ohnehin beklagenswerten Zustand unseres Königreiches sind. Deshalb würde derjenige, der eine gerechte, billige und einfache Methode finden könnte, um diese Kinder zu gesunden und nützlichen Mitgliedern des Gemeinwesens zu machen, sich ein so großes Verdienst erwerben, dass ihm ein Denkmal als Wohltäter des Staates errichtet werden müsste.

Aber meine Absicht ist bei weitem nicht darauf beschränkt, nur für die Kinder von bekennenden Bettlern zu sorgen. Mein Vorschlag umfasst all jene Kinder in einem bestimmten Alter, die von Eltern geboren werden, die so wenig in der Lage sind, sie zu unterstützen, wie diejenigen, die unsere Almosen auf der Straße einfordern.

Was mich betrifft, so habe ich viele Jahre über dieses wichtige Thema nachgedacht und die verschiedenen Pläne unserer Sozialingenieure reiflich abgewogen, und ich habe immer festgestellt, dass sie in ihren Berechnungen grob falsch lagen. Es ist wahr, dass ein Kind, das gerade von seiner Mutter geboren wurde, ein Sonnenjahr lang mit ihrer Milch ernährt werden kann und kaum zusätzliche Nahrung benötigt: jedenfalls nicht mehr, als mit zwei Schillingen oder den Almosen, die die Mutter durch ihre rechtmäßige Beschäftigung des Bettelns gewiss erlangt, bezahlt werden kann. Aber ich schlage vor, wenn sie ein Jahr alt geworden sind, so für sie zu sorgen, dass sie, anstatt eine Last für ihre Eltern oder die Gemeinde zu sein, oder Nahrung und Kleidung für den Rest ihres Lebens zu beanspruchen, im Gegenteil zur Ernährung und teilweise zur Bekleidung vieler Tausender beitragen.

Ein weiterer großer Vorteil meines Plans besteht darin, dass er die freiwilligen Abtreibungen und die entsetzliche Praxis der Frauen, ihre unehelichen Kinder zu ermorden, die bei uns leider allzu häufig vorkommen, verhindern wird, wobei die armen unschuldigen Babys geopfert werden, wohl mehr, um die Kosten zu vermeiden, als die Schande, die selbst im ungebildetsten und unmenschlichsten Herzen Tränen und Mitleid hervorrufen würde.

Da die Zahl der Seelen in diesem Königreich gewöhnlich auf anderthalb Millionen geschätzt wird, rechne ich mit etwa zweihunderttausend Ehepaaren, deren Frauen Kinder zur Welt bringen; von dieser Zahl ziehe ich dreißigtausend Ehepaare ab, die in der Lage sind, ihre eigenen Kinder zu ernähren (obwohl ich befürchte, dass es bei der gegenwärtigen Notlage des Königreichs nicht so viele sein könnten), aber wenn man dies berücksichtigt, bleiben hundertundsiebzigtausend Kinder übrig. Ich ziehe noch einmal fünfzigtausend ab, für die Frauen, die eine Fehlgeburt erleiden oder deren Kinder innerhalb eines Jahres durch Unfall oder Krankheit sterben. Es verbleiben nur noch hundertzwanzigtausend Kinder, die jährlich von armen Eltern geboren werden.

Die Frage ist nun, wie sie aufgezogen und versorgt werden sollen, was, wie ich schon gesagt habe, bei der gegenwärtigen Lage der Dinge mit allen bisher vorgeschlagenen Methoden völlig unmöglich ist. Denn wir können sie weder im Handwerk noch im Ackerbau beschäftigen; sie bauen weder Häuser (ich meine auf dem Lande) noch bebauen sie das Land: sie können sehr selten durch Stehlen ihren Lebensunterhalt verdienen, bis sie sechs Jahre alt sind; es sei denn, sie sind von entsprechender Herkunft, obwohl ich zugebe, dass manche die Grundlagen des Diebeshandwerks viel früher erlernen; während dieser Zeit können sie jedoch nur als Lehrlinge betrachtet werden, wie ich von einem bedeutenden Herrn in der Grafschaft Cavan erfahren habe, der mir gegenüber beteuerte, dass er nie mehr als ein oder zwei solcher Fälle unter sechs Jahren kannte, selbst in einem Teil des Königreichs, der für das schnellste Erlernen dieser Kunst bekannt ist.

Unsere Kaufleute versichern mir, dass ein Junge oder ein Mädchen vor dem zwölften Lebensjahr keine verkäufliche Ware ist, und selbst wenn sie dieses Alter erreichen, bringen sie nicht mehr als drei Pfund oder höchstens drei Pfund und einen halben Schilling auf dem Markt ein, was sich weder für die Eltern noch für das Königreich auszahlen kann, da die Kosten für Nahrungsmittel und Lumpen mindestens das Vierfache dieses Wertes betragen.

Ich werde daher nun in aller Bescheidenheit meine eigenen Überlegungen vorbringen, die, wie ich hoffe, nicht den geringsten Einwand erregen werden.

Ein sehr kundiger Amerikaner, den ich in London kennengelernt habe, hat mir versichert, dass ein junges, gesundes und gut genährtes Kind im Alter von einem Jahr eine köstliche, nahrhafte und gesunde Speise ist, ob es nun gedünstet, gebraten, gebacken oder gekocht wird; und ich zweifle nicht daran, dass es in einer Frikassee oder in einem Ragout gleich gut schmecken wird.

Ich schlage daher demütigst vor, dass von den hundertzwanzigtausend verbleibenden Kindern zwanzigtausend für die Zucht reserviert werden, wovon nur ein Viertel männlich sein sollte, was mehr ist, als wir Schafen, Schwarzrind oder Schweinen zugestehen, und mein Grund ist, dass diese Kinder selten die Früchte der Ehe sind, ein Umstand, der von unseren Wilden[1] nicht viel beachtet wird, daher wird ein Männchen ausreichen, um vier Weibchen zu decken. Die übrigen hunderttausend können, wenn sie ein Jahr alt sind, im ganzen Königreich Personen von Rang und Vermögen zum Kauf angeboten werden, wobei man der Mutter stets raten sollte, sie im letzten Monat reichlich zu säugen, damit sie fett und dick für einen guten Braten werden. Ein Kind wird für zwei Freunde reichen, und wenn die Familie allein speist, wird das vordere oder hintere Viertel eine ausreichende Mahlzeit ergeben, und mit ein wenig Pfeffer oder Salz gewürzt, wird es noch am vierten Tag gekocht sehr bekömmlich sein, besonders im Winter.

Ich habe berechnet, dass ein eben geborenes Kind durchschnittlich 12 Pfund wiegt, und es in einem Sonnenjahr, gut ernährt, auf 28 Pfund bringen wird.

Ich gebe zu, dass diese Nahrung etwas teuer, aber dafür sehr geeignet für Landbesitzer sein wird, die, da sie bereits die meisten Eltern verschlungen haben, den legitimsten Anspruch auf die Kinder zu haben scheinen.

Das Fleisch von Säuglingen wird das ganze Jahr über begehrt sein, aber im März und ein wenig davor und danach ist es reichlicher vorhanden; denn laut der wissenschaftlichen Expertise eines bedeutenden französischen Arztes werden in den römisch-katholischen Ländern etwa neun Monate nach der Fastenzeit mehr Kinder geboren, da Fisch eine fruchtbarkeitsfördernde Diät ist. Daher werden die Märkte zu dieser Zeit reichlicher bestückt sein als sonst, weil die Zahl der katholischen Säuglinge in diesem Königreich mindestens drei zu eins beträgt, und das wird den weiteren Vorteil haben, dass es die Zahl der Papstanhänger unter uns verringert.

Ich habe bereits berechnet, dass die Kosten für die Aufzucht eines Bettlerkindes (dazu rechne ich alle Bewohner von Elendsquartieren, Arbeiter und vier Fünftel der Bauern) etwa zwei Schillinge pro Jahr betragen, Lumpen inbegriffen; und ich glaube, kein Gentleman würde es bereuen, zehn Schillinge für den Kadaver eines guten, fetten Kindes auszugeben, der, wie ich sagte, vier Gerichte mit ausgezeichnetem, nahrhaftem Fleisch ergibt, wenn er nur einen einzelnen Freund oder seine eigene Familie ernähren muss, die mit ihm speist. So wird der Gutsherr lernen, ein guter Verpächter zu sein, und bei seinen Pächtern beliebt werden, die Mutter wird acht Schillinge ordentlichen Gewinn erzielen, und arbeitsfähig sein, bis sie ein anderes Kind zur Welt bringt.

Diejenigen, die sparen müssen (ich muss gestehen, dass die Zeiten es erfordern), werden auf das Fleisch verzichten; aber aus der kunstvoll zubereiteten Haut lassen sich bezaubernde Handschuhe für vornehme Damen und Sommerstiefel für feine Herren herstellen.

Was unsere Stadt Dublin betrifft, so kann man zu diesem Zweck in den günstigsten Gegenden Schlachthöfe errichten, und man kann sicher sein, dass es an Metzgern nicht mangeln wird; obwohl ich empfehle, die Kinder lebend zu kaufen und sie so zuzubereiten, wie wir es mit Schweinen am Spieß tun.

Ein moralisch besonders herausragender Mensch, ein wahrer Liebhaber seines Landes, dessen Tugenden ich sehr schätze, hatte kürzlich die Güte, in einer Diskussion über diese Angelegenheit eine Verfeinerung meines Plans vorzuschlagen. Er meinte, da viele vornehme Herren dieses Königreichs vor kurzem ihr Rotwild ausgerottet hätten, könne der Mangel an Wildbret durch junge Burschen und Mädchen, die nicht älter als vierzehn und nicht jünger als zwölf Jahre sind, ausgeglichen werden, da eine so große Anzahl beiderlei Geschlechts in vielen Grafschaften bereit sei, aus Mangel an Arbeit und Anstellung zu verhungern. Sie sollten von ihren Eltern, wenn sie noch leben, oder sonst von ihren nächsten Verwandten entsorgt werden.

Aber trotz gebührender Achtung vor einem so ausgezeichneten Freund und verdienstvollen Patrioten, bin ich nicht ganz seiner Meinung; denn was die Personen männlichen Geschlechts betrifft, so versicherte mir mein amerikanischer Bekannter aus Erfahrung, dass ihr Fleisch aufgrund ständiger Bewegung im Allgemeinen zäh und mager sei, wie das unserer Schuljungen, und sein Geschmack unangenehm, und sie zu mästen, würde den Aufwand nicht lohnen. Was nun die Weibchen betrifft, so würde ihre Nutzung als Speise, wie ich in aller Bescheidenheit einwerfen möchte, einen Verlust für die Allgemeinheit bedeuten, weil sie ja für das Ausbrüten gebraucht werden. Außerdem ist es nicht unwahrscheinlich, dass einige skrupelhafte Menschen eine solche Praxis (wenn auch ungerechterweise) als ein wenig an Grausamkeit grenzend tadeln könnten, was, wie ich gestehe, für mich immer der stärkste Einwand gegen jedes noch so gut gemeinte Projekt gewesen ist.

Um meinen Freund zu rechtfertigen: er gestand mir, der Gedanke sei ihm vom berühmten Psalmanazar, einem Eingeborenen der Insel Formosa, in den Kopf gesetzt worden, der vor über zwanzig Jahren von dort nach London kam und meinem Freund im Gespräch erzählte, in seinem Land verkaufe der Scharfrichter den Leichnam eines hingerichteten jungen Menschen als auserwählten Leckerbissen an Personen von Rang; zu seinen Lebzeiten sei der Leichnam eines wohlgenährten Mädchens von fünfzehn Jahren, das wegen des Versuchs, den Kaiser zu vergiften, gekreuzigt wurde, für vierhundert Kronen an den ersten Staatsminister seiner kaiserlichen Majestät und andere große Mandarine des Hofes stückweise vom Galgen weg verkauft worden.

Ich kann auch nicht leugnen, dass dem Königreich kein Schaden zugefügt würde, wenn man denselben Brauch bei einigen wohlgenährten Mädchen dieser Stadt anwendete, die, obwohl sie keinen einzigen Groschen besitzen, ihr Haus nur in einem Tragesessel verlassen, die ferner in Schauspielhäusern und Gesellschaften niemals ohne fremden Putz erscheinen, den sie nie zu bezahlen pflegen.

Einige verzagte Menschen erfüllt Kummer ob der großen Anzahl von armen Menschen, die alt, krank oder verstümmelt sind. Deshalb hat man mich schon oft gebeten, mir Gedanken darüber zu machen, was getan werden könnte, um unser Land von einer so drückenden Last zu befreien. Aber das bereitet mir nicht die geringsten Sorgen, denn es ist bekannt, dass sie jeden Tag durch Kälte und Hunger, Schmutz und Ungeziefer so schnell sterben und verrotten, wie es sich aus vernünftigen Gründen erwarten lässt. Und was die jungen Tagelöhner anbetrifft, so befinden sie sich jetzt in einem fast ebenso hoffnungslosen Zustand. Sie können keine Arbeit finden und verschmachten daher aus Mangel an Nahrung in einem Maße, dass sie, wenn sie einmal zufällig zu gewöhnlicher Arbeit herangezogen werden, nicht die Kraft haben, sie zu verrichten, und so sind das Land und sie selbst glücklicherweise von den kommenden Übeln befreit.

Ich bin zu lange abgeschweift und werde daher zu meinem Thema zurückkehren. Ich denke, die Vorteile, die der von mir gemachte Vorschlag mit sich bringt, sind offenkundig und zahlreich sowie von größter Bedeutung.

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Denn erstens, wie ich schon bemerkt habe, würde es die Zahl der Papstanhänger, von denen wir jährlich überrannt werden, stark verringern, da sie die Hauptzüchter der Iren sind, wie auch unsere gefährlichsten Feinde, die absichtlich bei uns in England bleiben, um das Königreich an den katholischen Thronprätendenten auszuliefern, in der Hoffnung, ihren Vorteil aus der Abwesenheit so vieler guter protestantischer Grundbesitzer zu ziehen, die sich lieber entschieden haben, ihr Land zu verlassen, als zu Hause zu bleiben und gegen ihr Gewissen den Zehnten an die Kirche von England zu zahlen.

Zweitens werden die ärmeren Pächter etwas Wertvolles besitzen, das per Gesetz in Zeiten der Not gepfändet werden kann und dazu beiträgt, den Pachtzins an ihren Gutherrn zu bezahlen, da ihr Getreide und ihr Vieh bereits beschlagnahmt sind und Geld für sie eine unbekannte Sache ist.

Drittens wird sich das Vermögen der Nation dadurch um fünfzigtausend Pfund pro Jahr erhöhen, da die Ernährung von hunderttausend Kindern, die zwei Jahre oder älter sind, mindestens zehn Schillinge pro Stück im Jahr kostet, ganz abgesehen vom Vorteil eines neuen Gerichtes, das den Speiseplan aller wohlhabenden Herren im Königreich bereichern wird, die über einen kultivierten Geschmack verfügen. Und das Geld wird in unserer Nation zirkulieren, da die Waren vollständig aus unserem eigenen Anbau und unserer eigenen Herstellung stammen.

Viertens werden die Zuchtweiber, abgesehen von dem Gewinn von acht Schilling Sterling pro Jahr durch den Verkauf ihrer Kinder, von der Last entbunden sein, sie nach Ablauf des ersten Jahres zu ernähren.
Fünftens wird dieses Gericht auch für die Gasthäuser ein großer Gewinn sein. Die Wirte werden gewiss so klug sein, sich die besten Rezepte für die Zubereitung zu beschaffen; infolgedessen werden ihre Häuser von allen feinen Herren besucht werden, die mit Recht stolz auf ihren guten Geschmack sind; und ein geschickter Koch, der es versteht, die Dankbarkeit seiner Gäste hervorzurufen, wird dafür sorgen, dass er ihre Preisvorstellungen nicht unterbietet.

Sechstens wird die vorgeschlagene Lösung einen großen Anreiz bieten, Ehen einzugehen, die alle weisen Völker entweder durch Belohnungen gefördert oder durch Gesetze und Strafen erzwungen haben. Es wird die Fürsorge und Zärtlichkeit der Mütter gegenüber ihren Kindern erhöhen, wenn sie sich sicher sein können, dass ihre armen Säuglinge, solange sie leben, durch die Allgemeinheit gut versorgt werden, und sie außerdem einen jährlichen Gewinn durch sie erhalten. Wir würden bald einen ehrenwerten Wetteifer unter den verheirateten Frauen sehen, wer von ihnen dem Markt das fetteste Kind anbieten könnte. Die Männer würden ihre Frauen während der Zeit der Schwangerschaft so liebevoll behandeln, wie ihre trächtigen Stuten, ihre kalbenden Kühe oder ihre ferkelreifen Sauen; sie würden sie auch, aus Angst vor einer Fehlgeburt, nicht mehr schlagen oder treten (wie es leider zu häufig der Fall ist).

Viele andere Vorteile könnten aufgezählt werden. Zum Beispiel blieben tausende Tonnen gesalzenes Rindfleisch für die Ausfuhr übrig; außerdem eine Masse von Schweinefleisch, was der Kunst, guten Schinken herzustellen, förderlich wäre, die gegenwärtig darunter leidet, dass die Schweine zu oft und zu schnell auf unseren Tellern landen. Schweine sind jedoch, was ihren Geschmack und ihre Beschaffenheit anbetrifft, in keiner Weise mit einem gut gewachsenen, wohlgenährten, einjährigen Kind zu vergleichen, das als Ganzes gebraten, allein schon durch sein Aussehen bei einem Gastmahl, einer Bürgermeisterwahl oder einem anderen öffentlichen Festessen eine beachtliche Figur machen wird. Aber dies und vieles andere erwähne ich nur nebenbei, weil ich mich kurzfassen will.

Wenn man davon ausgeht, dass eintausend Familien in dieser Stadt ständige Abnehmer für das Fleisch von Säuglingen wären, abgesehen von anderen, die es bei fröhlichen Zusammenkünften, besonders bei Hochzeiten und Taufen, zu sich nehmen würden, dann rechne ich damit, dass Dublin jährlich etwa 20.000 Stück abnehmen würde; und der Rest des Königreichs (wo sie wahrscheinlich etwas billiger verkauft werden) die restlichen 80.000.

Mir fällt kein einziger Einwand ein, der gegen diesen Vorschlag vorgebracht werden könnte, es sei denn, man würde darauf hinweisen, dass sich die Zahl der Menschen im Königreich dadurch stark verringern würde. Das gebe ich freimütig zu, und es war in der Tat einer der Hauptgründe, warum ich ihn überhaupt veröffentliche.

Ich bitte den Leser, zu bemerken, dass ich meinen bescheidenen Lösungsvorschlag allein für das Königreich Irland vorbringe und für kein anderes, das jemals auf der Erde existierte, gegenwärtig existiert oder, wie ich glaube, jemals existieren wird. Deshalb sollte niemand mit mir über andere Maßnahmen streiten: Dass wir die Landflüchtigen mit fünf Schillingen pro Pfund besteuern, dass wir weder Kleider noch Möbel benutzen, außer denen, die wir selbst herstellen, dass wir auf Materialien und Instrumente, die fremdländischen Luxus fördern, gänzlich verzichten, dass wir unseren Frauen den kostspieligen Stolz, die Eitelkeit, den Müßiggang und das Kartenspiel austreiben; dass wir Sparsamkeit, Besonnenheit und Mäßigung zur Pflicht machen; dass wir die Liebe zum Vaterland wecken, durch deren Mangel wir uns sogar vor den Lappländern und den Bewohnern von Topinambu auszeichnen; dass wir unsere Feindseligkeiten und Zwistigkeiten aufgeben und nicht mehr wie die Juden handeln, die sich gegenseitig umbrachten, als ihre Stadt eingenommen wurde; dass wir ein wenig vorsichtig sind, und unser Land und unser Gewissen nicht umsonst verkaufen; dass wir die Landeigentümer lehren, wenigstens ein Quentchen Barmherzigkeit gegenüber ihren Pächtern zu zeigen. Und schließlich, dass wir unseren Geschäftsleuten den Geist der Ehrlichkeit, des Fleißes und der Geschicklichkeit einflößen, denn wenn man sich jetzt entschließen könnte, nur noch unsere einheimischen Waren zu kaufen, würden sie sich sofort zusammentun, um uns beim Preis, beim Maß und bei der Qualität zu betrügen und zu übervorteilen; – konnten sie doch noch nie dazu gebracht werden, auch nur einen einzigen fairen Vorschlag für einen gerechten Handel zu machen, obwohl sie oft und ernsthaft dazu aufgefordert wurden.

Deshalb wiederhole ich: Niemand soll mir mit diesen und ähnlichen Maßnahmen kommen, solange er nicht wenigstens einen Funken Hoffnung hat, dass es jemals einen herzhaften und aufrichtigen Versuch geben wird, sie in die Praxis umzusetzen.

Aber was mich selbst betrifft, so bin ich seit langem durch das Feilbieten eitler, müßiger, visionärer Gedanken ermattet und völlig verzweifelt über ihren möglichen Erfolg. Um so glücklicher bin ich über meinen Vorschlag, der nicht nur völlig neu, sondern auch solide und realistisch ist, der sich ohne Kosten und mit wenig Mühe verwirklichen lässt, dessen Umsetzung allein von uns abhängt, und durch den wir nicht in Gefahr geraten, in Abhängigkeit von England zu geraten. Denn diese Art von Ware verträgt die Ausfuhr nicht, und das Fleisch ist von zu zarter Konsistenz, als dass es lange eingepökelt werden dürfte, – obgleich ich vielleicht ein Land nennen könnte, das gerne unsere ganze Nation auch ohne Salz auffressen würde.

Schließlich bin ich nicht so sehr auf meine eigene Meinung fixiert, als dass ich jeden Vorschlag ablehnen würde, der von weisen Männern gemacht wird und der sich als ebenso unschuldig, preisgünstig, einfach und wirksam erweist. Aber bevor etwas dieser Art im Widerspruch zu meinem Plan vorgebracht und als besser angepriesen wird, wünsche ich, dass der Autor oder die Autoren reiflich zwei Punkte in Betracht ziehen.

Erstens: Wie werden sie beim gegenwärtigen Stand der Dinge Nahrung und Kleidung für hunderttausend nutzlose Münder und Leiber finden können?

Zweitens bitte ich die Politiker, denen mein Vorschlag nicht gefällt, zu bedenken, dass es in diesem Königreich eine runde Million menschlicher Kreaturen gibt, deren gesamte Subsistenzmittel zusammengelegt zwei Millionen Pfund Sterling Schulden ergeben würden, wenn man diejenigen, die von Beruf Bettler sind, zu der Masse der Bauern, Bewohner von Elendsquartieren und Tagelöhner mit ihren Frauen und Kindern hinzufügt, die tatsächlich Bettler sind. Die genannten Politiker, denen mein Vorschlag nicht gefällt, die so kühn sind, sich an einer Antwort zu versuchen, bitte ich darum, zuerst die Eltern dieser Sterblichen zu fragen, ob sie es heute nicht als großes Glück betrachten würden, wenn sie im Alter von einem Jahr auf die von mir vorgeschlagene Art und Weise als Essen verkauft worden wären und dadurch ein solch andauerndes Unglück hätten vermeiden können, wie sie es seither durchgemacht haben, dank der Unterdrückung durch die Grundherren, die Unmöglichkeit, ohne Geld oder Handel Miete zu zahlen, den Mangel an ausreichender Nahrung, ohne Haus und Kleider, die sie vor den Unbilden des Wetters schützen, und die unvermeidliche Aussicht, ihren Nachkommen für immer das gleiche oder noch größere Elend aufzuerlegen.

Ich bekenne mit aufrichtigem Herzen, dass ich nicht das geringste persönliche Interesse daran habe, diese notwendige Maßnahme zu fördern. Mein einziges Motiv ist das öffentliche Wohl meines Landes, die Mehrung des Handels, die Versorgung der Kinder, die Entlastung der Armen und die Steigerung der Lebensfreude unter den Reichen. Ich selbst habe keine Kinder, durch deren Verkauf ich auch nur einen einzigen Schilling verdienen würde, mein jüngstes ist neun Jahre alt, und meine Frau über die Jahre der Fruchtbarkeit hinaus.


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Anmerkungen:


  1. Gemeint sind die eingeborenen Iren, die von der englischen Elite als solche betrachtet und bezeichnet wurden.

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