Zuletzt aktualisiert am 1. Juli 2024.
Befindet sich Europa am Scheideweg? Auch wenn die Europäische Union nicht mit Europa identisch ist, sagen die Ergebnisse der Wahlen zum Europäischen Parlament doch etwas über die Stimmungslage auf dem Kontinent aus. Die EU-Wahl Anfang Juni dieses Jahres rückte das Parlament von Links Richtung Mitte. Die rund 370 Millionen Wahlberechtigten in den 27 Mitgliedsstaaten hatten die Qual der Wahl zwischen 210 Parteien, für die insgesamt 15.000 Kandidaten antraten, die sich um einen der 720 Sitze im Parlament bewarben.
Im alten EU-Parlament existierten sieben Fraktionen, in welchen mehr oder weniger gleichgesinnte Parteien zusammengeschlossen waren. Die genaue Gliederung des neuen Parlaments, dessen konstituierende Sitzung am 16. Juli 2024 stattfinden wird, ist noch unklar. Neue Fraktionen sind im Entstehen begriffen. Klar ist jedoch bereits jetzt, dass die Wahlen jene Kräfte stärkten, die deutliche Kritik am globalistischen Transformationskurs der bisherigen EU-Kommission üben. Diese Kritik hat sich bereits in einer Reihe von Ländern und ihren Wahlen bzw. – unabhängig von Wahlen – im deutlichen Protest des Elektorats gegen die jeweiligen Regierungen gezeigt.
Die Gegenbewegung zeigt sich an der Sitzverteilung der sieben alten Fraktionen im EU-Parlament. Nach vorläufigen Zahlen[1] gewann die Europäische Volkspartei (EVP), in der die Christdemokraten zusammengeschlossen sind, zwar 12 Sitze (neu: 188), diesem Gewinn stehen jedoch Verluste ihrer Wunschpartner gegenüber: die Progressive Allianz der Sozialdemokraten (S&D) verlor 3 Sitze (neu: 136), die Liberalen und Freien Wähler (Renew Europe) verloren 27 (neu: 75) und die Grünen (Grüne/Europäische Freie Allianz) 17 (neu: 54). Nur die Konföderale Fraktion der Vereinten Europäischen Linken/Nordischen Grünen Linken gewann 2 Sitze hinzu (neu: 39).
Da Ursula von der Leyen nur mit Unterstützung von Le Pen (ID-Fraktion) und Meloni (EKR-Fraktion), also des konservativen Lagers, Aussicht auf eine weitere Amtszeit als Kommissionspräsidentin hatte, musste sie um deren Zustimmung für eine erneute Kandidatur buhlen, was sich zweifellos auf ihre künftige politische Agenda auswirken wird.
Im Gegensatz zum transformatorischen Block gewannen die Konservativen: Die Fraktion Identität und Demokratie (ID) eroberte 9 zusätzliche Sitze (neu: 58) und die Europäischen Konservativen und Reformer (EKR) 14 (neu: 83).
Der globalistisch-transformatorische Block (inklusive Linke) verlor, wenn man die Gewinne und Verluste gegeneinander aufrechnet, 33 Sitze, während die Konservativen 23 dazu gewannen. Zwar reicht dieser Zuwachs für einen Umsturz der EU-Politik noch lange nicht aus, aber er wird trotzdem die Machtverhältnisse im Parlament und in der EU verändern. Wie genau, muss sich zeigen. Der politische Widerstand in zahlreichen Völkern Europas gegen die autoritäre Transformationsagenda, die immer mehr Freiheitsrechte zugunsten bürokratischer Lenkung und Unterdrückung beschneidet, hat die Brüsseler Eliten verunsichert. Entscheidend für die massiven Verluste der Liberalen und Grünen waren die fatalen wirtschaftlichen Konsequenzen der Klimaagenda und die Politik der offenen Grenzen, deren blutige Auswirkungen auf Europas Straßen und Plätzen nicht mehr zu übersehen sind. Die europäischen Völker sehnen sich nach Sicherheit, Wohlstand und einer Zukunft ohne Bürgerkrieg. Sie sehnen sich nach einer nationalen Identität, fernab globalistischer Zumutungen, in der sie sich geborgen fühlen können.
Neben den bereits Genannten bevölkern das Parlament 87 Fraktionslose und Sonstige (neue Mitglieder ohne Fraktionszugehörigkeit). Da die AfD zum Zeitpunkt der Wahl aus ihrer bisherigen Fraktion (ID) ausgeschlossen wurde, finden sich ihre Abgeordneten im Moment unter den Fraktionslosen. Um eine Fraktion mit all ihren parlamentarischen Privilegien bilden zu können, müssen sich mindestens 23 Abgeordnete aus mindestens 7 Mitgliedsstaaten zusammenschließen.
Inzwischen haben die ungarische Fidesz unter Viktor Orbán, die österreichische FPÖ unter Herbert Kickl und die tschechische ANO unter dem ehemaligen Premierminister Andrej Babiš eine neue Allianz namens »Patrioten für Europa« geschmiedet, die zur stärksten konservativen Fraktion werden könnte, wenn sich weitere Parteien aus anderen Ländern anschließen. Die FPÖ steuert sieben Abgeordnete bei, Fidesz elf und ANO sieben. Sollten sich weitere Parteien aus Polen, Slowenien und der Slowakei sowie die AfD, die bereits Interesse bekundet hat, anschließen, dürfte die Fraktion der Patrioten für Europa zustande kommen.
Am 30. Juni unterzeichneten die Gründer der neuen konservativen Allianz in Wien ein »patriotisches Manifest« der angestrebten EU-Fraktion. Hier der Text:
Patriotisches Manifest für eine Europäische Zukunft
Die Nationen Europas befinden sich an einem historischen Wendepunkt. Die Europäische Union – einst ein Traumprojekt, das in dem Wunsch nach Versöhnung nach der Zerstörung durch zwei Weltkriege und Jahrzehnte der Teilung wurzelte – hat sich gegen die Europäer gewandt und verfolgt nun Interessen, die dem Willen der Nationen, Regionen und kleinen Gemeinschaften, die unsere europäische Heimat ausmachen, zuwiderlaufen.
Institutionen, die den europäischen Bürgern weitgehend unbekannt und fern sind, sowie starke globalistische Kräfte, nicht-gewählte Bürokraten, Lobbys und Interessengruppen, die die Stimme der Mehrheit und der Volksdemokratie verachten, planen, die Nationen zu ersetzen. Wodurch? Einen europäischen Zentralstaat.
Die Wahlen zum neuen Europäischen Parlament im Juni dieses Jahres waren daher von generationenübergreifender und existenzieller Bedeutung. Die politische Bruchlinie verläuft heute nicht mehr zwischen Konservativen und Liberalen oder zwischen Rechten und Linken, sondern zwischen Zentralisten, die einen neuen europäischen »Superstaat« befürworten, auf der einen Seite, sowie Patrioten und Souveränisten auf der anderen, die für den Erhalt und die Stärkung des von uns geschätzten Europas der Nationen kämpfen. Nur durch den Sieg und die Zusammenarbeit der patriotischen und souveränistischen Parteien auf dem gesamten Kontinent können wir das Erbe unserer Kinder sichern.
Wir glauben an ein Europa
• starker, stolzer und unabhängiger Nationen, die frei sind in ihrer Entschlossenheit, in Eintracht miteinander zu leben und zusammenzuarbeiten;
• das geeint ist durch Institutionen mit einer in den Nationen verwurzelten Legitimität, die von den Völkern beauftragt werden und ihnen gegenüber rechenschaftspflichtig sind.
• das souverän und unerschütterlich in der Verfolgung seiner Interessen ist, frei von Abhängigkeiten, die die Erfüllung des Willens seiner nationalen Gemeinschaften im In- und Ausland behindern;
• das dem Frieden und dem Dialog verpflichtet und gleichzeitig bereit ist, sich gegen jede Bedrohung zu verteidigen;
• das seine europäische Identität, seine Traditionen und Bräuche, die Früchte seines griechisch-römischen und jüdisch-christlichen Erbes, bewahrt und feiert;
• das die seinen Nationen innewohnende Vielfalt, ihre Geschichte und ihre Lebensweise schätzt und sich gleichzeitig Ultimaten widersetzt, sich nach der Mode des Tages zu verändern;
• das sich für echte Freiheiten, Grundrechte und Menschenwürde einsetzt und sich gleichzeitig vehement gegen Versuche wehrt, diese Freiheiten einzuschränken oder neu zu definieren;
• an ein wettbewerbsfähiges, produktives, effizientes Europa, das stolz ist auf seine intellektuellen, wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Leistungen als Kontinent der Innovation, der Exzellenz und des Fortschritts;
• das entschlossen ist, seine Grenzen zu schützen, die illegale Einwanderung zu stoppen und seine kulturelle Identität zu bewahren, wobei es dem Willen der großen Mehrheit der europäischen Bürger folgt;
• an ein Europa der Nationen, die bereit sind, ihre Bevölkerung vor allen möglichen Bedrohungen aus dem politischen, wirtschaftlichen, religiösen und kulturellen Bereich zu schützen;
• das sein eigenes Mandat und seine eigenen Regeln respektiert, nicht über seine Kompetenzen hinaus agiert, sich an das Subsidiaritäts- und Verhältnismäßigkeitsprinzip hält und aufhört, seine Angriffe auf die nationale Souveränität durch die Ausübung von Druck über den europäischen Haushalt zu rechtfertigen;
•an ein Europa der Nationen, das alle weiteren Übertragungen nationaler Souveränität auf die europäischen Institutionen ablehnen;
• das das Vetorecht der Nationen respektiert;
• das die Diplomatie als ein grundlegendes Element der Souveränität der Mitgliedstaaten anerkennt und als eine Angelegenheit, über die jede Nation frei entscheiden kann, ohne andere zu demselben Vorgehen zu verpflichten.
Wir, die patriotischen Kräfte Europas, verpflichten uns, die Zukunft unseres Kontinents den europäischen Völkern zurückzugeben, indem wir unsere Institutionen zurückerobern und die europäische Politik neu ausrichten, um unseren Nationen und unseren Völkern zu dienen. Souveränität statt Föderalismus, Freiheit statt Diktat – und Frieden: das ist das Manifest der Patrioten für Europa.[2]
Anmerkungen:
- Zahlen laut Verwaltung des Europäischen Parlaments, abgerufen am 1.7.2024: https://results.elections.europa.eu/de/ sowie Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Europawahl_2024 ↑
- Übersetzung aus dem Englischen: Original hier. ↑
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